6. Erbfolge[142] 17

Wan Dschang fragte den Mong Dsï und sprach: »Die Leute sagen, das Reich sei auf Yü gekommen, doch weil er geringer gewesen an Tugend, habe er es nicht dem Würdigsten hinterlassen, sondern seinem Sohne. Ist das wahr?«

Mong Dsï sprach: »Nein, so war es nicht. Sondern, wenn Gott es dem Würdigsten gibt, so kommt es auf den Würdigsten, wenn Gott es dem Sohne gibt, so kommt es auf den Sohn. Schun stellte den Yü vor Gott siebzehn Jahre, da starb Schun. Als die dreijährige Trauer zu Ende war, da zog sich Yü zugunsten von Schuns Sohn zurück nach der Sonnenstadt18, und alles Volk auf Erden zog ihm nach, wie es früher, als Yau gestorben war, nicht dessen Sohn nachgezogen war, sondern dem Schun.

Yü stellte den Yih vor Gott, siebzehn Jahre; da starb Yü. Als die dreijährige Trauer zu Ende war, da zog sich Yih zugunsten von Yüs Sohn zurück auf die Nordseite des Berges Gi. Aber die zu Hofe gingen und Streitigkeiten zu schlichten hatten, gingen nicht zu Yih, sondern kamen zu Ki, dem Sohne Yüs, indem sie sagten: ›Es ist der Sohn unseres Fürsten.‹ Die Sänger besangen nicht den[142] Yih, sondern den Ki, indem sie sagten: ›Es ist der Sohn unseres Fürsten.‹

Daß Dan Dschu, der Sohn Yaus, seinem Vater nicht gleich war, daß Schuns Sohn ebenfalls seinem Vater nicht gleich war, daß die Zeit, die Schun dem Yau und Yü dem Schun diente, viele Jahre dauerte und so das Volk lange ihres Segens teilhaftig ward, daß auf der andern Seite Ki würdig war und ehrfürchtig in seines Vaters Yü Wegen wandelte, während Yih dem Yü nur wenige Jahre gedient hatte und so das Volk seines Segens nicht lange teilhaftig geworden war, kurz, die verschiedene Dauer, die Schun, Yü und Yih im Dienst ihrer Fürsten standen, und ihrer Söhne Tauglichkeit: das alles kam von Gott; es war nichts, das Menschen hätten machen können. Was ohne menschliches Zutun geschieht, kommt von Gott; was ohne menschliches Betreiben eintrifft, ist sein Wille.

Damit ein Mann aus dem Volk in den Besitz des Weltreichs kommen kann, muß seine geistige Kraft die eines Schun oder Yü sein, und außerdem muß der vorige Herrscher für ihn eintreten: deshalb kam Kung Dsï nicht auf den Thron. Wenn einer das Weltreich von Vätern und Ahnen ererbt hat, so muß er, ehe Gott ihn zugrunde richtet, so schlecht sein wie Giä und Dschou Sin: deshalb kamen Yih, I-Yin und der Fürst von Dschou nicht auf den Thron.

I-Yin half dem Tang, König der Welt zu werden. Als Tang starb, da war sein ältester Sohn Tai-Ding schon tot, ehe er zur Regierung gekommen wäre. Wai-Bing war zwei Jahre, Dschung-Fen vier Jahre Herrscher. Dann kam Tai-Gia, der die Ordnung Tangs in Verwirrung brachte. I-Yin tat ihn in Gewahrsam in Tung drei Jahre lang. Da bereute Tai-Gia seine Fehler. Er bekannte seine Schuld und besserte sich. In Tung ward er beständig in der Liebe und lernte wandeln in der Pflicht; nachdem er drei Jahre auf die Ermahnungen des I-Yin gehört hatte, berief dieser ihn wieder zurück nach der Hauptstadt Bo.

Der Grund, warum der Fürst von Dschou nicht auf den Thron kam, war dasselbe Verhältnis wie das des Yih zum Hause Hia und das des I-Yin zum Hause Yin.

Meister Kung sprach: ›Yau und Schun haben den Thron abgegeben, die Fürsten von Hia, Yin und Dschou haben ihn auf ihre Söhne vererbt. Sie handelten dabei in gleicher Weise ihrer Pflicht entsprechend.‹«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 142-143.
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