2. Der Gewinn des Kapitals

[484] Der Profit oder Gewinn des Kapitals ist ganz vom Arbeitslohn verschieden. Diese Verschiedenheit zeigt sich in doppelter Weise: Einmal regeln sich die Gewinne des Kapitals gänzlich nach dem Wert des angewandten Kapitals, obgleich die Arbeit der Aufsicht und Direktion bei verschiedenen Kapitalien die nämliche sein kann. Dann kömmt hinzu, daß in großen Fabriken diese ganze Arbeit einem Hauptkommis anvertraut ist, dessen Gehalt in keinem Verhältnis mit dem ||II| Kapital steht, dessen Leistung er überwacht. Obgleich sich hier nun die Arbeit des Proprietärs fast auf nichts reduziert, verlangt er doch Profite im Verhältnis zu seinem Kapital. Smith. t. I, p. 97 -99.

Warum verlangt der Kapitalist diese Proportion zwischen Gewinn und Kapital?

Er hätte kein Interesse, die Arbeiter anzuwenden, wenn er nicht vom Verkauf ihres Werks mehr erwartete, als nötig ist, um die für Arbeitslohn avancierten fonds zu[484] ersetzen, und er hätte kein Interesse, eher eine große als eine kleine Summe von fonds anzuwenden, wenn sein Profit nicht im Verhältnis zum Umfang der angewandten fonds stände, t. I, p.96, 97.

Der Kapitalist zieht also erstens einen Gewinn auf die salaire, zweitens auf die avancierten Rohstoffe.

Welches Verhältnis hat nun der Gewinn zum Kapital?

Wenn es schon schwer ist, die gewöhnliche mittlere Taxe des Arbeitslohns angegebnem Ort und in [gegebner] Zeit zu bestimmen, so noch schwerer der Gewinn der Kapitalien. Wechsel im Preis der Waren, mit welchen das Kapital handelt. Glück oder Unglück seiner Rivalen und Kunden, tausend andre Zufälle, denen die Waren ausgesetzt sind, sowohl während des Transports als in den Magazinen, bringen einen täglichen, fast stündlichen Wechsel im Profit hervor. Smith, t. I, p. 179, 180. So unmöglich es nun ist, die Gewinne der Kapitalien mit Präzision zu bestimmen, so kann man sich doch eine Vorstellung von ihnen machen nach dem GeldzinsA9. Kann man viel Gewinn mit dem Geld machen, so gibt man viel für die Fähigkeit, sich seiner zu bedienen, wenn wenig durch seine Vermittlung, wenig. Smith, t. I, p. 181. Die Proportion, welche die gewöhnliche Zinstaxe mit der Taxe des Reingewinns bewahren muß, wechselt notwendig mit Steigen oder Fallen des Gewinns. In Großbritannien berechnet man auf das Doppelte des Interesses das, was die Handelsleute nennen un profit honnête, modéré, raisonnable, lauter Ausdrücke, die nichts sagen wollen als ein gewöhnlicher und gebräuchlicher Profit. Smith. t. I, p. 198.

Welches ist die niedrigste Taxe des Gewinns? Welches seine höchste?

Die niedrigste TaxeA10 des gewöhnlichen Gewinns der Kapitalien muß immer etwas mehr sein, als nötig ist, um die zufälligen Verluste zu kompensieren, welchen jede Anwendung des Kapitals ausgesetzt ist. Dieses surplus ist eigentlich der Gewinn oder le bénéfice net. Ebenso verhält es sich mit der niedrigsten Taxe des Zinsfußes. Smith. t. I, p. 196.

||III| Die höchste TaxeA11, auf welche die gewöhnlichen Gewinne steigen können, ist die, welche in der Mehrzahl der Waren die Totalität der Grundrente wegnimmt und den Arbeitslohn der gelieferten Ware auf den niedrigsten Preis, auf die bloße Subsistenz des Arbeiters während der Arbeit reduziert. Auf die eine oder die andere Art muß der Arbeiter immer genährt werden, solang er zu einem Tagwerk angewandt wird; die Grundrente kann ganz wegfallen. Beispiel: In Bengalien die Leute der indischen Handelskompagnie. Smith, t. I, p.[197,] 198.

Außer allen Vorteilen einer geringen Konkurrenz, die der Kapitalist in diesem Fall ausbeuten darf, kann er auf eine honette Weise den Marktpreis über den natürlichen Preis halten.

[485] Einmal durch Handelsgeheimnis, wenn der Markt von denen, die ihn beziehn, sehr entfernt ist: nämlich durch Geheimhaltung der Wechsel des Preises, seiner Erhöhung über den natürlichen Stand. Diese Geheimhaltung hat nämlich den Erfolg, daß nicht andre Kapitalisten ebenfalls ihr Kapital auf diese Branche werfen.

Dann durch Fabrikgeheimnis, wo der Kapitalist mit weniger Produktionskosten seine Ware zu denselben oder sogar zu niedrigem Preisen als seine Konkurrenten mit mehr Profit liefert. – (Der Betrug durch Geheimhaltung ist nicht unsittlich? Börsenhandel.) – Ferner: wo die Produktion an eine bestimmte Lokalität gebunden (wie z.B. kostbarer Wein) und die effektive Nachfrage nie befriedigt werden kann. Endlich: durch Monopole von Individuen und Kompagnien. Der Monopolpreis ist so hoch als möglich.A12 Smith. t. I, p. 120 – 124.

Andre zufällige Ursachen, welche den Gewinn des Kapitals erhöhn können:

Erwerbung von neuen Territorien oder neuer Handelszweige vermehren oft, selbst in einem reichen Lande, den Gewinn der Kapitalien, weil sie den alten Handelszweigen einen Teil der Kapitalien entziehn, die Konkurrenz vermindern, den Markt mit weniger Waren beziehn machen, deren Preise sich dann erhöhn; die Handelstreibenden mit denselben können dann das geliehne Geld mit starkem Zinsen zahlen. Smith. t. I, p. 190.

Je mehr eine Ware bearbeitet, Gegenstand der Manufaktur wird, steigt der Teil des Preises, der sich in Arbeitslohn und Profit auflöst. Im Verhältnis zu dem Teil, der sich in Grundrente auflöst. In dem Fortschritt, den die Handarbeit über diese Ware macht, vermehrt sich nicht nur die Zahl der Gewinne, sondern jeder folgende Gewinn ist großer als der vorhergehende, weil das Kapital, von dem ||IV| er entspringt, notwendig immer größer ist. Das Kapital, welches die Leinweber in Arbeit setzt, ist notwendig immer größer als das, welches die Spinner arbeiten macht, weil es nicht nur das letzte Kapital mit seinen Gewinnen ersetzt, sondern außerdem noch die salaire der Leinweber zahlt – und es ist notwendig, daß die Gewinne immer in einer Art von Verhältnis mit dem Kapital stehn. t. I, 102, 103.

Der Fortschritt, den also die menschliche Arbeit über das Naturprodukt und das bearbeitete Naturprodukt macht, vermehrt nicht den Arbeitslohn, sondern teils die Zahl der gewinnenden Kapitale, teils das Verhältnis jedes folgenden Kapitals zu den vorhergehenden.

Über den Gewinn, den der Kapitalist von der Teilung der Arbeit zieht, später.

Er gewinnt doppelt, erstens von der Teilung der Arbeit, zweitens überhaupt von dem Fortschritt, den die menschliche Arbeit über das Naturprodukt[486] macht. Je größer der menschliche Anteil an einer Ware, um so größer der Gewinn des toten Kapitals.

In einer und derselben Gesellschaft ist die Durchschnittstaxe der Kapitalgewinne viel näher demselben Niveau als der Lohn der verschiedenen Arten von Arbeit. t. I, p. 228. Bei den verschiedenen Anwendungen des Kapitals wechselt die gewöhnliche Taxe des Gewinns nach der größern oder geringern Gewißheit der Zurückkunft des Kapitals. »Die Taxe des Gewinns hebt sich mit dem risque, wenn auch nicht in vollständige Proportion.« ibid. [p.226, 227].

Es versteht sich von selbst, daß die Kapitalgewinne auch durch die Erleichterung oder geringere Kostspieligkeit der Zirkulationsmittel (z.B. Papiergeld) steigen.

A9

Hervorhebung von Marx.

A10

Hervorhebung von Marx.

A11

Hervorhebung von Marx.

A12

Alle Hervorhebungen von Marx

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1968, Band 40, S. 484-487.
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