[215] Erstens, der Donner erschüttert die heitere Bläue des Himmels,
Weil hochfliegende Wolken im Äther einander sich stoßen,
Wenn in der Mitte sie stehn von entgegengerichteten Winden.
Nie dröhnt Donnergebrüll von der heiteren Seite des Himmels,
Sondern von dort, wo die Wolken in dichterem Zuge sich drängen,
Hört man gewöhnlich den lautesten Schall mit gewaltigem Grollen.
Ferner, es können die Wolken nicht so wie Steine und Holz sein
Aus verdichtetem Stoffe, noch andererseits aus so feinem,
Wie uns die Nebel ihn zeigen und fliegende Wolken des Rauches:
Denn sonst stürzten wie Steine mit plumpem Gewicht sie zu Boden,
Oder sie könnten wie Rauch sich zusammen nicht halten, noch in sich
Starrende Massen von Eis und Hagelschauer verbergen.
Auch hört oft man ein klatschend Geräusch durch die Weiten des Weltalls,
Wie mitunter ein Segel, das über die großen Theater
Von dem Gebälk zu den Masten sich spannt, vom Winde gebläht wird;
Manchmal rast es wie toll, wenn frech es zerrissen ein Windstoß,
Und gibt knatternden [Ton], als ob man Papiere zerfetze,
(Denn auch solches Geräusch vernimmt man im Rollen des Donners),
Oder als ob die Winde ein aufgehängtes Gewandstück
Oder ein flatternd Papier in den Lüften wirbeln und peitschen.
Manchmal kommt es auch vor, daß die Wolken einander begegnen
Nicht mit der Stirne voran, vielmehr mit der Flanke vorbei sich
Schieben, indem sie entgegengesetzt aneinander sich reiben:
Dann trifft unser Gehör der bekannte langhingezogne,
Knatternde Ton, bis sie endlich heraus aus der Enge sich winden.
Auch auf folgende Art sieht's oft bei schwerem Gewitter
Aus, als ob alles erbebe und plötzlich die mächtigen Mauern
Unseres Weltenbaus auseinandergerissen zerklafften:
Wenn ein gewaltiger Sturm sich mit plötzlich gesammelten Kräften
Einbohrt in das Gewölk und sich drinnen verschlossen im Wirbel
Dreht und hierdurch allmählich ringsum die Wolken veranlaßt,[215]
Eine verdichtete Schicht um die innere Höhlung zu bilden,
Wenn dann seine Gewalt und sein heftiges Ungestüm nachläßt,
Platzt urplötzlich die Wolke mit ohrenbetäubendem Krachen.
Und kein Wunder! So platzt ja doch auch im kleinen die Blase,
Die man mit Luft vollfüllt, gar oft mit gewaltigem Knalle.
Bläst der Wind durch die Wolken, so kann auch aus anderen Gründen
Dann ein Geräusch entstehn. Wir sehn ja, wie oft das Gewölke
Mannigfaltig verästelt und zackig zerrissen daherschwebt.
Deshalb rauscht es natürlich, wie wenn durch ein waldiges Dickicht
Stürme des Nordwinds sausen und Äste und Zweige erkrachen.
Manchmal kommt es auch vor, daß des Windes gewaltige Stoßkraft
Grad auf die Wolke sich lenkt, sie durchbricht und mitten entzweireißt.
Denn was sein Wehen vermag, das lehrt uns ja klar die Erfahrung
Hier auf Erden, wo linder er weht; doch reißt er im Wirbel
Ragende Bäume heraus mit der Wurzel aus tiefester Tiefe.
Auch gibts Wogen im Wolkenmeer, die gegeneinander
Schlagend ein dumpfes Gebrause bewirken, wie wenn sich die Brandung
An dem Gestade des Weltmeers bricht und der mächtigen Ströme.