V. Die Geburt der Frucht

[122] Außerhalb des Leibes gibt es einen Leib, der heißt das Buddhabild.

Der Gedanke, der mächtig ist, die Abwesenheit von Gedanken ist Bodhi.

Die tausendblättrige Lotosblume öffnet sich, verwandelt durch Atemkraft.

Hundertfältiger Glanz erstrahlt vermittelst der Kristallisation des Geistes.


Im Long Yen Dschou heißt es: »Zu jener Zeit ließ der Weltherr aus seinem Haarknoten hundertfachen kostbaren Schein aufstrahlen. Inmitten des Scheines leuchtete die tausendblättrige kostbare Lotosblume auf. Und da war ein verwandelter Julai, der inmitten der kostbaren [122] Blume saß und von dessen Scheitel zehn Strahlen weißen, herrlichen Lichtes ausgingen, die allenthalben sichtbar waren. Die Menge blickte empor zu dem ausstrahlenden Licht, und der Julai verkündete: ›Das göttliche Zauberwort ist die Erscheinung des lichten Geistes, darum ist sein Name: Sohn des Buddha.‹«

Wenn man die Lehre von Bewußtsein und Leben nicht vernimmt, sondern nur trocken und einsam Meditationsformeln hersagt, wie entstünde da aus dem eigenen Leib der Julai, der in dieser herrlichen Lotosblume sitzt und strahlt und in seinem Geistleib erscheint! Manche sagen, der Geist des Lichts sei eine kleine Lehre; aber wie sollte das, was man vom Weltherrn bekommt, eine kleine Lehre sein! Hiermit habe ich das tiefste Geheimnis des Long Yen verraten, um künftige Jünger zu lehren. Wer diesen Weg vernimmt, der steigt sofort auf zum dunklen Geheimnis und versinkt nicht mehr im Staub des Alltags.

Quelle:
Das Geheimnis der goldenen Blüte. Olten/Freiburg i. Br. 1971, S. 122-123.
Lizenz: