1. Kapitel
Der letzte Sommermonat / Gi Hia

[67] Im letzten Sommermonat Gi Hia steht die Sonne im Zeichen Liu. Zur Zeit der Abenddämmerung kulminiert das Sternbild Kui. Seine Tage sind Bing und Ding. Sein göttlicher Herrscher ist Yän Di (der flammende Herrscher). Sein Schutzgeist ist Dschu Yung (der Schmelzmagier). Seine Tiere sind die gefiederten Tiere. Seine Note ist Dschï. Seine Tonart ist Lin Dschung1. Seine Zahl ist sieben. Sein Geschmack ist bitter. Sein Geruch ist brenzlig. Man opfert dem Herdgeist; unter den Opfergaben steht die Lunge obenan.

Der kühle Wind beginnt sich einzustellen. Das Heimchen wohnt in den Häusern2. Der Habicht übt sich im Raub. Aus faulem Grase entstehen die Glühwürmchen.

Der Himmelssohn weilt in der Lichthalle im rechten Raume3. Er fährt im Scharlachwagen, an dem schwarzmähnige Füchse angespannt sind. Es werden rote Flaggen aufgesteckt, man kleidet sich in rote Kleider und trägt roten Nephritschmuck. Man ißt Bohnen und Hühner. Die Gefäße sind hoch und groß.

In diesem Monat erhält der Fischmeister den Befehl, die Aligatoren zu töten, die Gaviale zu fangen, Karettschildkröten darzubringen und Meerschildkröten zu fangen4.

Darauf bekommt der Förster den Befehl, die verwendbaren Schilfarten darzubringen5.

In diesem Monat erhalten die vier Inspektoren den Befehl, die Beamten und hundert Kreise6 zu versammeln und Gras zu beschaffen zur Fütterung der Opfertiere. Alles Volk erhält den Befehl, alle Kraft aufzubieten, damit die Opfertiere geliefert werden können für den höchsten Herrscher des erhabenen Himmels, für die Götter der berühmten Berge, der großen Ströme und der vier Weltgegenden, damit man opfern kann den Geistern im Ahnentempel und[67] auf dem Altar der Erde und des Korns, um für das Volk Glück zu erflehen.

In diesem Monat erhalten die Aufseher der Frauenarbeiter den Befehl, Farben zu beschaffen für die Ornamente Fu, Fu, Wen, Dschang, die alle dem Gebrauch gemäß hergestellt werden7 müssen, ohne daß eine Abweichung stattfinden darf. Schwarz, gelb, grün, rot müssen alle in echten Farben hergestellt werden. Niemand darf es wagen, gefälschte Stoffe herzustellen, denn die so bereiteten Gewänder sollen zu den Opfern auf dem Anger8 und im Ahnentempel verwendet werden und um Flaggen und Gewänder herzustellen zur Bezeichnung der einzelnen Grade von vornehm und gering.

In diesem Monat sind die Bäume eben in vollem Saft. Deshalb erhalten die Förster den Befehl, in die Wälder zu gehen und die Bäume zu besichtigen, daß nicht etwa jemand Holz fällt oder schneidet.

Man darf nicht Erdarbeiten unternehmen, man darf nicht die Lehnsfürsten versammeln, man darf nicht Soldaten ausheben und die Massen in Bewegung setzen. Auch keine große Unternehmung beginnen, wodurch die Lebenskraft erschüttert und zerstreut würde9. Man soll keine Befehle ergehen lassen, wodurch die Zeiten beeinträchtigt würden und die Arbeiten des Schen Nung (göttlichen Landmanns) gehindert würden10. Die Überschwemmungen durch das Wasser sind besonders ausgedehnt, darum muß man den Schen Nung anweisen, die Arbeiten zu besichtigen. Würde man große Unternehmungen beginnen, so würden Strafen des Himmels die Folge sein11.

In diesem Monat ist die Erde feucht und breiig. Es ist heiß und große Regen fallen dauernd nieder. Wenn das verbrannte Unkraut in das Wasser kommt, so wird es dadurch abgetötet, wie durch heißes Wasser, und man kann es zum Düngen der Felder und zum Verbessern der Dammerde benützen12.

Wenn man die Ordnungen dieses Monats befolgt, so fällt dreimal süßer Regen in drei Dekaden zwei Tage lang. Wenn im letzten Sommermonat die für den Frühling gültigen Ordnungen befolgt würden, so würden die Körnerfrüchte sich lösen und zur Erde[68] fallen. Im Lande würden viele Erkältungen und Hustenkrankheiten herrschen, und die Leute würden hin und her ihre Wohnsitze verlegen. Wenn die für den Herbst gültigen Ordnungen befolgt würden, so würden Hügel und Sümpfe vom Wasser gleichmäßig überschwemmt werden. Das Getreide würde nicht reif, und häufige Frühgeburten würden eintreten. Wenn die für den Winter gültigen Ordnungen befolgt würden, so würde Kälte und Wind vorzeitig eintreten, Falken und Sperber würden früh schon auf den Raub gehen. Von allen Seiten würde das Landvolk (von Räubern bedrängt) sich in die festen Plätze flüchten.


In der Mitte des Jahres herrscht die Erde. Die entsprechenden Tage sind Wu und Gi. Ihr göttlicher Herrscher ist Huang Di, ihr Schutzgeist Hou Tu13.

Ihre Tiere sind die unbehaarten14.

Ihre Note ist Gung; ihre Tonart Huang Dschung15.

Ihre Zahl ist fünf. Ihr Geschmack ist süß. Ihr Geruch ist duftend. Man opfert dem Geist des Impluviums. Unter den Opfergaben steht das Herz obenan16.

Der König weilt im großen Tempel in der großen Halle17. Er fährt im großen Wagen, an dem gelbe Pferde mit schwarzen Schwänzen angespannt sind. Er steckt gelbe Flaggen auf, zieht gelbe Kleider an und trägt gelben Nephritschmuck. Man ißt Hirse und Rinder. Die Geräte sind rund und geräumig.

Quelle:
Chunqiu: Frühling und Herbst des Lü Bu We. Düsseldorf/Köln 1971, S. 67-69.
Lizenz: