1. Kapitel
Der letzte Herbstmonat / Gi Tsiu

[104] Im letzten Herbstmonat steht die Sonne im Zeichen Fang. Zur Zeit der Abenddämmerung kulminiert das Sternbild Hü. Zur Zeit der Morgendämmerung kulminiert das Sternbild Liu. Seine Tage sind Gong und Sin. Sein göttlicher Herrscher ist Schau Hau (der junge Leuchtende). Sein Schutzgeist ist Jou Schou (der Schnitter). Seine Tiere sind die behaarten Tiere. Seine Note ist Schang. Seine Tonart ist Wu I. Seine Zahl ist neun. Sein Geschmack ist scharf. Sein Geruch ist metallisch. Man opfert dem Türgeist. Unter den Opfergaben steht die Leber obenan.

Die Wandergans kommt1; die Haussperlinge gehen ins große Wasser und werden zu Muscheln. Das Chrysanthemum bekommt gelbe Blüten. Der Wolf opfert Tiere und tötet Vögel2.

Der Himmelssohn weilt in der Halle der klaren Vollendung3. Er fährt im Kriegswagen, an dem Schimmel mit schwarzen Mähnen angespannt sind. Es werden weiße Flaggen aufgesteckt, man kleidet sich in weiße Kleider und trägt weißen Nephrit. Man ißt Sesam mit Hundefleisch. Die Gefäße sind kantig und tief.

In diesem Monat schärft man aufs neue die Gebote und Verordnungen ein. Die Beamten erhalten den Befehl, dafür zu sorgen, daß Vornehm und Gering darauf aus ist, alles einzubringen, um mit dem Geist des Sammelns in der Natur übereinzustimmen. Es darf nichts den Scheunen entnommen werden.

Der königliche Hausmeister erhält den Befehl, nachdem die Ernte vollständig eingebracht ist, den Ertrag der fünf Feldfrüchte aufzuzeichnen. Er hat die Ernte des kaiserlichen Feldes in die göttliche Scheune einzubringen und diese Pflicht mit ehrfurchtsvoller Sorgfalt zu erfüllen4.

In diesem Monat beginnt der Reif zu fallen, und alle Arbeiten werden eingestellt5. Die Beamten erhalten den Befehl, bekannt[104] zu geben, daß die Kälte streng wird, so daß die Menschen sie nicht mehr aushalten können, und daher alle sich in ihre Häuser zurückziehen sollen.

Am ersten Tage Ding begeben sich die Schüler in die Schule, um sich auf den Blasinstrumenten zu üben.

In diesem Monat wird dem Himmelssohn mitgeteilt, daß die Tiere für das große Herbstopfer des Herrn bereit sind.

Der Herrscher vereinigt an seinem Hof die Lehnsfürsten und gibt den Bezirken seines Hausgebietes Befehle. Er verteilt den Kalender des folgenden Jahres und setzt mit den Lehnsfürsten die Höhen der Abgaben des Volkes fest und die Höhe der Abgaben an ihn selbst, indem er die Entfernung der einzelnen Gebiete und die Beschaffenheit des Grund und Bodens zum Maßstabe nimmt6. Das geschieht, um für die Opfer auf dem Anger und im Ahnentempel zu sorgen, damit keine Unterschlagungen vorkommen.

In diesem Monat veranstaltet der Himmelssohn die großen Jagden, um sich im Gebrauch der fünf Waffengattungen und der Auswahl tüchtiger Pferde zu üben7.

Die Wagenlenker und die sieben Gattungen der Pferdehirten erhalten alle den Befehl, die Pferde anzuspannen, die Flaggen aufzustecken, die Wagen zu verteilen an die verschiedenen Rangstufen der Offiziere und sie vor der Schutzwand des kaiserlichen Zeltes aufzustellen. Der Unterrichtsminister steckt seinen Stab in die Erde und wendet sich nach Norden, um sie zu beschwören8.

Der Himmelssohn kleidet sich kriegerisch und tut kriegerischen Schmuck an, er hält die Bogen und erfaßt die Pfeile, um zu schießen. Dann erteilt er dem Opferpriester den Befehl, von der Jagdbeute den vier Himmelsrichtungen zu opfern9.

In diesem Monat werden die Blätter der Pflanzen gelb und fallen ab. Man schneidet Holz, um Kohle daraus zu bereiten.

Die Winterschläfer verbergen sich alle in ihren Höhlen und schließen ihre Öffnungen. Man beeilt sich in der Beendigung der Prozesse und Anwendung der Strafen, um keinen Schuldigen übrig zu lassen. Man zieht die Einkünfte Unwürdiger ein und die Nahrungsgewährung an solche, die sie nicht verdienen.[105]

In diesem Monat kostet der Himmelssohn Reis mit Hundefleisch zusammen, nachdem er etwas davon zuvor im Ahnentempel dargebracht hat.

Wenn im letzten Herbstmonat die für den Sommer gültigen Ordnungen befolgt würden, so würde das Land unter großem Wasser zu leiden haben. Die Vorräte würden verderben, und das Volk hätte viel unter Schnupfen und Nasenverstopfung zu leiden. Wenn die für den Winter gültigen Ordnungen befolgt würden, so würden im Lande viele Diebe und Räuber hochkommen, an den Grenzen würde Unruhe herrschen und Landesteile würden entrissen werden. Wenn die für den Frühling gültigen Ordnungen befolgt würden, so würde ein lauer Wind herbeikommen, die Kraft des Volkes würde ermatten und laß werden und Heere würden sich sicher erheben.

Quelle:
Chunqiu: Frühling und Herbst des Lü Bu We. Düsseldorf/Köln 1971, S. 104-106.
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