Dampfarbeit

[220] Dampfarbeit (work done by the steam; travail de la vapeur; lavoro del vapore), d.i. die Arbeit, die durch Kraftäußerung des Dampfes auf einer bestimmten Weglänge verrichtet wird.

Diese Kraftäußerung geschieht zumeist in Kolbendampfmaschinen, Dampfturbinen, in Pulsometern und Dampfstrahlapparaten sowie in Dampfleitungen. In Dampfgefäßen für Heiz- und Kochzwecke verrichtet der Dampf nur bei unmittelbarer Berührung mit dem Heiz- und Kochgut äußere Arbeit.

Schon bei der Dampfbildung findet eine Überwindung des auf der Wasseroberfläche lastenden Druckes p unter Zunahme des Volumens dv des Dampfes statt, und wird die Arbeit pdv = dL geleistet.

Diese Arbeit ist ein Teil der im Dampfe enthaltenen Wärme, die dem Wasser zugeführt wird und einerseits zur Erhöhung der Temperatur desselben (Zunahme der Schwingungsarbeit der Moleküle = dW) dient (kinetische Energie), anderseits die Umwandlung des Wassers in Dampf (Lockerung der Moleküle = dJ) bewirkt (potentielle Energie) und endlich die obenerwähnte Volumenzunahme unter Druck erzielt, die mit »äußere Arbeit« dL bezeichnet wird.


Nach der Wärmetheorie ist dQKal. = A (dW + dJ + dL), wobei A = 1/427, der Wärmewert einer Arbeitseinheit ist. Da die Arbeitseinheit mit 1 m kg bewertet wird und eine Wärmeeinheit äquivalent ist 427 m kg, so ist 1/A = 427, der Arbeitswert der Wärmeeinheit. Sollen daher Arbeiten als Wärmemengen (Kalorien) ausgedrückt werden, so sind sie mit A, d.i. 1/427 zu multiplizieren. Sollen Wärmemengen als Arbeitswerte ausgedrückt werden, so ist bei den Wärmemengen der Faktor 1/A = 427 vorzusetzen.

Arbeit des Dampfes in Dampfzylindern.

Wenn der im Kessel gebildete Dampf in einen Dampfzylinder eintritt, der mit zurückweichendem belasteten Kolben versehen ist und in diesem Zylinder expandiert, so kann (s. Schüle, Technische Wärmemechanik. Berlin, Jul. Springer, 1909; und Dubbel, Entwerfen und Berechnen der Dampfmaschinen. Berlin, J. Springer, 1907) die in dem Zylinder verrichtete Arbeit des Dampfes in einem Idealdiagramm (Abb. 154) durch Auftragen des Dampfdruckes p als Ordinate und des Volumens v als Abszisse dargestellt werden. (Für das Idealdiagramm wird adiabatische Expansion zu gründe gelegt.)

Es bedeutet dann:

die Fläche a b c d die Volldruckarbeit L,

die Fläche b e f c die Expansionsarbeit L,,

die Fläche e f d g die Gegendrucksarbeit L,,, und die Linie be, bzw. hi die Zustandslinie.

Die Größen dieser 3 Flächen erhalten ihren mathematischen Ausdruck durch nachstehende für 1 kg Dampfgewicht geltenden Formeln:


Dampfarbeit
Dampfarbeit

In diesen Formeln ist

p der Anfangs-, p, der Enddruck des gesättigten Dampfes in kg cm2,

v das Gewicht des Anfangs-,

v, das des Endvolumens des Dampfes f. d. m3,

bei Sattdampf ist v und v, aus den Dampftabellen zu entnehmen,

bei Heißdampf ist


Dampfarbeit

nach Linde,

t ist die Temperatur des überhitzten Dampfes,[220]

k = 0∙135 + 0∙1 x innerhalb der Grenzen von x = 0∙7 bis x = 1,

x = 1 für trockenen Dampf,

k = 1∙3 für Heißdampf unter der Voraussetzung, daß der Dampf am Ende der Expansion noch überhitzt wäre.

Die Gesamtarbeit ist dann:


Dampfarbeit

in m kg, (v1/v) = Σ das Expansionsverhältnis,


Dampfarbeit

in Pferdestärken, da L = 75.60.60 PS = 270000 PS.

Häufig wird bei Berechnungen der Dampfdruck vor und nach der Expansion gegeben und es ist dann


Dampfarbeit

aus welcher Formel sich ohneweiters die Expansionsarbeit des trockenen Sattdampfes mit jener des Heißdampfes vergleichen läßt.

Bei einer Expansion von 10 Atm. abs. auf 0∙5 Atm. abs. ergibt sich beispielsweise für Sattdampf:


Dampfarbeit

für Heißdampf von 400°


Dampfarbeit

Die Expansionsarbeit bei Heißdampf überragt somit unter obigen Annahmen jene des Sattdampfes bei gleichem Dampfgewichte um etwa 11∙6%. Im allgemeinen liegt die Ausdehnungslinie im Idealdiagramm für Heißdampf höher als bei Sattdampf (s. Linie hi in Abb. 154), da das Volumen des Heißdampfes verhältnismäßig größer ist. Beispielsweise ist das Volumen des Heißdampfes von 350° bei


Dampfarbeit

Auch die Gesamtwärme des Heißdampfes von 350° ist größer als jene des Sattdampfes gleicher Spannung und gleichen Gewichtes, wie nachstehende Tabelle zeigt:


Dampfarbeit

Letzteres Verhältnis nimmt aber bei höheren Spannungen ab.

Wird das Verhältnis der für 1 kg Dampf geleisteten idealen D. Lo zu der in 1 kg enthaltenen Wärmemenge betrachtet, so ist dies der thermische Wirkungsgrad ηth; dieser ist


bei Sattdampf


Dampfarbeit

bei Heißdampf


Dampfarbeit

Wenn nun auch Lho5 > Lo und 427 λ < 427 (λ + cp t), so kommt es doch bei höheren Dampfdrücken dahin, daß ηhth < ηsh.

Immer ist es aber vorteilhaft, Heißdampf anzuwenden, da wegen der bedeutend kleineren Wärmeleitungsfähigkeit des Heißdampfes die Wärmeverluste kleiner sind als bei Sattdampf.

1 kg Heißdampf ergibt bei höheren Spannungen etwa 10.000 m kg, bei niederen Spannungen etwa 13.000 m kg mehr D. als 1 kg Sattdampf, und es ist sehr vorteilhaft, höhere Spannungen überhaupt anzuwenden. Von großem Nutzen ist auch die Kondensation, da aus 1 kg Heißdampf etwa 20.000 m kg und aus 1 kg Sattdampf etwa 17.000 m kg mehr Arbeit gewonnen werden kann als bei Auspuff und da beispielsweise bei 5 Atm. eine Besserung der Ausnützung der Wärme bei Kondensation gegen Auspuff um 65% eintritt. Bei 13 Atm. beträgt diese Besserung allerdings nur 36%. In ähnlicher Weise wie die D. im Idealdiagramm (Abb. 154) während der Expansion dargestellt wurde, kann diese auch während eines Kolbenhin- und -herganges betrachtet werden:

In Abb. 155 a ist der Dampfzylinder MN mit seinem Schieber D und der Kolbenscheibe K dargestellt. S0 bedeutet den schädlichen Raum (das ist der Raum zwischen dem Kolben am Ende seines Hubes und dem Zylinderdeckel, einschließlich des Volumens des zugehörigen Einströmkanals [s. Dampfzylinder]; in den Abb. 155 b und c, ist dieses Volumen auf den Kolbenquerschnitt reduziert zu denken), S1 den Kolbenweg während der Volldruckperiode, p1 die Dampfspannung am Ende der Volldruckperiode (Abb. 155 a b), S2 den Kolbenweg vom Beginn bis zum Ende der Expansionsperiode, p2 die Dampfspannung am Ende der Expansionsperiode, S3 den Kolbenweg vom Beginn bis zum Ende des Ausströmens, p3 die Dampfspannung am Ende des Ausströmens, S4 den Kolbenweg während der Kompressions- und der sogenannten Gegendampfperiode p4 die Dampfspannung am Ende der letzteren.

Die absoluten Dampfspannungen sind als Atmosphären von der Vakuumlinie aus nach oben aufgetragen und bedeuten die in Abb. 155 b und c durch 1 gehenden horizontalen Linien die Atmosphären-, und die Linien LL' die Kesselspannungen. Letztere sind immer etwas höher als die Anfangsspannungen im Dampfzylinder.

Die in Abb. 155 a gezeichneten Kolbenwege S sind mit der Abb. 155 b in Obereinstimmung gebracht. Abb. 155 b stellt ein Spannungsdiagramm für Maschinen[221] mit Auspuff ins Freie, Abb. 155 b ein solches für Kondensationsmaschinen dar.

In Abb. 155 a ist der Kolben eben am Ende seines Hubes links angelangt. Der Schieber gleitet nach rechts und hat schon etwas vorgeöffnet, so daß der Dampf auf die Hinterseite des Kolbens gelangen kann. Er tritt nun mit einer Spannung ein, die nach Maßgabe der Dampfverluste und der Drosselung in der Dampfleitung kleiner ist, als die Kesselspannung; diese Spannung sinkt auf dem Kolbenweg S1 wegen der Reibung und Abkühlung des Dampfes in dem engen Einströmungskanal um ein geringes, was im Diagramm durch die bis »Exp« abfallende Linie zum Ausdruck kommt. Während dieser Periode hat der Schieber seinen Weg nach rechts vollendet und ist im Rückkehren begriffen. Der rasche Spannungsabfall kurz vor dem Eintritt der Expansion wird durch das jetzt erfolgende Schließen des Schiebers und die dadurch bewerkstelligte Drosselung des Dampfes hervorgerufen. In dem Zeitpunkt des vollständigen Schieberabschlusses beginnt die Expansion bei der Dampfspannung p1, während derselben sinkt ungefähr der Druck nach dem Gesetz: pv = p1 v1 (v = spezifisches Volumen, Volumen eines Kilogramm Dampfes; p = spezifischer Druck, Druck f. d. Flächeneinheit), bis zum Ende der Expansion, woselbst der Dampf nur mehr die Spannung p2 hat. Der Verlauf der Spannungsabnahme ist durch die aus der Abb. 155 b hervorgehende Zeichnung einer gleichseitigen Hyperbel ersichtlich. In Wirklichkeit ist jedoch der Verlauf dieser Linie, namentlich bei trockenem Dampf, ein anderer, da bei der Dampfexpansion ein Sinken der Temperatur eintritt und daher die gleichseitige Hyperbel die Dampfspannungen etwas zu groß angibt. Richtiger als durch diese Linie würden die Spannungen durch die sogenannte adiabatische Kurve (pvk = konstant, worin k = 1∙135 für trockenen Sattdampf, k = 1∙3 für Heißdampf gilt), die etwas näher an der Abszissenachse liegt, dargestellt.

Aber auch diese Linie gibt kein ganz genaues Bild der Spannungsverminderung.

Einschlägige, mit genügend weit getriebener Expansion abgeführte Indikatorversuche zeigten nämlich im letzten Stück der Expansionslinie größere Spannungen, als selbst die gleichseitige Hyperbel angibt. Man hat früher angenommen, daß diese Erscheinung in Undichtheiten der Schieber ihren Grund habe. Prof. G. Schmidt in Prag hat aber gezeigt, daß diese Erscheinung von dem sogenannten Nachdampfen herrühre, das darin besteht, daß die eine mittlere Temperatur besitzenden Wandungen des Dampfzylinders im stände sind, das sich zu Beginn und während der Dampfexpansion an ihnen niederschlagende Wasser am Ende der Expansion wieder zu verdampfen, weil die mittlere Temperatur des Dampfzylinders höher liegt, als die des Dampfes am Ende seiner Expansionsarbeit.

Wenn nun der Kolben den Weg S2 zurückgelegt hat, so beginnt die Dampfausströmung hinter dem Kolben; der Dampf tritt durch den Einströmungskanal und die innere Höhlung des Schiebers und weiter durch den Ausströmungskanal O ins Freie oder in den Kondensator über. Man hat nun hinter dem Kolben entweder die Spannung der freien Atmosphäre oder des Kondensators. Sind die Dampfkanäle oder die Auspuffweiten nicht genügend groß oder ist die Kondensatorspannung zeitweilig eine höhere, so kann dieser Gegendruck p3 hinter dem Kolben bei Auspuffmaschinen 1∙1–1∙2 Atm., bei Kondensationsmaschinen 0∙2–0∙3 Atm. betragen.

Sobald der Kolbenweg S3 vollendet ist, hört die Dampfausströmung wegen des durch die innere Schieberkante erfolgenden Kanalabschlusses auf. Die noch links vom Kolben im Dampfzylinder befindliche Dampfmenge wird nun durch den Kolben während seines Wegs S4 zusammengedrückt und steigt der Dampfdruck nach der Linie C bis VE, deren Verlauf wieder als gleichseitige Hyperbel zu denken ist, bis zur Größe p4. Nun öffnet der inzwischen durch die Steuerung (s.d.) weiter nach rechts geführte Schieber wieder den Einströmungskanal E, und das Spiel beginnt von neuem. Was von der linken Seite des Kolbens gesagt wurde, gilt auch von der rechten Seite, und wird man sich daher bei jedem Doppelhub zwei mit den Spitzen einander zugekehrte Diagramme vorzustellen haben.

Solche Spannungsdiagramme dienen zur Bestimmung der Ausmaße der Dampfzylinder einer zu entwerfenden Dampfmaschine.

Die tatsächliche D. in bereits bestehenden Dampfzylindern wird durch Indikatoren (s.d.) verzeichnet. Sie ist wesentlich kleiner als die im Idealdiagramm dargestellte Idealarbeit (Lo).

Ihre Fläche wird mittels des Planimeters bestimmt oder nach der Simpsonschen Regel berechnet. Es ergibt sich hieraus die indizierte Dampfarbeit (L1).

Wenn man diese Fläche in ein Rechteck von gleicher Länge verwandelt, so stellt die Höhe dieses Rechteckes (h) die mittlere Dampfspannung (pm) im Dampfzylinder dar.

Nach Umrechnung dieser mittleren Höhe (h) in die mittlere Dampfspannung (pm) und nach Einführung der mittleren Kolbengeschwindigkeit wird die Arbeit für ein cm2 Kolbenfläche in m kg und die indizierte Arbeit L1 in Pferdestärken (PS) ermittelt. Aus dem Verlaufe der Diagrammlinien kann man die Richtigkeit der Dampfverteilung in dem Dampfzylinder oder Fehler des Indikators selbst oder in dessen Anbringung erkennen.

Soll die Expansionskurve einer mit gesättigtem Dampfe arbeitenden Maschine bezüglich der Übereinstimmung ihres Verlaufes mit der gleichseitigen Hyperbel untersucht werden, so empfiehlt sich die Einzeichnung der Dörfelschen Charakteristik (durch Umkehrung der in der Abb. 155 b, c, angedeuteten Konstruktion).[222]

Bei Übereinstimmung ergibt sich eine wagrechte Gerade, bei (infolge Nachverdampfens oder Schieberundichtigkeiten) hochliegender Expansionslinie ergibt sich eine über die wagrechte Gerade hinaufsteigende Kurve.

Bei Verbundmaschinen mit beispielsweise zweistufiger Dampfdehnung werden die Diagramme des Hochdruckzylinders H (Abb. 156) und des Niederdruckzylinders N (Abb. 157) mit entsprechend verzerrtem Maßstabe in eine Figur (Abb. 158) so übertragen, daß die Expansions- und Kompressionskurven in einem bloß durch die Spannungsdifferenzen vor und nach dem Verbinder (Receiver) unterbrochenen Linienzuge liegen und daß (um die jeweiligen Verbinderspannungen sowie beim Hochdruckdiagramm die Spannungen des Frischdampfes zu erreichen) die schädlichen Räume der einzelnen Dampfzylinder vom Nullpunkte des Ordinatensystems aus auf der Abszissenachse aufgetragen werden.

Es stellt dann das vereinigte Diagramm, das wegen leichterer Flächenberechnung in einem größeren Maßstab gezeichnet wird, die D. eines einzigen Zylinders dar, dessen Volumen der Niederdruckzylinder ist, wenn der angewendete Maßstab auf dessen Diagramm bezogen wird. Diese Darstellungsweise nennt man das »Rankinisieren« der Diagramme.

Hätten beispielsweise die Diagramme des Hoch- und Niederdruckzylinders eine Länge von je 79 mm und sei der Druckmaßstab dieser Diagramme:


im Hochdruckzylinderdiagrammfür 1 Atm. = 3 mm
im Niederdruckzylinderdiagrammfür 1 Atm. = 6 mm
im Rankinediagrammfür 1 Atm. = 10 mm

so müssen zur Übertragung der Einzeldiagramme in das Rankinediagramm die Ordinaten des Hochdruckdiagramms mit 10/3, die des Niederdruckdiagramms mit 10/6 multipliziert werden.

Die Diagrammlängen des Hoch- und Niederdruckzylinders teilt man dann in 10 gleiche Teile. Die am aufsteigenden Ast der Kompressionslinie liegende Fläche unterteilt man zur Hälfte oder noch öfter.

Wählt man etwa für das Volumen des Niederdruckzylinders (das als Linie in der Abszissenachse abgetragen wird) die Länge l2 = 120 mm und verlängert man diese Linie um den schädlichen Raum s2, der mit 8% angenommen werden soll, somit um 120 mm × 0∙08 = 9∙6 mm, so sind die Begrenzungsordinaten in der Entfernung 129∙6 mm festgelegt. Wenn nun in dem gewählten Beispiel das Volumen des Hochdruckzylinders 1/3 des Niederdruckzylindervolumens ist und der schädliche Raum des Hochdruckzylinders auch 8% beträgt, so wird das Hochdruckdiagramm 120/3 = 40 mm und der[223] schädliche Raum s1 = 0∙08 × 40 = 3∙2 mm lang. Dieses s1 trägt man nun vom Ursprung O aus auf der Abszissenachse auf, wodurch der Anfang des Hochdruckdiagrammes festgelegt ist.

Durch Unterteilung von l1, und l2 entsprechend der früher bei den Indikatordiagrammen durchgeführten Unterteilung überträgt man nun ins Rankinediagramm die Indikatordiagramme vergrößert auf den Druckmaßstab 1 Atm. = 10 mm. Das Volumen der gleichwertigen ideellen Einzylindermaschine ist in diesem Falle gleich l2 + s2s1 und ihr schädlicher Raum gleich su was in Prozenten des ideellen Hubvolumens


Dampfarbeit

Man sieht daraus, daß man in der Verbundmaschine mit einem sehr kleinen schädlichen Raum zu tun hat.

Bei der Einzylindermaschine liegt aus konstruktiven Gründen die unterste Grenze des schädlichen Raumes ungefähr bei 5%.

Konstruiert man sich nun durch den Punkt des Beginnes der Expansion im Hochdruckdiagramm nach dem in der Abb. 155 b und c angegebenen Verfahren die gleichseitige Hyperbel β е γ, so ergibt sich aus dem Vergleiche der Fläche α β γ δ ο (Diagramm der verlustfreien Maschine) und der Summe der beiden Diagrammflächen (H' + N') der sogenannte Völligkeitsgrad, der durch den Quotienten


Dampfarbeit

dargestellt wird.

Dieser Völligkeitsgrad gestattet den Vergleich mit anderen Maschinen bezüglich der Dampfausnutzung.

Das Verbundsystem ist bei Sattdampf für alle Dampfspannungen vorteilhaft, bei Heißdampfmaschinen beginnt es aber nach Dr. Wilhelm Schmidt in Kassel erst vorteilhaft zu sein bei einer Spannung über 12 Atm.

Nach Schmidts Annahmen benötigt man bei einer

Zwillingsheißdampfmaschine für 1 Std. u. 1 PS:

7 kg Dampf,

Verbundnaßdampfmaschine für 1 Std. u. 1 PS:

9 kg Dampf,

Zwillingsnaßdampfmaschine für 1 Std. u. 1 PS:

11–12 kg Dampf.

Da 1 PS mit 75 m kg für 1 Sek. und mit 3600'' × 75 m kg für 1 Std. gemessen wird, so entsprechen 270000 × 1/427 = 632 W.E. für PS/Std.

Nahezu dieselbe Zahl W.E. erhält man für 1 kg Dampf bei 1 Atm. abs. (100°) aus


99·58W.E. für die Flüssigkeitswärme
497·05W.E. für die innere Verdampfungswärme
40·10 W.E. für die äußere Verdampfungswärme
636·73 W.E.

Es entsprechen also


1 kg Heißdampf: 632/7 W.E. = 90 W.E.,

1 kg Verbundnaßdampf: 632/9 W.E. = 70 W.E.,

1 kg Naßdampf: 632/12 W.E. = 54 W.E.


Die Wertigkeit der D. wäre also


bei Heißdampf mit 90/632 = 0∙142 oder 1∙67,

bei Verbundnaßdampf mit 70/632 = 0∙111 oder 1∙30,

bei Naßdampf mit 54/632 = 0∙085 oder 1∙00


anzunehmen.


Wird das gleiche Anfangsvolumen des arbeitenden Dampfes ins Auge gefaßt, dann ist bei gleich starker Ausdehnung die Arbeit des Heißdampfes kleiner als die des Sattdampfes, weil die Heißdampfadiabate steiler abfällt als die des Sattdampfes und weil daher die darunterliegende Arbeitsfläche bei gemeinsamem Ausgangspunkte kleiner ist. Aus dem Verhältnis zwischen dem Idealdiagramm (Lo) und dem mechanischen Äquivalent der von 1 kg Dampf bei der Verdampfung aufgenommenen Wärme λ ergibt sich der thermische Wirkungsgrad ηth = Lo/427λ, während sich aus dem Verhältnis zwischen dem Idealdiagramm (Lo) und dem durch Indizieren gewonnenen Spannungsdiagramm (Li) der thermodynamische Wirkungsgrad ηg = Li/Lo ergibt.

Von der indizierten Arbeit (Li) wird noch ein Teil zur Überwindung der inneren mechanischen Widerstände der Maschine und des Luftwiderstandes beim Fahren verbraucht. Es verbleibt dann nur eine mechanische Arbeit an der ersten Übertragungswelle (Lm), bei Lokomotiven am Treibradumfang.

Es ist dann Lm/Li = ηm und bei Lokomotiven in Pferdestärken ausgedrückt: ηm = PSm/PS.

Bei Lokomotiven entsprechen den Größen PSm und PSi die Zugkräfte Zm und Zi und die Widerstandsarbeiten Wm und Wi.

Die Differenz WiWm ist also derjenige Widerstand, den die Lokomotive bei ihrer Fahrt (über den Widerstand hinaus, den sie als Fahrzeug ohne jegliches Maschinentriebwerk finden würde), durch vergrößerte D. überwinden muß.

Bei einer ortsfesten Dampfmaschine kann man den mechanischen Wirkungsgrad auch ohne Ermittlung der Nutzleistung feststellen, wenn man die Maschine bei abgenommenem Riemen indiziert und hierdurch die Leerlaufsarbeit Le bestimmt, welche die eigenen Reibungswiderstände ergeben. Es ist dann ηm = LiLe/Li.

Der effektive thermodynamische Wirkungsgrad ist somit:


ηe = ηth ∙ ηg ∙ ηm,


in welchem Ausdruck unter günstigen Verhältnissen


ηth = 0·23, ηg = 0·80, ηm = 0·93


gesetzt werden kann.

Wenn man aber zurückgreift auf die in der Feuerung aufgewendete Wärme und erwägt, daß nur ein Bruchteil derselben im Kessel (Wirkungsgrad des Kessels = ηk) auf den Dampf übertragen wird, daß ferner durch Wärmeleitung und Strahlung ein weiterer Teil der Wärme verloren geht, so sieht man, daß die Dampfmaschine von der im Brennstoff enthaltenen Wärme nur den Bruchteil


ηw = ηk ∙ ηe ∙ ηm ∙ ηg ∙ ηh


in reine Nutzarbeit verwandelt.

ηw wird der wirtschaftliche Wirkungsgrad der Anlage genannt.

Da erfahrungsgemäß ηk ∙ ηe = 0∙75 gesetzt wird, so ist ηw = 0∙75 × 0∙93 × 0∙80 × 0∙23 = 0∙13, wenn alle diese Werte zusammentreffen.

Bei Heißdampfmaschinen hat sich beispielsweise bei


16 Atm. Kesseldruck,

329° Überhitzung,

237 Umdrehungen[224]


4 kg Dampfverbrauch für 1 Std. und PS als Maximum ηw = 0∙173 ergeben (vgl. Dampfverbrauch).

Außer der D., die durch die potentielle Energie des Dampfes in Kolbendampfmaschinen verrichtet wird, kommt noch jene in Betracht, die dem Dampf in Form von lebendiger Kraft innewohnt und »kinetische Energie« oder »Arbeitsvermögen« heißt.

Diese Art D. kommt in den Dampfturbinen, Dampf Strahlapparaten (Ejektoren, Injektoren, Lokomotivblasrohren, Düsen zum Einspritzen von Petroleum in die Lokomotivfeuerungen, zur Rauchverzehrung u.s.w.), ferner bei der Dampfheizung sowie auch in Dampfleitungen, Desinfektionsgefäßen zur Wirkung.

Die in den Pulsometern geleistete Arbeit wird durch Dampfkondensation eingeleitet und durch Dampf und Luft verrichtet. Eine eingehendere Betrachtung der kinetischen D. würde hier zu weit führen; es sei nur angedeutet, daß zu ihrer Berechnung sowie der des dabei erforderlichen Wärmeverbrauches die Thermodynamik und ihre Tabellen dienen.

Insbesondere sind es die Wärmeverluste, die bei diesen Rechnungen eine Rolle spielen, da nach dem II. Hauptsatz der Wärmetheorie die Umwandlung von Wärme in die äquivalente Nutzarbeit technisch unmöglich ist, wenn nicht gleichzeitig eine zusätzliche Wärmemenge aufgewendet wird, die nicht in Arbeit übergeht. Diese Umwandlung von Wärme in Arbeit ist es aber, die bei solchen Arbeitsprozessen in Betracht kommt.

Zu ihrer Berechnung sowie der der zusätzlichen Wärmemengen, die Wärme-, bzw. Arbeitsverluste darstellen, dient die Entropie (S), eine reine (physikalisch nicht vorstellbare) Rechnungsgröße, die von Wärme (Q) und Temperatur (T) abhängig ist und durch die Formel S = ∫ d Q/T ihren Ausdruck erhält.

Über die Anwendung der Dampf- und Entropietabellen sowie der Entropiediagramme vgl. W. Schule »Die technische Wärmemechanik«.

Literatur: Zeuner, Technische Wärmedynamik. Leipzig 1901 u. 1905. – Auerbach, Die Weltherrin und ihre Schatten. G. Fischer, Jena 1902. – Mollier, Neue Tabellen und Diagramme für Wasserdampf. Berlin, Springer, 1906. – K. Walther u. M. Röttinger, Technische Wärmelehre. Göschen, Berlin, Leipzig 1906. – Dubbel, Entwerfen und Berechnen der Dampfmaschinen. Berlin 1907, Springer. – Fritz Kraus, Die Thermodynamik der Dampfmaschinen. Berlin. Springer, 1907. – Hütte, Berlin 1908. – W. Schüle, Technische Wärmedynamik. Berlin 1909, Springer. – Seufert, Versuche an Dampfmaschinen und Dampfkesseln. Berlin, Springer, 1909. – Dr. phil. H. Wort, Der Entropiesatz. Berlin. Springer, 1910.

Wehrenfennig.

Abb. 154.
Abb. 154.
Abb. 155 a., Abb. 155 b., Abb. 155 c.
Abb. 155 a., Abb. 155 b., Abb. 155 c.
Abb. 156.
Abb. 156.
Abb. 157.
Abb. 157.
Abb. 158.
Abb. 158.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 220-225.
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