7. Wie man alt wird

[30] Herzog Ai fragte den Meister Kung und sprach: »Erreicht der Weise ein hohes Alter? Erreicht der Gütige ein hohes Alter?«

Meister Kung erwiderte: »Ja. Dem Menschen drohen drei Todesarten, die ihm nicht vom Schicksal bestimmt sind, sondern die er sich selber zuzieht. Die beim Schlaf und beim Ruhen nicht die rechte Zeit beobachten, die beim Essen und Trinken nicht mäßig sind, die in Muße oder Anstrengung die Grenzen überschreiten, die tötet alle die Krankheit. Die in niedrigem Stande weilend ihren Fürsten belästigen, die unersättlich sind in Lüsten und Begierden und ihren Wünschen kein Ziel setzen, die tötet alle die Strafe. Die, selbst in der Minderheit, sich gegen die Mehrheit auflehnen, die, selbst schwach, die Starken beleidigen, die im Zorn vernunftwidrig handeln und ihre Kräfte nicht abschätzen, die töten alle die Waffen. Diese drei Todesarten sind nicht Schicksal, sondern der Mensch zieht sie sich selbst zu. Ein weiser Ritter und gütiger Mann, der in seinem Leben sich zu beschränken weiß, der in Tun und Lassen sich an die Pflicht hält, der in Freude und Zorn die rechte Zeit trifft und seine Natur nicht schädigt: ist es nicht ganz in der Ordnung, daß er langes Leben erlangt?«

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 30-31.
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