Augenstäbe

[301] Augenstäbe (eye-bars), Flachstäbe, die an den Enden zu dem sog. Auge verbreitert sind, das den zur Verbindung dienenden Gelenkbolzen aufnimmt (Abb. 161). Sie bilden einen wichtigen Bestandteil der mit Bolzenverbindungen konstruierten amerikanischen Fachwerke (s. Eiserne Brücken), indem daselbst die auf Zug beanspruchten Stäbe durchgehends in dieser Art, desgleichen die Zuggurte vorwiegend aus solchen kettenförmig verbundenen A. zusammengesetzt werden. Wichtig ist eine genau gleiche Länge der in einem Gliede vereinigten Stäbe und genaues Passen der Gelenkbolzen, da sich sonst die Spannung nicht gleichmäßig auf die einzelnen Stäbe verteilen würde. Nach den amerikanischen Lieferungsvorschriften soll der Unterschied der Längen, von Mitte zu Mitte des Bolzenloches gemessen, nicht mehr als 0∙4 mm für je 6 m Länge betragen. Die Augen müssen zentrisch gebohrt sein und dem Bolzen nur eben den zu dessen Einbringung nötigen Spielraum (nach den amerikanischen Lieferungsvorschriften bei Bolzen bis 90 mm Durchmesser 0∙5 mm, bei größerem Durchmesser im Maximum 0∙8 mm) gewähren. Die Augen werden entweder geschmiedet oder, wie in allen größeren amerikanischen Brückenbauanstalten, durch Anstauchen mittels hydraulischer Pressen gebildet. Die gepreßten Augen erhalten kreisrunde, die gehämmerten längliche Form. Die Querschnittsfläche des Auges soll, abzüglich des Bolzenloches, das 1∙4–1∙8fache der Querschnittsfläche des Stabes betragen, wenn der Bolzendurchmesser das 2/3 – l∙5fache der Stabbreite ist.

In europäischen Konstruktionen haben A. nur bei den Kettenbrücken Verwendung gefunden, doch lassen die älteren Bauwerke dieser Art mit geschmiedeten, schweißeisernen, meist ungenau gearbeiteten, dünnen Kettenstäben keinen Vergleich mit der amerikanischen Ausführungsweise zu. Von den neueren, nach modernen Konstruktionsprinzipien ausgeführten Kettenbrücken ist die Schwurplatzbrücke in Budapest hervorzuheben, deren Ketten aus 500 mm breiten, 25 mm dicken A. bestehen, bei welchen aber das Auge mangels dafür bestehender Werkstätteneinrichtungen nicht durch Stauchen, sondern in ziemlich kostspieliger Weise durch Fräsen aus der vollen Barrenbreite hergestellt wurden.

Melan.

Abb. 161.
Abb. 161.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 301.
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