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Brüder!
Wir haben in unserem letzten Rundschreiben, das der Emissär des Bundes Euch überbrachte, die Stellung der Arbeiterpartei und speziell des Bundes, sowohl im gegenwärtigen Augenblick wie für den Fall einer Revolution, entwickelt.
Der Hauptzweck dieses Schreibens ist der Bericht über den Zustand des Bundes.
Die Niederlagen der revolutionären Partei im vorigen Sommer lösten die Organisation des Bundes für einen Augenblick fast vollständig auf. Die tätigsten Bundesmitglieder, bei den verschiednen Bewegungen beteiligt, wurden versprengt, die Verbindungen hörten auf, die Adressen waren unbrauchbar geworden, die Korrespondenz wurde dadurch und durch die Gefahr der Brieferbrechung momentan unmöglich. Die Zentralbehörde war so bis gegen Ende des vorigen Jahres zur vollständigen Untätigkeit verurteilt.
In dem Maß, als die erste Nachwirkung der erlittnen Niederlagen allmählich aufhörte, trat überall das Bedürfnis nach einer starken geheimen Organisation der revolutionären Partei über ganz Deutschland hervor. Dies Bedürfnis, das bei der Zentralbehörde den Beschluß der Absendung eines Emissärs nach Deutschland und der Schweiz hervorrief, rief andererseits den Versuch einer neuen geheimen Verbindung in der Schweiz ins Entstehn sowie den der Kölner Gemeinde, von sich aus den Bund in Deutschland zu organisieren.
In der Schweiz traten gegen Anfang dieses Jahres mehrere aus den verschiedenen Bewegungen mehr oder weniger bekannte Flüchtlinge zu einer Verbindung zusammen, welche den Zweck hatte, im gelegenen Augenblick[306] zum Sturz der Regierungen mitzuwirken und Männer in Bereitschaft zu halten, welche die Leitung der Bewegung und selbst die Regierung übernehmen sollten. Einen bestimmten Parteicharakter trug diese Verbindung nicht, die buntscheckigen, in ihr vereinigten Elemente ließen dies nicht zu. Die Mitglieder bestanden aus Leuten aller Fraktionen der Bewegungen, von entschiedenen Kommunisten und selbst ehemaligen Bundesmitgliedern bis zu den zaghaftesten kleinbürgerlichen Demokraten und ehemaligen Pfälzer Regierungsmitgliedern.
Für die in der Schweiz damals so zahlreichen badisch-pfälzischen Stellenjäger und sonstigen untergeordneten Ambitionen war diese Vereinigung eine erwünschte Gelegenheit, emporzukommen.
Die Instruktionen, die diese Verbindung an ihre Agenten schickte und die der Zentralbehörde vorliegen, waren ebensowenig geeignet. Vertrauen einzuflößen. Der Mangel eines bestimmten Parteistandpunktes, der Versuch, alle vorhandenen oppositionellen Elemente in eine Scheinverbindung zu bringen, ist nur schlecht verdeckt durch eine Masse Detailfragen nach den industriellen, bäuerlichen, politischen und militärischen Verhältnissen der verschiedenen Lokalitäten. Die Kräfte dieser Verbindung waren ebenfalls sehr unbedeutend. Nach der vollständigen Mitgliederliste, die uns vorliegt, bestand die ganze Gesellschaft in der Schweiz in ihrer höchsten Blütezeit aus kaum 30 Mitgliedern. Es ist bezeichnend, daß die Arbeiter unter dieser Zahl fast gar nicht vertreten sind. Es war von jeher eine Armee von lauter Unteroffizieren und Offizieren ohne Soldaten. Darunter befinden sich A. Fries und Greiner aus der Pfalz, Körner aus Elberfeld, Sigel usw.
Nach Deutschland haben sie zwei Agenten geschickt. Der erste, Bruhn aus Holstein, Bundesmitglied, brachte es durch falsche Vorspiegelungen dahin, einzelne Bundesmitglieder und Gemeinden zu bewegen, sich einstweilen an die neue Verbindung anzuschließen, in der sie den wiedererstandenen Bund zu sehen glaubten. Er berichtete zu gleicher Zelt über den Bund an die Schweizer Zentralbehörde in Zürich und über die Schweizer Verbindung an uns. Mit dieser zwischenträgerischen Stellung nicht zufrieden, schrieb er, während er noch mit uns in Korrespondenz stand, an die erwähnten, für die Schweiz gewonnenen Leute nach Frankfurt direkte Verleumdungen und befahl ihnen, sich mit London in keinerlei Verbindungen einzulassen. Er wurde deswegen sogleich aus dem Bunde ausgestoßen. Die Angelegenheit in Frankfurt wurde durch den Bundesemissär geregelt. Im übrigen war Bruhns Wirken für die Schweizer Zentralbehörde erfolglos. Der zweite Agent, Studiosus Schurz aus Bonn, richtete nichts aus, weil, wie er nach Zürich schrieb, »er alle brauchbaren Kräfte schon in Händen des Bundes gefunden habe«. Er[307] verließ dann plötzlich Deutschland und treibt sich jetzt in Brüssel und Paris umher, wo er vom Bund überwacht wird. Die Zentralbehörde konnte in dieser neuen Verbindung um so weniger eine Gefahr für den Bund sehn, als im Zentralausschuß derselben ein durchaus zuverlässiges Bundesmitglied sitzt, das den Auftrag hat, die Maßregeln und Pläne dieser Leute, soweit sie gegen den Bund gehn, zu überwachen und mitzuteilen. Sie hat ferner einen Emissär in die Schweiz geschickt, um mit dem vorerwähnten Bundesmitgliede die brauchbaren Kräfte in den Bund zu ziehn und überhaupt den Bund in der Schweiz zu organisieren. Die gegebnen Mittellungen beruhen auf durchaus authentischen Dokumenten.
Ein anderer Versuch ähnlicher Art ging früher schon von Struve, Sigel und andern aus, die damals in Genf vereinigt waren. Diese Leute haben sich nicht gescheut, ihren Versuch einer Verbindung geradezu für den Bund auszugeben und die Namen von Bundesmitgliedern gerade zu diesem Zwecke zu mißbrauchen. Sie täuschten natürlich niemand mit dieser Lüge. Ihr Versuch war in jeder Beziehung so erfolglos, daß die wenigen in der Schweiz gebliebenen Mitglieder dieser nie zustande gekommenen Verbindung sich schließlich an die ersterwähnte Organisation schließen mußten. Je ohnmächtiger diese Koterie aber war, desto mehr prunkte sie mit hochklingenden Titeln, wie »Zentralausschuß der Europäischen Demokratie« usw. Auch hier in London hat Struve in Verbindung mit einigen anderen enttäuschten großen Männern diese Versuche fortgesetzt. Manifeste und Aufforderungen zum Anschluß an das »Zentralbüro der ganzen deutschen Emigration« und den »Zentralausschuß der Europäischen Demokratie« sind nach allen Teilen Deutschlands geschickt worden, doch auch diesmal ohne den geringsten Erfolg.
Die angeblichen Verbindungen dieser Koterie mit französischen und anderen nichtdeutschen Revolutionären existieren gar nicht. Ihre ganze Tätigkeit erstreckt sich auf einige kleine Intrigen unter den hiesigen deutschen Flüchtlingen, die den Bund direkt nicht berühren und die ungefährlich und leicht zu überwachen sind.
Alle solche Versuche haben entweder denselben Zweck wie der Bund, nämlich die revolutionäre Organisation der Arbeiterpartei; in diesem Falle vernichten sie die Zentralisation und die Kraft der Partei durch die Zersplitterung und sind daher entschieden schädliche Sonderbündeleien. Oder sie können nur den Zweck haben, die Arbeiterpartei abermals zu Zwecken zu mißbrauchen, die ihr fremd oder direkt feindlich sind. Die Arbeiterpartei kann[308] unter Umständen sehr gut andere Parteien und Parteifraktionen zu ihren Zwecken gebrauchen, aber sie darf sich keiner anderen Partei unterordnen. Diejenigen Leute aber, die in der letzten Bewegung an der Regierung waren und ihre Stellung dazu benutzten, die Bewegung zu verraten und die Arbeiterpartei, wo sie selbständig auftreten wollte, niederzudrücken, diese Leute müssen unter allen Umständen ferngehalten werden.
Über die Lage des Bundes ist folgendes zu berichten:
Die Organisation des Bundes unter den belgischen Arbeitern, wie sie 1846 und 1847 bestand, hat natürlich aufgehört, seitdem die Hauptmitglieder im Jahre 1848 verhaftet, zum Tode verurteilt und zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden. Überhaupt hat der Bund in Belgien seit der Februarrevolution und seit der Vertreibung der meisten Mitglieder des deutschen Arbeitervereins aus Brüssel bedeutend an Stärke verloren. Die bestehenden Polizeiverhältnisse haben ihm nicht erlaubt, sich wieder zu erheben. Dennoch hat sich in Brüssel fortwährend eine Gemeinde erhalten, die auch heute noch besteht und nach Kräften wirkt.
Die Absicht der Zentralbehörde war, in diesem Rundschreiben einen speziellen Bericht über die Lage des Bundes in Deutschland abzustatten. Dieser Bericht kann indes im gegenwärtigen Augenblick nicht gegeben werden, da die preußische Polizei gerade einer ausgedehnten Verbindung unter der revolutionären Partei nachforscht. Dies Rundschreiben, das auf sicherem Wege nach Deutschland hineingelangt, das aber auf seiner Verbreitung im Innern Deutschlands allerdings hier und dort in die Hände der Polizei fallen kann, muß deshalb so abgefaßt sein, daß sein Inhalt ihr keine Waffen gegen den Bund in die Hand gibt. Die Zentralbehörde beschränkt sich daher für diesmal auf folgendes:
Der Bund hat seinen Hauptsitz in Deutschland in Köln, Frankfurt a.M., Hanau, Mainz, Wiesbaden, Hamburg, Schwerin, Berlin, Breslau, Liegnitz, Glogau, Leipzig, Nürnberg, München, Bamberg, Würzburg, Stuttgart, Baden.[309]
Zu leitenden Kreisen sind ernannt:
Hamburg für Schleswig-Holstein; Schwerin für Mecklenburg; Breslau für Schlesien; Leipzig für Sachsen und Berlin; Nürnberg für Bayern; Köln für Rheinland und Westfalen.
Die Gemeinden in Göttingen, Stuttgart und Brüssel bleiben vorläufig in direkter Verbindung mit der Zentralbehörde, bis es ihnen gelungen ist, ihren Einfluß hinreichend auszudehnen, um neue leitende Kreise bilden zu können.
Die Bundesverhältnisse in Baden werden erst bestimmt weiden nach dem Bericht des dorthin und in die Schweiz gesandten Emissärs.
Wo, wie in Schleswig-Holstein und Mecklenburg, Bauern- und Taglöhnervereine bestehn, ist es den Bundesmitgliedern gelungen, direkten Einfluß auf sie zu gewinnen und sie teilweise ganz in ihre Hand zu bekommen. Die sächsischen, fränkischen, hessischen und nassauischen Arbeiter- und Taglöhnervereine stehen ebenfalls größtenteils unter Leitung des Bundes. Die einflußreichsten Mitglieder der Arbeiterverbrüderung gehören auch dem Bunde an. Die Zentralbehörde macht alle Gemeinden und Bundesmitglieder darauf aufmerksam, daß dieser Einfluß auf die Arbeiter-, Turn-, Bauern- und Taglöhnervereine etc. von der höchsten Wichtigkeit ist und überall gewonnen werden muß. Sie fordert die leitenden Kreise und direkt mit ihr korrespondierenden Gemeinden auf, in ihren nächsten Briefen speziell zu berichten, was in dieser Beziehung geschehen ist.
Der Emissär nach Deutschland, der für seine Tätigkeit ein Anerkennungsvotum von der Zentralbehörde erhielt, hat überall nur die zuverlässigsten Leute in den Bund aufgenommen und ihrer größeren Lokalkenntnis die Ausdehnung des Bundes überlassen. Es wird von den Lokalverhältnissen abhängen, ob die entschiedenen revolutionären Leute in den Bund aufgenommen werden können. Wo dies nicht möglich ist, muß aus den Leuten, welche revolutionär brauchbar und zuverlässig sind, welche aber noch nicht die kommunistischen Konsequenzen der jetzigen Bewegung verstehn, eine zweite Klasse von weiteren Bundesmitgliedern gebildet werden. Diese zweite Klasse, der die Verbindung als eine bloß lokale oder provinzielle darzustellen ist, muß fortwährend unter der Leitung der eigentlichen Bundesmitglieder und Bundesbehörden bleiben. Mit Hülfe dieser weiteren Verbindungen kann der Einfluß namentlich auf die Bauernvereine und Turnvereine sehr fest organisiert werden. Die Einrichtung im einzelnen bleibt den leitenden Kreisen überlassen, deren Bericht auch hierüber die Zentralbehörde baldigst entgegensieht.
Eine Gemeinde hat bei der Zentralbehörde auf sofortige Einberufung eines Bundeskongresses, und zwar in Deutschland selbst, angetragen. Die[310] Gemeinden und Kreise werden selbst einsehn, daß unter den vorliegenden Verhältnissen selbst Provinzialkongresse der leitenden Kreise nicht überall ratsam sind, daß aber ein allgemeiner Bundeskongreß für jetzt durchaus unmöglich ist. Die Zentralbehörde wird jedoch, sobald es eben zulässig ist, einen Bundeskongreß an einen gelegenen Ort berufen. – Rheinpreußen und Westfalen sind vor kurzem von einem Emissär des leitenden Kreises Köln besucht worden. Der Bericht über den Erfolg dieser Reise ist noch nicht in Köln eingetroffen. Wir fordern die sämtlichen leitenden Kreise auf, sobald wie möglich in gleicher Weise ihre Bezirke durch Emissäre bereisen zu lassen und über den Erfolg baldmöglichst zu berichten. Schließlich teilen wir noch mit, daß in Schleswig-Holstein mit der Armee Verbindungen angeknüpft sind; der nähere Bericht über den Einfluß, den der Bund hier gewinnen kann, wird erwartet.
Der Bericht des Emissärs wird noch erwartet. Genauere Mitteilungen werden daher erst im nächsten Rundschreiben gemacht werden können.
Die Verbindungen mit den deutschen Arbeitern in Besançon und den übrigen Orten im Jura werden von der Schweiz aus wieder angeknüpft werden. In Paris hat das Bundesmitglied, das seither an der Spitze der dortigen Gemeinden stand, Ewerbeck, seinen Austritt aus dem Bunde erklärt, da er seine literarische Tätigkeit für wichtiger hält. Die Verbindung ist daher momentan unterbrochen, und ihre Wiederanknüpfung muß mit um so mehr Vorsicht geschehn, als die Pariser eine Anzahl Leute aufgenommen haben, die gänzlich unbrauchbar sind und sogar früher in direkter Feindschaft gegen den Bund gestanden haben.
Der Kreis London ist der stärkste des ganzen Bundes. Er hat sich namentlich dadurch ausgezeichnet, daß er seit mehreren Jahren die Kosten des Bundes, besonders die der Emissärreisen, fast ausschließlich aufgebracht hat. Er hat sich noch in der letzten Zeit durch Aufnahme neuer Elemente verstärkt und leitet fortwährend den hiesigen deutschen Arbeiterverein sowie die entschiedne Fraktion der hier anwesenden deutschen Flüchtlinge.[311]
Die Zentralbehörde steht durch einige hierzu delegierte Mitglieder in Verbindung mit der entschieden revolutionären Partei der Franzosen, Engländer und Ungarn.
Von den französischen Revolutionären hat sich namentlich die eigentliche proletarische Partei, deren Chef Blanqui ist, an uns angeschlossen. Die Delegierten der Blanquischen geheimen Gesellschaften stehen in regelmäßiger und offizieller Verbindung mit den Delegierten des Bundes, denen sie wichtige Vorarbeiten für die nächste französische Revolution übertragen haben.
Die Chefs der revolutionären Chartistenpartei stehen ebenfalls in geregelter intimer Verbindung mit den Delegierten der Zentralbehörde. Ihre Journale stehn uns zur Verfügung. Der Bruch zwischen dieser revolutionären selbständigen Arbeiterpartei und der mehr zur Versöhnung hinneigenden, von O'Connor geführten Fraktion ist durch die Delegierten des Bundes wesentlich beschleunigt worden.
In gleicher Weise steht die Zentralbehörde in Verbindung mit der fortgeschrittensten Partei der ungarischen Emigration. Diese Partei ist wichtig, weil sie viele ausgezeichnete Militärs enthält, die bei einer Revolution dem Bund zur Verfügung stehn würden.
Die Zentralbehörde fordert die leitenden Kreise zur schleunigsten Verbreitung dieses Schreibens unter ihre Mitglieder und zu baldigen Berichten auf. Sie fordert sämtliche Bundesmitglieder auf zur größten Tätigkeit, gerade jetzt, wo die Verhältnisse so gespannt sind, daß der Ausbruch einer neuen Revolution nicht lange mehr ausbleiben kann.[312]
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