Borstenviehwagen

[461] Borstenviehwagen (Schweine-, Kleinviehtransportwagen) (pork-carriages; wagons pour le transport de cochons; carri per bestiame minuto), gedeckte Spezialwagen, die zunächst zur Versendung lebender Schweine dienen; zu weitgehender Ausnutzung des Laderaums und der Tragfähigkeit werden solche Wagen stets mit zwei übereinander liegenden Abteilungen (als doppelbödige Wagen, Etagewagen), meist auch noch mit einem am Untergestell befestigten Unterkasten ausgeführt (vgl. Abb. 253).

Die lichte Höhe jeder Abteilung (Etage) wird mit etwa 1 m, jene des Unterkastens mit etwa 0∙6 m bemessen.

Die Seiten- und Stirnwände der B. werden wegen der erforderlichen Lüftung mit in der Regel wagerechten Luftschlitzen von 80 bis 120 mm Weite ausgeführt, wobei jedoch die Wände soweit aus dichten Brettern zusammengesetzt oder mit dichten Klappen versehen sind, daß die Tiere gegen Zugluft von unten geschützt sind und das Herausfallen von Kot und Streu verhindert wird; aus dem gleichen Grunde wird neuerdings meist von der Anordnung von Schlitzen in den Fußboden abgesehen.

Die Verschalbretter werden zum Schutz gegen das Abnagen durch die Tiere im Innern des Wagens mit Zink- oder Eisenblech verkleidet. Jede Abteilung sowie der Unterkasten erhalten an den Längsseiten des Wagens eine Schiebetür, die mit den üblichen Haken und Zollverschlußösen versehen ist; außerdem sind häufig Stirntüren angeordnet.

Die Unterkasten dienen entweder zur Verladung von unterwegs erkrankten Tieren oder zur Unterbringung von Futter.

Die Bodenfläche ist in der Regel für jede Abteilung besonders angeschrieben.

Für weitere Beförderungsstrecken, zum Teil auch infolge staatlicher Vorschriften, werden in jeder Abteilung Tränktröge eingestellt; diese sollen, ohne die Wagentüren öffnen zu müssen, gefüllt und gereinigt werden können.

Wenn die Tränktröge ihrem Zweck einigermaßen entsprechen sollen, so müssen sie in genügender Anzahl vorhanden sein. Da sie aber, in den Wagen eingestellt, einen beträchtlichen[461] Teil der Ladefläche beanspruchen, der für die Verladung der Tiere verloren geht, so empfiehlt sich die in Abb. 254 dargestellte Anordnung der Tröge, bei der zwischen den Kastensäulen s längs der Seitenwände eiserne, drehbare Tröge t angebracht sind, die durch Riegel in den beiden gezeichneten Lagen festgehalten werden können.[462]

Die gleichen Wagen werden für die Beförderung von Schafen und anderem Kleinvieh verwendet. Für Geflügel werden die Wagen durch Einlegen von weiteren zwei Zwischenböden vorübergehend eingerichtet.

Im Durchschnitt können auf je 1 m2 Bodenfläche verladen werden:


f.d.St.
6–7 Ferkelmit etwa 20 kg
oder5–6 Frischlingemit etwa 30 kg
oder4 magere Schweinemit etwa 60 kg
oder2 gemästete Schweinemit etwa170 kg
oder4–5 Schafemit etwa 40 kg

Da die Massenbeförderung von Schweinen und anderem Kleinvieh nur in einzelnen Monaten des Jahres stattfindet und derartige B. für andere Beförderungszwecke schwer verwendbar sind, so werden zuweilen auch gewöhnliche gedeckte Güterwagen für solche Sendungen benützt und mit entsprechenden Einrichtungen versehen.

Zu diesem Zweck werden die Schiebetüren in geöffneter Stellung festgemacht und die Türöffnungen mit hölzernen Vorsatzgittern von entsprechender Höhe (etwa 1∙5 m) verschlossen, um das Entspringen der Tiere zu verhüten. Bei längerer Beförderungsdauer werden auch in diese Wagen Tränkevorrichtungen ein gestellt.

Schützenhofer-Cimonetti.

Abb. 253.
Abb. 253.
Abb. 254.
Abb. 254.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 461-463.
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Faksimiles:
461 | 462 | 463
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