[172] 19. Die tote Maus

Yü war der reichste Mann in Liang. In seinem Hause war alles im Überfluß vorhanden, Gold und kostbare Stoffe und allerlei Reichtümer und Güter in unermeßlicher Fülle.

Einst bestieg er sein hohes Haus an der Hauptstraße, ließ Musik machen und Wein auftragen und spielte ein Würfelspiel im oberen Stock. Eine Schar von verwegenen Burschen gingen miteinander unten vorüber. Oben im Haus hatte gerade einer einen guten Wurf getan, und es erscholl Gelächter. In demselben Augenblick flog eine Weihe vorüber und ließ eine tote Maus herunterfallen, die gerade die Burschen traf.

Die redeten untereinander also: »Der Reichtum und das Glück dieses Yü dauern schon lange, und er hat von jeher die anderen Leute verachtet. Wir haben ihm nichts zuleide getan,[172] und doch beschimpft er uns nun mit dieser toten Maus. Wenn wir ihm das nicht heimzahlen, können wir uns nicht mehr als brave Burschen sehen lassen. Wir wollen mit unseren Genossen uns zusammentun und sie einmütig hierher führen. Sein Haus muß verwüstet werden, wie es sich gehört.«

Alle stimmten zu, und am Abend des verabredeten Tages versammelte sich eine große bewaffnete Menge, stürmte das Haus des Yü und richtete eine große Verwüstung darin an.

Quelle:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Stuttgart 1980, S. 172-173.
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