[233] Dampfläutewerke (steam bell; sonnerie ou timbre à vapeur; soneria a vapore), Glockensignalvorrichtungen an der Lokomotive, die durch Dampf betätigt werden.
Die ursprünglichste, aus Amerika stammende, Form der Läutewerke sind Glocken, die mittels einer Schnur vom Maschinenführer beim Kreuzen von Wegübergängen in Bewegung gesetzt werden. Jede amerikanische Lokomotive besitzt eine solche Glocke. Zum Geben der Glockensignale wird der amerikanische Lokomotivführer durch längs der Bahnlinie aufgestellte; mit einem B (Bell = Glocke) im Gegensatze zu W (Whistle = Pfeife) beschriebene Tafeln aufgefordert.
Mit dem Beginn des Baues von Nebenbahnen, die teils ganz auf öffentlicher Straße liegen, teils unbewachte Wegübergänge zu übersetzen haben, stellte sich auch in Deutschland das Bedürfnis ein, die schrillen, insbesondere die Pferde scheu machenden Dampfpfeifen durch Glocken zu ersetzen. Anfangs wurden für solche Linien bestimmte Lokomotiven mit Handglocken versehen, deren Bedienung jedoch gerade an den gefährlichsten Stellen dem Lokomotivführer bei Handhabung der Bremse u.s.w. hinderlich war. Diesem Übelstande sollten die Läutewerke von Pohl und Schichau (s. ersteres im Organ 1870, S. 38, letzteres ebenda 1883, S. 242) abhelfen. Sie sind im wesentlichen kleine Kolbendampfmaschinen, bei denen der Schwengel einer Glocke an die Kolben gekuppelt ist. Weitaus einfacher ist das Läutewerk von Latowski, bestehend aus einem innerhalb der Glocke angebrachten, durch eine Klappe oben geschlossenen Hohlraum, der durch ein dünnes abschließbares Rohr mit dem Dampfkessel in Verbindung steht. Mit der Klappe elastisch verbunden ist der Schwengel der Glocke, dessen Bewegung da durch erfolgt, daß der in dem Hohlraum an gesammelte Dampf die Klappe hebt und aus strömt. Durch die hierdurch in den Hohlraum eintretende Druckverminderung und eine elastische Hubbegrenzung (Prellvorrichtung) erfolgt ein rasches Schließen der Klappe. Dieses Spiel wiederholt sich durch Nachströmen des Dampfes in den Hohlraum. Die neuere in Abb. 173 dargestellte Bauart dieses Läutewerks unterscheidet sich von der beschriebenen nur dadurch, daß statt der Klappe ein Ventil an gebracht ist, durch das der Dampf in einen äußeren, den inneren Hohlraum umgebenden Raum von ringförmigem Querschnitt abströmt und von da in den Tender oder unter die Maschine geleitet werden kann. Die Läute werke sind in Deutschland für Nebenbahnen im § 36 der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung vom Jahre 1904 vorgeschrieben. Die Bestimmung lautet: »Die Lokomotiven und Triebwagen einer Bahn, auf der Wegübergänge ohne Schranken vorkommen, sind mit einer Läutevorrichtung auszurüsten.«
Gölsdorf.