Auswandererkontrollstationen

[334] Auswandererkontrollstationen heißen die zur Hintanhaltung einer Einschleppung ansteckender Krankheiten durch ausländische Auswanderer an den Grenzen Deutschlands nach einem Übereinkommen zwischen der Regierung und den deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaften errichteten Untersuchungsstationen.

Zur Weiterreise nach den Hafenplätzen werden von den Kontrollstationen aus nur solche Auswanderer zugelassen, die gesundheitlich unverdächtig befunden wurden, sich im Besitz der zur Reise nötigen Mittel befinden und gegen deren Zulassung in die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem amerikanischen Einwanderungsgesetz kein Hindernis besteht. Um den Zweck dieser Anstalten noch besonders zu sichern, werden beförderungsfähig befundene Auswanderer, wenn der Arzt es für nötig hält, noch vor ihrer Weiterreise gebadet und wird auch deren Gepäck desinfiziert. Die A. sind daher auch mit Bade- und Desinfektionseinrichtungen versehen, besitzen überdies stets ein Lazarett und unterstehen einer strengen staatlichen und ärztlichen Kontrolle.

Als A. fungieren an der Ostgrenze Deutschlands: Bajohren, Eydtkuhnen, Tilsit, Insterburg, Prostken, Illowo, Ottloschin, Thorn, Posen und Ostrowo; in Schlesien: Ratibor und Myslowitz; in Sachsen Leipzig und im Rheinlande Bingerbrück. Außerdem besteht in Ruhleben bei Berlin eine wie die A. an der Grenze eingerichtete größere Anlage, nach der alle jene außer deutschen Auswanderer geleitet werden, denen es gelungen ist, die Grenze verbotswidrig, das heißt ohne Abfertigung in einer A. zu überschreiten. Die Auswanderer haben sich hier den gleichen Untersuchungen wie an der Grenze zu unterziehen und werden dann unter den gleichen Voraussetzungen, wie von den Grenzen, nach den Hafenstädten Hamburg, Bremen, Rotterdam und Antwerpen in besonderen geschlossenen Auswandererzügen bzw. Waggons befördert.

v. Frey.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 334-335.
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