5. Verschiedene Gaben und verschiedener Dank

[174] Als Mong Dsï einst in Dsou weilte, hatte ihm der jüngere Bruder des Fürsten von Jen, der für seinen Bruder stellvertretend die Regierung führte, ein Geschenk von Seidenstoffen gemacht. Er hatte es angenommen, ohne es zu erwidern. Ein andermal, als er sich in Ping Lu – einer Grenzstadt von Tsi – aufhielt, hatte ihm Tschu Dsï, der damals Kanzler in Tsi war, auch ein Geschenk[174] von Seidenstoffen gemacht. Auch das hatte er angenommen, ohne es zu erwidern.

Als er später von Dsou nach Jen kam, suchte er den Prinzen von Jen auf; als er dagegen von Ping Lu nach der Hauptstadt von Tsi kam, suchte er den Kanzler nicht auf9.

Da sprach der Jünger Wu-Lu Dsï erfreut: »Da habe ich eine Spalte, durch die ich einen Einblick in des Meisters Art gewinnen kann.«

Er befragte den Mong Dsï und sprach: »Als Ihr nach Jen kamt, Meister, habt Ihr dort den Prinzen von Jen aufgesucht. Als Ihr nach Tsi kamt, da habt Ihr den Kanzler Tschu Dsï nicht aufgesucht. War's, weil er nur ein Kanzler ist?«

Mong Dsï sprach: »Nein. Aber im Buch der Urkunden10 steht geschrieben: ›Bei einem Geschenk kommt das meiste auf die Bezeugung der Achtung an. Wenn diese Achtungserweisung bei dem Geschenk fehlt, so ist's als sei es nicht geschenkt, weil die Gesinnung nicht beim Schenken beteiligt war.‹ Ich habe jenen nicht besucht – weil er nicht fertig geschenkt hat.«

Wu-Lu Dsï war erfreut. Als ihn jemand über die Sache fragte, da sprach er: »Der Prinz von Jen konnte nicht weg, um selbst nach Dsou zu kommen, wohl aber hätte der Kanzler Tschu Dsï nach Ping Lu kommen können.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 174-175.
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