Anschlußbedienung

[185] Anschlußbedienung. Bezeichnung für das Zustellen und Abholen der Wagen nach und von Anschlußbahnen (s.d.), Privatanschlußbahnen und Industriegleisen. Bei Herstellung einer Anschlußbahn wird vereinbart, in welcher Weise die Bedienung erfolgen soll und bis zu welcher Stelle die Verwaltung, die den Anschluß an ihre Gleise gestattet, den Betrieb der Anschlußbahn[185] übernehmen wird. Je nach den besonderen Verhältnissen beschränkt sie sich darauf, die Wagen in die hierfür angelegten Übergabegleise zu setzen und von dort abzuholen oder sie übernimmt die gesamte Bedienung der Anschlußanlage, also das Heran bringen und Abholen der Wagen bis und von der Entlade- oder Beladestelle. Ob die eine oder andere Bedienungsweise die zweckmäßigere ist, richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Es kommt hierbei in Betracht, ob das Gleis an einen Bahnhof oder an die freie Strecke anschließt, ob die Anschlußanlage so einfach ist, daß die Wagen innerhalb des Anschlusses von Hand verschoben werden können oder ob sie so umfangreich ist, daß der Eigentümer eigene Betriebskraft hierfür stellen kann, ob die Bedienung im engen Zusammenhange steht mit dem Betrieb des Unternehmens, dem der Anschluß dient u.s.w. Bei Anschlußbahnen, die zur gemeinschaftlichen Benutzung für verschiedene Unternehmungen hergestellt werden (städtische oder private Industriebahnen, Hafenbahnen), kann es vorteilhaft sein, einen besonderen Betriebsunternehmer für die A. zu bestellen. Im Gebiet der preußisch-hessischen Staatsbahnen behalten sich diese nach § 15 der »Allgemeinen Bedingungen« u.s.w. das Recht vor, aber, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, übernehmen sie nicht die Verpflichtung, den Betrieb auf dem Anschluß zu führen oder zu überwachen. Die Regel bildet, daß sie die Betriebsführung nicht im ganzen Umfang, sondern nur bis zu den in möglichst geringer Entfernung von der Anschlußweiche herzustellenden Übergabegleisen – ein Gleis für die zuzustellenden, eins für die abzuholenden Wagen und nötigenfalls noch ein drittes Umfahrungsgleis – übernehmen. Sie behalten sich ferner das Recht vor zu verlangen, daß die Wagen zur Erleichterung ihrer Einstellung in die Züge geordnet zurückgegeben werden. Die Zahl der für die A. auszuführenden Fahrten und ihre Zeiten richten sich nach der Lage der Züge, mit denen die Wagen ankommen und abgehen sowie nach den Fristen für die Ent- oder Beladung der Wagen, die kürzer zu sein pflegen als für den öffentlichen Verkehr. In der Regel findet täglich eine 2–3malige Zustellung und Abholung der Wagen statt. Die Gebühren für die A. (Anschlußfrachten) sind für den gesamten Bahnbereich einheitlich festgesetzt. Sie betragen für die Zuführung oder Abholung eines beladenen Wagens bis auf 1 km Entfernung 0∙5 M. Für jedes weitere km wird ein Zuschlag von 0∙2 M. erhoben. Die für die Bewachung, Bedienung und Unterhaltung der baulichen Anlagen der Anschlußbahn entstehenden Kosten werden ebenfalls, soweit sie von der Staatsbahn übernommen sind, nach einheitlichen Sätzen in Rechnung gestellt (§§ 9, 10 und 11 der Allg. Bedingungen). Seit 1902 bestehen in Preußen einheitliche Polizeiverordnungen für die unter das Kleinbahngesetz fallenden Privatanschlußbahnen sowie einheitliche Betriebsvorschriften mit allgemeinen Bestimmungen über die Zuständigkeit der Behörden, den Bau und den Betrieb der Anschlußbahnen. In Österreich wird die A. bei Bahnabzweigungen die auf der Strecke liegen, dann in Grenzstationen, Anschlußstationen mit Nachbarbahnen und auf Industriegleisen durch besondere für jeden einzelnen Fall zu erlassende Dienstvorschriften geregelt. (Art. 139 der Verkehrsvorschriften.)

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 185-186.
Lizenz:
Faksimiles:
185 | 186
Kategorien: