§ 38. Seynsgrund in der Zeit. Arithmetik.

[150] In der Zeit ist jeder Augenblick bedingt durch den vorigen. So einfach ist hier der Grund des Seyns, als Gesetz der Folge; weil die Zeit nur Eine Dimension hat, daher keine Mannigfaltigkeit der Beziehungen in ihr seyn kann. Jeder Augenblick ist bedingt durch den vorigen; nur durch jenen kann man zu diesem gelangen; nur sofern jener war, verflossen ist, ist dieser. Auf diesem Nexus der Theile der Zeit beruht alles Zählen, dessen Worte nur dienen, die einzelnen Schritte der Succession zu markiren; folglich auch die ganze Arithmetik, die durchweg nichts Anderes, als methodische Abkürzungen des Zählens lehrt. Jede Zahl setzt die vorhergehenden als Gründe ihres Seyns voraus: zur Zehn kann ich nur gelangen durch alle vorhergehenden, und bloß vermöge dieser Einsicht in den Seynsgrund weiß ich, daß wo Zehn sind, auch Acht, Sechs, Vier sind.

Quelle:
Arthur Schopenhauer. Zürcher Ausgabe. Werke in zehn Bänden. Band 5, Zürich 1977, S. 150.
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Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde /Über den Willen der Natur