Anliegerbauten

[181] Anliegerbauten sind Bauten in der unmittelbaren Nähe einer bereits bestehenden oder im Bau befindlichen oder auch einer erst geplanten Eisenbahn, deren Trasse endgültig festliegt und die behördliche Genehmigung gefunden hat. Solche Bauten oder ihre Änderungen unterliegen besonderen Vorschriften und Beschränkungen, die den Zweck haben, einerseits die durch den Betrieb einer Eisenbahn entstehende Feuersgefahr tunlichst zu vermeiden und anderseits auch neue Bauanlagen, die den Betrieb oder die Erweiterungsfähigkeit der Bahnanlagen hemmen könnten, zu verhindern.

Im Gebiet größerer Städte wird meist eine geringere Entfernung der A. von der Bahnachse gefordert als bei Bauten außerhalb der Städte, um der Bautätigkeit in der Stadt nicht allzu große Grundflächen zu entziehen.

In Österreich dürfen neue Bauten und Änderungen bestehender Gebäude an der Eisenbahn in dem als feuergefährlich erklärten Bereich der letzteren (Feuerrayon) nur mit Zustimmung der zur Oberaufsicht über den Eisenbahnbetrieb berufenen Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen ausgeführt werden. Diese Behörde ist daher, zwecks Abordnung eines Vertreters neben der als Anlieger und Interessent in Betracht kommenden Eisenbahnunternehmung zu allen Verhandlungen zu laden, die solchen Bauausführungen oder Änderungen vorangehen. Für Preußen ist der Erlaß des Ministers des Innern und der öffentlichen Arbeiten vom 23. Juli 1892, MBl. 351, betreffend Abwendung von Feuersgefahr bei der Errichtung von Gebäuden und bei der Lagerung von Materialien in der Nähe von Eisenbahnen hervorzuheben. In der Schweiz bestehen keine gesetzlichen Baubeschränkungen zu Lasten der Nachbargrundstücke von Eisenbahnen. Würden Beschränkungen oder Bauveränderungen, z.B. Änderungen der Gebäudebedachung, aus Gründen der Bau- oder Feuerpolizei, die Sache der Kantone ist, wegen der Bahnnähe verfügt, so würde das einen Expropriationsfall bilden, um den Grundeigentümer entsprechend entschädigen zu können. In Frankreich ist die Ausführung von Bauten in der Nähe der Bahn durch die Art. 5 bis 10 des Gesetzes vom 15. Juli 1845 bestimmten Bedingungen und Einschränkungen unterworfen.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 181.
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