2. Beschäftigung während der Trauer

[194] Dsï Hia fragte: »Man pflegt während der Trauer um die Eltern nach der Beendigung der Totenklage sich kriegerischen Unternehmungen wieder zuzuwenden. Entspricht das der Sitte oder ist es erst von späteren Machthabern eingeführt?«

Meister Kung sprach: »Unter den Herrschern aus dem Hause Hia war es Sitte, im Fall der Trauer um die Eltern nach der Aufbahrung die öffentlichen Geschäfte aufzugeben. Unter dem Hause Yin war es Sitte, nach der Beerdigung die öffentlichen Geschäfte aufzugeben. Unter dem Hause Dschou ist es Sitte, nach Beendigung der Totenklage die öffentlichen Geschäfte aufzugeben.

Es heißt in den Aufzeichnungen: Der Edle entzieht nicht seinen Leuten die Möglichkeit, die Pflichten der Liebe zu erfüllen, und entzieht sich selbst nicht den Anforderungen der Umstände.«

Dsï Hia sprach: »Dann ist es also falsch, sich während der Trauerzeit von kriegerischen Unternehmungen nicht zurückzuziehen?«

Meister Kung sprach: »Ich habe von Lau Dan1 sagen hören, daß der Herzog von Lu, Bo-Kin2, Gründe gehabt habe, also zu handeln. Was aber die Leute von heute anlangt, die während der Trauer um ihre Eltern des Gewinnens wegen Kriege führen: davon will ich nichts wissen.«

1

Lau Dan ist identisch mit Laotse. Vgl. zu dem Umstand, daß er hier als Quelle von Kungs Wissen über Einzelsitten zitiert ist, die Vorbemerkung zum Kapitel Dseng Dsï Wen, Buch der Sitte S. 306.

2

Bo-Kin, der Sohn des Herzogs von Dschou, war in Trauer um seine Mutter, als die Ostbarbaren sich Übergriffe erlaubten. Da er der Markgraf dieser Gegend war, konnte er sich der Pflicht, gegen sie einzuschreiten, nicht entziehen.

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 194-195.
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