5. Rüstung zur Rache

[45] König Hui von Liang sprach: »Unser Reich8 war eins der mächtigsten auf Erden, das wißt Ihr ja, o Greis. Doch seitdem es auf meine Schultern kam, wurden wir im Osten besiegt von Tsi, und mein ältester Sohn ist dabei gefallen. Im Westen verloren wir[45] Gebiet an Tsin, siebenhundert Geviertmeilen. Im Süden erlitten wir Schmach durch Tschu. Ich schäme mich darob und möchte um der Toten willen ein für allemal die Schmach reinwaschen. Wie muß ich's machen, daß es mir gelingt?«

Mong Dsï erwiderte: »Und wäre auch ein Land nur hundert Meilen im Geviert, man kann damit die Weltherrschaft erringen. Wenn Ihr, o König, ein mildes Regiment führt über Eure Leute, Strafen und Bußen spart, Steuern und Abgaben ermäßigt, so daß die Felder tief gepflügt und ordentlich gejätet werden können, daß die Jugend Zeit hat zur Pflege der Tugenden der Ehrfurcht, Brüderlichkeit, Gewissenhaftigkeit und Treue, daß sie zu Hause ihren Eltern und Brüdern und im öffentlichen Leben ihren Fürsten und Oberen dienen – dann könnt Ihr ihnen Knüppel in die Hand geben, um damit die starken Panzer und scharfen Waffen der Herren von Tsin und Tschu zu zerschlagen.

Jene Fürsten rauben ihren Leuten die Zeit, daß sie nicht pflügen und jäten können, um Nahrung zu schaffen für ihre Eltern. Die Eltern leiden Frost und Hunger, Brüder, Weib und Kind sind fern voneinander zerstreut. Jene Fürsten treiben ihre Leute in Fallen und ertränken sie. Wenn Ihr, o König, dann hingeht und sie bekämpft, wer wird Euch da feindlich entgegentreten? Darum heißt es: ›Der Milde hat keine Feinde‹. Ich bitte Euch, o König, zweifelt nicht daran.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 45-46.
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