a) Neger und Mongolen

[146] Wir kehren jetzt zum Anfang der »einzigen« Geschichtskonstruktion und Namengebung zurück. Das Kind wird Neger, der Jüngling Mongole. Siehe die Ökonomie des Alten Bundes.

»Die geschichtliche Reflexion über Unser Mongolentum, welche Ich an dieser Stelle episodisch einlegen will, gebe Ich nicht mit dem Anspruche auf Gründlichkeit oder auch nur auf Bewährtheit, sondern lediglich darum, weil Mich dünkt, sie könne zur Verdeutlichung des Übrigen beitragenp. 87.

Sankt Max sucht sich seine Phrasen über Kind und Jüngling zu »verdeutlichen«, indem er ihnen weltumfassende Namen gibt, und diese weltumfassenden Namen, indem er ihnen seine Phrasen über Kind und Jüngling unterschiebt. »Die Negerhaftigkeit stellt dar das Altertum, die Abhängigkeit von den Dingen« (Kind); »die Mongolenhaftigkeit die Zeit der Abhängigkeit von Gedanken, die christliche« (Jüngling). (Vergl. »Ökonomie des Alten Bundes«.) »Der Zukunft sind die Worte vorbehalten: Ich bin Eigner der Welt der Dinge, und Ich bin Eigner der Welt der Gedanken.« (p. 87, 88.) Diese »Zukunft« hat[146] sich bereits einmal auf p. 20 bei Gelegenheit des Mannes zugetragen und wird sich später noch einmal, von p. 226 an, ereignen.

Erste »geschichtliche Reflexion ohne Anspruch auf Gründlichkeit oder auch nur auf Bewährtheit«: Weil Ägypten zu Afrika gehört, wo die Neger hausen, so »fallen« p. 88 die nie vorgekommenen »Züge des Sesostris« und die »Bedeutsamkeit Ägyptens« (auch unter den Ptolemäern, Napoleons Expedition nach Ägypten, Mehemet Ali, orientalische Frage, Duvergier de Haurannes Broschüren pp.) »und Nordafrikas überhaupt« (also Karthagos, Hannibals Zug nach Rom und »leicht auch« von Syrakus und Spanien, Vandalen, Tertullian, Mauren, Al Hussein Abu Ali Ben Abdallah Ebn Sina, Raubstaaten, Franzosen in Algier, Abd el Kâder, Père Enfantin und die vier neuen Kröten des »Charivari«) »in das negerhafte Weltalter«. p. 88. Also Stirner verdeutlicht hier die Züge des Sesostris pp.. Indem er sie in das negerhafte Weltalter versetzt, und das negerhafte Weltalter, indem er es als historische Illustration zu seinen einzigen Gedanken »über Unsere Kinderjahre« »episodisch einlegt«.

Zweite »geschichtliche Reflexion«: »Dem mongolenhaften Weltalter gehören die Hunnen- und Mongolenzüge an, bis hinauf zu den Russen« (und Wasserpolacken), wo denn wieder die Hunnen- und Mongolenzüge nebst den Russen dadurch »verdeutlicht« werden, daß sie dem »mongolenhaften Weltalter« angehören, und das »mongolenhafte Weltalter« dadurch, daß es das Weltalter der schon als Jüngling aufgetretenen Phrase »Abhängigkeit von Gedanken« ist.

Dritte »geschichtliche Reflexion«:

Im mongolenhaften Weltalter »kann der Wert Meiner unmöglich hoch angeschlagen werden, weil der harte Demant des Nicht-Ich zu hoch im Preise steht, weil es noch zu körnig und unbezwinglich ist, um von Mir absorbiert und verzehrt zu werden. Vielmehr kriechen die Menschen nur mit außerordentlicher Geschäftigkeit auf diesem Unbeweglicher., dieser Substanz, herum, wie Schmarotzertierchen auf einem Leibe, von dessen Säften sie Nahrung ziehen, ohne ihn deshalb aufzuzehren. Es ist die Geschäftigkeit des Ungeziefers, die Betriebsamkeit der Mongolen. Bei den Chinesen bleibt Ja Alles beim Alten etc. – – Sonach« (weil bei den Chinesen Alles beim Alten bleibt) »ist in unsrem mongolischen Weltalter alle Veränderung nur eine reformatorische und ausbessernde, keine destruktive oder verzehrende oder vernichtende gewesen. Die Substanz, das Objekt bleibt. All unsre Betriebsamkeit ist nur Ameisentätigkeit und Flohsprung... Jongleurkünste auf dem Seile des Objektiven« pp. (p. 88. Vgl. Hegel, »Phil[osophie] der Gesch[ichte]«, p. 113, 118, 119 (die undurchweichte Substanz), 140 etc., wo China als die »Substantialität« gefaßt wird.)

Also hier erfahren wir, daß in dem wahren kaukasischen Weltalter die Menschen die Maxime haben werden, die Erde, die »Substanz«, »das[147] Objekt«, das »Unbewegliche« zu verschlingen, »verzehren«, »vernichten«, »absorbieren«, »destruieren«, und mit der Erde zugleich das nicht von ihr zu trennende Sonnensystem. Der weltverschlingende »Stirner« hat uns die »reformatorische oder ausbessernde Tätigkeit« des Mongolen bereits als »Welterlösungs- und Weltverbesserungspläne« des Jünglings und Christen p. 36 vorgeführt. Wir sind also noch immer keinen Schritt weiter. Charakteristisch für die ganze »einzige« Geschichtsauffassung ist, daß die höchste Stufe dieser mongolischen Tätigkeit den Namen der »wissenschaftlichen« verdient – woraus schon jetzt zu folgern ist, was Sankt Max uns später sagt, daß die Vollendung des mongolischen Himmels das Hegelsche Geisterreich ist.

Vierte »geschichtliche Reflexion«. Die Welt, auf der die Mongolen herumkriechen, verwandelt sich jetzt vermittelst eines »Flohsprungs« in »das Positive«, dies in »die Satzung«, und die Satzung wird vermittelst eines Absatzes p. 89 zur »Sittlichkeit«. »Diese gibt sich in ihrer ersten Form als Gewohnheit« – sie tritt also als Person auf; flugs verwandelt sie sich aber in einen Raum: »Nach seines Landes Sitte und Gewohnheit handeln, heißt da« (nämlich in der Sittlichkeit) »sittlich sein«. »Darum« (weil dies in der Sittlichkeit als Gewohnheit passiert) »wird ein lauteres, sittliches Handeln am schlichtesten in – – China geübt!«

Sankt Max ist unglücklich in seinen Exempeln. p. 116 schiebt er ebenso den Nordamerikanern die »Religion der Rechtschaffenheit« unter. Er hält die beiden spitzbübischsten Völker der Erde, die patriarchalischen Betrüger, die Chinesen, und die zivilisierten Betrüger, die Yankees, für »schlicht«, »sittlich« und »rechtschaffen«. Hätte er seine Eselsbrücke nachgesehen, so hätte er die Nordamerikaner p. 81 der »Philosophie der Geschichte« und die Chinesen p. 130 ibid. als Betrüger klassifiziert finden können.

Freund »Man« verhilft dem heiligen Biedermann jetzt auf die Neuerung; von dieser bringt ihn ein »Und« wieder auf die Gewohnheit, und somit ist das Material präpariert, um in der

Fünften geschichtlichen Reflexion einen Hauptcoup vollziehen zu können. »Es unterliegt auch in der Tat keinem Zweifel, daß der Mensch sich durch Gewohnheit gegen die Zudringlichkeit der Dinge[,] der Welt sichert« – z.B. gegen den Hunger –

»und« – wie hieraus ganz natürlich folgt –

»eine eigne Welt gründet« – die »Stirner« jetzt nötig hat –

»in welcher er allein heimisch und zu Hause ist« – »allein«, nachdem er sich erst durch »Gewohnheit« in der bestehenden »Welt« »heimisch« gemacht hat –

»d.h. sich einen Himmel gründet« – weil China das himmlische Reich heißt.

[148] »Hat ja doch der Himmel keinen andern Sinn als den, daß er die eigentliche Heimat des Menschen ist« – wo er im Gegenteil die vorgestellte Uneigentlichkeit der eigentlichen Heimat zum Sinn hat –

»worin ihn Nichts Fremdes mehr bestimmt« – d.h. worin ihn das Eigne als Fremdes bestimmt, und wie die nun in Gang gebrachte Leier weiter heißt. »Vielmehr«, um mit Sankt Bruno, oder »etwa leicht«, um mit Sankt Max zu sprechen, müßte dieser Satz so heißen:


Stirnerscher Satz, ohne Anspruch auf Gründlichkeit oder auch nur auf Bewährtheit


»Es unterliegt auch in der Tat keinem Zweifel, daß der Mensch sich durch Gewohnheit gegen die Zudringlichkeit der Dinge, der Welt, sichert und eine eigne Welt gründet, in welcher er allein heimisch und zu Hause ist, d.h. sich einen Himmel erbaut. Hat ja doch der ›Himmel‹ keinen andern Sinn als den, daß er die eigentliche Heimat des Menschen sei, worin ihn nichts Fremdes mehr bestimmt und beherrscht, kein Einfluß des Irdischen mehr ihn selbst entfremdet, kurz, worin die Schlacken des Irdischen abgeworfen sind und der Kampf gegen die Welt ein Ende gefunden hat, worin ihm also nichts mehr versagt ist.« p. 89.


Geläuterter Satz


»Es unterliegt auch in der Tat keinem Zweifel«, daß, weil China das himmlische Reich heißt, weil »Stirner« gerade von China spricht und »gewohnt« ist, sich durch Unwissenheit »gegen die Zudringlichkeit der Dinge, der Welt, zu sichern und eine eigne Welt zu gründen, in welcher er allein heimisch und zu Hause ist«, er sich aus dem himmlischen Reich China »einen Himmel erbaut. Hat ja doch« die Zudringlichkeit der Welt, der Dinge, »keinen andern Sinn als den, daß« sie »die eigentliche« Hölle des Einzigen »sind, worin ihn« Alles als »Fremdes bestimmt und beherrscht«, die er sich aber dadurch in einen »Himmel« zu verwandeln weiß, daß er sich allem »Einfluß der irdischen«, geschichtlichen Tatsachen und Zusammenhänge »entfremdet«, daher sich also nicht mehr vor ihnen befremdet, »kurz, wo die Schlacken des Irdischen«, Historischen »abgeworfen sind und« Stirner im »Ende« »der Welt« keinen »Kampf« mehr »findet«, womit also Alles gesagt ist.


Sechste »geschichtliche Reflexion«, p. 90 bildet sich Stirner ein:

»in China ist für Alles vorgesehen; was auch kommen mag, es weiß der Chinese immer, wie er sich zu verhalten hat, und er braucht sich nicht erst nach den Umständen zu bestimmen; aus dem Himmel seiner Ruhe stürzt ihn kein unvorhergesehener Fall[149]

Auch kein englisches Bombardement – er wußte ganz genau, »wie er sich zu verhalten hatte«, besonders den ihm unbekannten Dampfschiffen und Schrapnell-Bomben gegenüber.

Sankt Max hat dies sich aus Hegels »Philosophie der Geschichte« p. 118 und p. 127 abstrahiert, wo er freilich einiges Einzige hinzufügen mußte, um seine obige Reflexion zustande zu bringen.

»Mithin«, fährt Sankt Max fort, »besteigt die Menschheit auf der Stufenleiter der Bildung durch die Gewohnheit die erste Sprosse, und da sie sich vorstellt, im Erklimmen der Kultur zugleich den Himmel, das Reich der Kultur oder zweiten Natur zu erklimmen, so besteigt sie wirklich die erste Sprosse der – Himmelsleiter.« p. 90.

»Mithin«, d.h. weil Hegel mit China die Geschichte anfängt und weil »der Chinese nicht außer Fassung kommt«, verwandelt »Stirner« die Menschheit in eine Person, die »auf der Stufenleiter der Kultur die erste Sprosse« ersteigt, und zwar »durch die Gewohnheit«, weil China für Stirner keine andre Bedeutung hat, als »die Gewohnheit« zu sein. Jetzt handelt es sich für unsren Eiferer gegen das Heilige nur noch darum, die »Stufenleiter« in die »Himmelsleiter« zu verwandeln, da China auch noch den Namen des Himmlischen Reichs führt. »Da die Menschheit sich vorstellt« (»woher nur« Stirner »Alles das weiß, was« die Menschheit sich vorstellt, Wigand, p. 189) – was Stirner zu beweisen hatte – erstens »die Kultur« in »den Himmel der Kultur« und zweitens »den Himmel der Kultur« in »die Kultur des Himmels« zu verwandeln (eine angebliche Vorstellung der Menschheit, die p. 91 als Vorstellung Stirners auftritt und dadurch ihren richtigen Ausdruck erhält), »so besteigt sie wirklich die erste Sprosse der Himmelsleiter.« Da sie sich vorstellt, die erste Sprosse der Himmelsleiter zu besteigen – – so – – besteigt sie sie wirklich! »Da« »der Jüngling« »sich vorstellt«, reiner Geist zu werden, wird er es wirklich! Siehe »Jüngling« und »Christ« über den Übergang aus der Welt der Dinge in die Welt des Geistes, wo sich die einfache Formel für diese Himmelsleiter der »einzigen« Gedanken vorfindet.

Siebente geschichtliche Reflexion, p. 90. »Hat das Mongolentum« (folgt unmittelbar auf die Himmelsleiter, womit nämlich »Stirner« vermittelst der angeblichen Vorstellung der Menschheit ein geistiges Wesen konstatiert hat) – »hat das Mongolentum das Dasein geistiger Wesen festgestellt« (vielmehr »Stirner« seine Einbildung vom geistigen Wesen der Mongolen festgestellt), »so haben die Kaukasier Jahrtausende mit diesen geistigen Wesen gerungen, um ihnen auf den Grund zu kommen.« (Jüngling, der zum Manne wird und »hinter die Gedanken zu kommen«, Christ, der die »Tiefen der Gottheit zu ergründen« »allezeit trachtet«.) Weil die Chinesen das Dasein Gott weiß welcher geistigen Wesen konstatiert haben (»Stirner« konstatiert[150] außer seiner Himmelsleiter kein einziges), so müssen die Kaukasier Jahrtausende sich mit »diesen« chinesischen »geistigen Wesen« herumzanken; ja, Stirner konstatiert zwei Zeilen weiter, daß sie wirklich den »mongolischen Himmel, den Thiän, gestürmt haben«, und fährt fort: »Wann werden sie diesen Himmel vernichten, wann werden sie endlich wirkliche Kaukasier werden und sich selber findend« Hier haben wir die negative Einheit, die früher schon als Mann auftrat, als »wirklichen Kaukasier«, d.h. als nicht negerhaften, nicht mongolischen – als kaukasischen Kaukasier, der hier also als Begriff, als Wesen von den wirklichen Kaukasiern getrennt, ihnen entgegengestellt wird als »Ideal des Kaukasiers«, als »Beruf«, in dem »sie sich selber finden« sollen, als »Bestimmung«, »Aufgabe«, als »das Heilige«, »der heilige« Kaukasier, »der vollendete« Kaukasier, »welcher eben der« Kaukasier »im Himmel – Gott ist«.

»Im industriösen Ringen der mongolischen Rasse hatten die Menschen einen Himmel erbaut« – so glaubt p. 91 »Stirner«, der es vergißt, daß die wirklichen Mongolen viel mehr mit den Hammeln, als mit den Himmeln zu tun haben – »als die vom kaukasischen Stamme, solange sie – – es mit dem Himmel zu tun haben – – die himmelstürmende Tätigkeit übernahmenHatten einen Himmel erbaut, als – –, solange haben, – – übernahmen. Die anspruchslose »geschichtliche Reflexion« drückt sich in einer consecutio temporum aus, die ebenfalls keinen »Anspruch« auf Klassizität »oder auch nur« auf grammatische Richtigkeit »macht«; der Konstruktion der Geschichte entspricht die Konstruktion der Sätze; »darauf beschränken sich« »Stirners« »Ansprüche« und »erreichen damit ihr letztes Absehen«.

Achte geschichtliche Reflexion, die die Reflexion der Reflexionen, das Alpha und Omega der ganzen Stirnerschen Geschichte ist: Jacques le bonhomme sieht in der ganzen bisherigen Völkerbewegung, was wir ihm von Anfang an nachweisen, nur eine Aufeinanderfolge von Himmeln (p. 91), was auch so ausgedrückt werden kann, daß die bisherigen aufeinanderfolgenden Generationen kaukasischer Rasse weiter nichts taten als sich mit dem Begriff der Sittlichkeit herumzanken (p. 92) und daß »darauf sich ihre Tat beschränkt« (p. 91). Hätten sie sich die leidige Sittlichkeit, diesen Spuk, aus dem Kopfe geschlagen, so würden sie es zu etwas gebracht haben; so aber kamen sie zu Nichts und wieder Nichts und müssen sich von Sankt Max wie Schuljungen ein Pensum stellen lassen. Dieser seiner Geschichtsanschauung entspricht denn vollständig, daß am Schluß (p. 92) die spekulative Philosophie heraufbeschworen wird, damit »in ihr dies Himmelreich, das Reich der Geister und[151] Gespenster, seine rechte Ordnung finde« – und an einer späteren Steile als das »vollendete Geisterreich« selbst gefaßt wird.

Warum man, wenn man die Geschichte in Hegelscher Manier auffaßt, zuletzt zu dem in der spekulativen Philosophie vollendeten und in Ordnung gebrachten Geisterreich als dem Ergebnis der bisherigen Geschichte kommen mußte – dies Geheimnis konnte »Stirner« bei Hegel selbst sehr einfach enthüllt finden. Um zu diesem Resultat zu kommen, »muß der Begriff des Geistes zugrunde gelegt und nun gezeigt werden, daß die Geschichte der Prozeß des Geistes selbst ist«. (»Gesch[ichte] der Phil[osophie]« III, p. 91) Nachdem »der Begriff des Geistes« der Geschichte als Grundlage untergeschoben worden ist, kann man natürlich sehr leicht »zeigen«, daß er sich überall wiederfindet, und dies dann als einen Prozeß »seine rechte Ordnung finden« lassen.

Jetzt kann Sankt Max, nachdem er Alles »seine rechte Ordnung hat finden« lassen, begeistert ausrufen: »Dem Geiste Freiheit erwerben wollen, das ist Mongolentum« usw. (vergl. p. 17: »Den reinen Gedanken zutage zu fördern etc., das ist Jünglingslust« etc.) und die Heuchelei begehen, zu sagen: »Es springt daher in die Augen, daß das Mongolentum – – die Unsinnlichkeit und Unnatur repräsentiere« etc. – wo er hätte sagen müssen: Es springt in die Augen, daß der Mongole nur der verkleidete Jüngling ist, der als Negation der Welt der Dinge auch »Unnatur«, »Unsinnlichkeit« etc. genannt werden kann.

Wir sind jetzt wieder so weit, daß der »Jüngling« in den »Mann« übergehen kann: »Wer aber wird den Geist in sein Nichts auflösen? Er, der mittelst des Geistes die Natur als das Nichtige, Endliche, Vergängliche darstellte« (d.h. sich vorstellte – und dies tat nach p. 16 ff. der Jüngling, später der Christ, dann der Mongole, dann der mongolenhafte Kaukasier, eigentlich aber nur der Idealismus), »er kann allein auch den Geist zu gleicher Nichtigkeit« (nämlich in seiner Einbildung) »herabsetzen« (also der Christ pp.? Nein, ruft »Stirner«, mit einer ähnlichen Eskamotage wie p. 19/20 beim Mann), »Ich kann es. Jeder unter Euch kann es, der als unumschränktes Ich waltet und schafft« (in seiner Einbildung), »es kann's mit Einem Worte – der Egoist« (p. 93) – also der Mann, der kaukasische Kaukasier, der sonach der vollendete Christ, der rechte Christ, der Heilige, das Heilige ist.

Ehe wir auf die weitere Namengebung eingehen, »wollen wir an dieser Stelle« ebenfalls »eine geschichtliche Reflexion« über den Ursprung von Stirners »geschichtlicher Reflexion über Unser Mongolentum einlegen«, die sich aber von der Stirnerschen dadurch unterscheidet, daß sie allerdings »Anspruch auf Gründlichkeit und Bewährtheit macht«. Seine ganze geschichtliche Reflexion, wie die über die »Alten«, ist aus Hegel zusammengebraut.[152]

Die Negerhaftigkeit wird darum als »das Kind« aufgefaßt, weil Hegel, »Phil[osophie] d[er] Gesch[ichte]« p. 89, sagt:

– »Afrika ist das Kinderland der Geschichte.« »Bei der Bestimmung des afrikanischen« (negerhaften) »Geistes müssen wir auf die Kategorie der Allgemeinheit ganz Verzicht leisten« p. 90 – d.h., das Kind oder der Neger hat zwar Gedanken, aber noch nicht den Gedanken. »Bei den Negern ist das Bewußtsein noch nicht zu einer festen Objektivität gekommen, wie z.B. Gott, Gesetz, worin der Mensch die Anschauung seines Wesens hätte« – – »wodurch ganz das Wissen von einem absoluten Wesen fehlt. Der Neger stellt den natürlichen Menschen in seiner ganzen Unbändigkeit dar.« (p. 90.) »Obgleich sie sich der Abhängigkeit vom Natürlichen« (den Dingen, wie »Stirner« sagt) »bewußt sein müssen, so führt dies doch nicht zum Bewußtsein eines Höheren.« p. 91.

Hier finden wir sämtliche Stirnersche Bestimmungen des Kindes und Negers wieder – Abhängigkeit von den Dingen, Unabhängigkeit von Gedanken, speziell von »dem Gedanken«, »dem Wesen«, »dem absoluten« (heiligen) »Wesen« pp.

Die Mongolen und speziell die Chinesen fand er bei Hegel als den Anfang der Geschichte vor, und da diesem ebenfalls die Geschichte eine Geistergeschichte (nur nicht so kindisch wie »Stirners«) ist, so versteht es sich von selbst, daß die Mongolen den Geist in die Geschichte gebracht haben und die Urrepräsentanten alles »Heiligen« sind. Speziell faßt Hegel noch p. 110 »das mongolische Reich« (des Dalai Lama) als »das geistliche«, das »Reich der theokratischen Herrschaft«, ein »geistiges, religiöses Reich« – gegenüber dem chinesischen weltlichen Reich. »Stirner« muß natürlich China mit den Mongolen identifizieren, p. 140 kommt bei Hegel sogar »das mongolische Prinzip« vor, woraus »Stirner« das »Mongolentum« macht. Wenn er übrigens einmal die Mongolen auf die Kategorie »der Idealismus« reduzieren wollte, so konnte er in der Dalai-Lama-Wirtschaft und dem Buddhismus ganz andere »geistige Wesen« »festgestellt finden« als seine gebrechliche »Himmelsleiter«. Aber er hatte nicht einmal die Zeit, die Hegelsche Geschichtsphilosophie ordentlich anzusehen. Die Eigenheit und Einzigkeit des Stirnerschen Verhaltens zur Geschichte besteht darin, daß der Egoist sich in einen »unbeholfenen« Kopisten Hegels verwandelt.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1958, Band 3, S. 146-153.
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