1. Verschiedene Ratschläge an verschiedene Fürsten

[74] Dsï Gung befragte den Meister Kung und sprach: »Als einst der Fürst von Tsi Euch über die Regierung befragte, da spracht Ihr: Bei der Regierung kommt es auf sparsames Haushalten an. Als Euch der Fürst von Lu über die Regierung[74] befragte, da spracht Ihr: Bei der Regierung kommt es darauf an, die Beamten in Zucht zu halten. Als Euch der Fürst von Sche über die Regierung befragte, da spracht Ihr: Bei der Regierung kommt es darauf an, daß die Leute in der Nähe sich wohlfühlen und die in der Ferne angezogen werden.

Die drei hatten dasselbe gefragt, und doch habt Ihr ihnen nicht übereinstimmend geantwortet. Kann man der Regierung denn von verschiedenen Seiten her beikommen?«

Meister Kung sprach: »Ich habe jedem nach seinen Verhältnissen geantwortet. Der Fürst von Tsi ist in der Verwaltung seines Landes verschwenderisch im Bau von Terrassen und Pavillons und treibt Luxus in Parks und Tiergärten, so daß seine fünferlei Beamten sich unersättlich sinnlichen Vergnügungen hingeben. An einem Morgen hat er drei Lehen von hundert Kriegswagen verschenkt. Darum habe ich ihm gesagt: Bei der Regierung kommt es auf sparsames Haushalten an.

Der Fürst von Lu hat drei adlige Beamte, die ihren Fürsten zum Narren haben, indem sie ihm dauernd Vergleiche mit dem Fürsten von Dschou aufreden und Besuche fremder Fürsten von ihm fernzuhalten suchen, um zu verhindern, daß er zur Einsicht kommt. Darum habe ich zu ihm gesagt: Bei der Regierung kommt es darauf an, die Beamten in Zucht zu halten.

Das Gebiet von Ging1 ist ausgedehnt, seine Städte sind klein, die Bevölkerung ist geneigt, sich zu verlaufen, und unstet in ihren Wohnsitzen. Darum habe ich gesagt: Bei der Regierung kommt es darauf an, daß die Leute in der Nähe sich wohlfühlen und die in der Ferne angezogen werden.

Die verschiedenen Arten, wie die drei ihre Regierung führen, sind ausgedrückt in den Liedern, wo es einmal heißt:


Üppig und zuchtlos wird das Gut verpraßt,

Und niemand nimmt sich unsrer Massen an2.
[75]

Dieses Lied beklagt die Üppigkeit und Verschwendungssucht als Grund der Unordnung. Und wiederum heißt es:


Nicht folgen sie der Pflicht Gebot,

Sie machen nur dem König Not3.


Dieses Lied klagt über die treulosen Beamten, die ihren Herrn betören, als Grund der Unordnung. Und wiederum heißt es:


Wirrsal und Trennung scheucht uns fort,

Und nirgends winkt ein Zufluchtsort4.


Dieses Lied klagt über die Zerstreuung des Volks als Grund der Unordnung.

Wenn man überlegt, worauf jene drei bei der Regierung ausgehen, wie hätte man ihnen da übereinstimmend antworten können?«

1

Ging ist ein anderer Name für Tschu. Sche war der Familienbesitz einer Ministerfamilie in Tschu, deren Haupt an sich der Fürstentitel nicht zukam.

2

Schï Ging 254, 5; Strauß S. 430

3

Schï Ging 198, 3; Strauß S. 327

4

Schï Ging 204, 2; Strauß S. 339

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 74-76.
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