[99] Adhäsion (adhesion; adhérence; aderenza) bezeichnet jene Reibung zwischen den angetriebenen Rädern einer Lokomotive und den Schienen, die das Abrollen der Räder auf den Schienen unter Ausübung einer Zugkraft bewirkt.
Ist die am Umfang der angetriebenen Räder ausgeübte Zugkraft größer als die A., so tritt ein Gleiten der Räder auf den Schienen ein (Rädergleiten, Trommeln oder Umhauen der Triebräder).
Mit Adhäsionskoeffizient oder Reibungswert bezeichnet man das Verhältnis zwischen der größten am Umfang der angetriebenen Räder übertragbaren Zugkraft und dem Schienendruck der angetriebenen Räder (Adhäsionsgewicht, Reibungsgewicht).
Der Adhäsionskoeffizient entspricht demnach der Gleichung
wenn Z die größte am Umfang der Triebräder übertragbare Zugkraft und Q der Schienendruck der angetriebenen Räder in Kilogrammen ist.
Bei Dampflokomotiven ist zu berücksichtigen, daß sich die Zugkraft am Umfang der Triebräder während einer Radumdrehung ändert und dann der mittleren Zugkraft Z eine größte, Zugkraft Z max entspricht. Um ein Gleiten der Triebräder zu verhindern, muß tatsächlich der Reibungswert
vorhanden sein.
Das Verhältnis Z/Z max ändert sich mit der Zahl der Dampfzylinder, mit dem Füllungsgrad, mit den Kurbelwinkeln und mit dem Verhältnis der Kurbelhalbmesser zur Schubstangenlänge.
Bei Bestimmung der größten Reibungszugkraft einer Lokomotive müßte eigentlich das Verhältnis Z/Z max bekannt sein. Man begnügt sich jedoch gewöhnlich mit der Annahme eines mittleren Reibungswertes f, der bei einem Reibungsgewicht Q die Ausübung einer mittleren Zugkraft Z zuläßt, wobei vorausgesetzt ist, daß der für die Übertragung der größten Zugkraft Z max notwendige Reibungswert f max tatsächlich vorhanden ist.
Der Reibungswert ändert sich mit dem Zustand der Radreifen und Schienen in so bedeutendem Maße, daß die Einflüsse der Dampfzylinderzahl, des Füllungsgrades, der Kurbelwinkel und des Verhältnisses zwischen Kurbelhalbmesser und Schubstangenlänge nur selten fühlbar werden. Diese Einflüsse sind überhaupt nur bei geringen Geschwindigkeiten zu beobachten, bei höheren Geschwindigkeiten[99] scheinen sie durch die Massen Wirkungen größtenteils ausgeglichen.
Der Reibungswert ändert sich nach dem Zustand der Radreifen und Schienen etwa zwischen den äußersten Grenzen 0∙08 und 0∙35. Die untere Grenze wird bei fetten oder leicht mit Schnee oder Reif bedeckten Schienen beobachtet. Der Höchstwert kommt bei sehr trockenem Wetter, hoher Temperatur und bestaubten oder besandeten Schienen vor.
Im gewöhnlichen Betrieb wird für f gewöhnlich 0∙1350∙180 angenommen. Für das Befahren langer, anhaltender Steigungen sind geringere Reibungswerte in Betracht zu ziehen. Dagegen kann man bei Lokomotiven, die die größte Zugkraft nur auf kurze Zeit auszuüben haben, den Reibungswert zwischen 0∙1700∙180, ausnahmsweise sogar bis 0∙200 wählen. Dies gilt für das Anfahren und die Oberwindung kurzer Steigungen.
Tunnele, lange, tiefe Einschnitte und Gleisbögen von geringem Halbmesser, für die keine genügende Ermäßigung der Höchststeigung vorgesehen ist, können die nutzbare Reibung bedeutend vermindern.
In Tunnelen wird die nutzbare Reibung hauptsächlich durch einen feinen, kaum sichtbaren Beschlag auf den Schienen vermindert, der dann eintritt, wenn die warme, wasserdampfreiche Außenluft mit den kälteren Schienen in Berührung kommt.
Lokomotiven neuerer Bauart mit leistungsfähigen Kesseln und wirtschaftlichen Maschinen lassen günstigere Reibungswerte zu als ältere Lokomotiven. Es ist möglich, erstere Lokomotiven stärker zu beanspruchen und wirkt ein Gleiten der Triebräder nicht so nachteilig; es ist möglich, mit denselben größere Reibungswerte zu erzwingen.
Verbundlokomotiven geben wegen der größeren Füllungen gleichmäßigere Umfangskräfte und daher auch günstigere Reibungswerte als Zwillingslokomotiven.
Auf Gebirgsbahnen ist der Gebrauch der Sandstreuvorrichtungen selbst über längere Strecken unerläßlich, wenn infolge ungünstiger Witterung oder anderer Zufälligkeiten die nutzbare Reibung unter das gewöhnliche Maß sinkt. Die gewöhnliche Belastung der Züge soll daher so ermittelt werden, daß unter mittleren Verhältnissen der Gebrauch des Sandes unterbleiben kann. Desgleichen wird das Sanden der Schienen auch häufig beim Anfahren notwendig.
Der Reibungswert kann unter diesen Voraussetzungen an Lokomotiven neuerer Bauart im Mittel, wie folgt, angenommen werden:
Auf ungünstigen Strecken gelten die kleineren, auf günstigen die größeren Werte.
In Nordamerika werden die Dampfzylinder der Lokomotiven für sehr große Reibungswerte bestimmt, die bei Personenzugslokomotiven etwa 0∙250, bei Güterzugslokomotiven 0∙235 betragen. Im Betrieb werden dauernd Reibungswerte von 0∙1800∙200 erzielt, die jedoch bei gesteigertem Rädergleiten einen viel größeren Verschleiß von Lokomotive und Gleis voraussetzen als auf den mitteleuropäischen Bahnen.
Auf Straßenbahnen ist infolge Verunreinigung der Schienen der Reibungswert gewöhnlich niedrig. Er darf selten größer als mit 0∙120 bis 0∙135 vorausgesetzt werden.
Die größten Steigungen, die mit einfacher A., d.h. bei Anwendung von glatten Rädern und Schienen noch befahren werden können, betragen je nach dem Reibungswert 100 bis 120‰. Bei der Verwendung von Fahrzeugen, an denen sämtliche Räder angetrieben werden und die Nutzlast am Fahrzeug selbst untergebracht ist, sind solche Steigungen noch möglich und zweckmäßig.
Auf Steigungen von 6570‰ kann die angehängte Last bereits ebenso groß gewählt werden wie das Reibungsgewicht. Unter Umständen ist ein Lokomotivbetrieb möglich. Die steilste Reibungsbahn mit Dampflokomotivbetrieb ist die Ütli-Bergbahn bei Zürich, die größte Steigungen von 70‰ aufweist.
Der Reibungswert wird häufig auch durch eine Ziffer ausgedrückt, die die am Umfang der angetriebenen Räder ausübbare Zugkraft in Kilogrammen für eine Tonne Reibungsgewicht ausdrückt. So entspricht z.B. einem Adhäsionskoeffizienten von 0∙15 der Wert 150 kg/t.
Sanzin.
Buchempfehlung
Beate Heinold lebt seit dem Tode ihres Mannes allein mit ihrem Sohn Hugo in einer Villa am See und versucht, ihn vor möglichen erotischen Abenteuern abzuschirmen. Indes gibt sie selbst dem Werben des jungen Fritz, einem Schulfreund von Hugo, nach und verliert sich zwischen erotischen Wunschvorstellungen, Schuld- und Schamgefühlen.
64 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro