Dampfschieber

[240] Dampfschieber (steam slide valve; tiroir; cassetto del vapore) im engeren Sinne sind die im Schieberkasten der Dampfzylinder eingebauten Bestandteile, die durch die äußere Steuerung eine hin- und hergehende Bewegung erhalten, und dadurch die sinngemäße Zu- und Abfuhr des Dampfes (Einströmung und Ausströmung oder Verteilung) zur Bewegung des Kolbens bewirken. Diese Schieber werden auch Steuerungsschieber genannt.

Im weiteren Sinne sind D. alle jene Organe, die – hin- und herbewegt – Zufuhr, Absperrung und Regulierung des durch Leitungen strömenden Dampfes bewirken. Man nennt sie Absperrschieber (steam distributors, regulators; [240] regulateurs, distribiteurs de la vapeur; registri).

Die mit entsprechenden Öffnungen versehenen Flächen, auf denen diese beiden Gattungen von Schiebern gleiten, werden Schiebergesicht oder Schieberspiegel genannt.

Je nach der Form der Gleitfläche unterscheidet man im allgemeinen Flachschieber (Abb. 182 und 183) und zylindrische Schieber (Abb. 184 bis 187).

Die Absperrung, der Durchlaß und die Verteilung des Dampfes erfolgt bei beiden Schiebergattungen entweder durch geradliniges Hin- und Hergleiten der Schieber auf dem Schiebergesicht (gerade geführte Schieber) wie in den Abb. 182, 186 und 187, oder durch Drehbewegung (Drehschieber) wie in den Abb. 183, 184 und 185, wobei durch die abschließenden Kanten des Schiebers die Dampfeinlaßkanäle A geöffnet oder geschlossen werden.

A. Steuerungsschieber. Diese führen bei Lokomotiven den in den Schieberkasten eingetretenen Dampf abwechselnd vor oder hinter die Kolben der Dampfzylinder und aus diesen ins Freie oder bei vielen Stabilmaschinen und Schiffsmaschinen in den Kondensator ab. Diese durch die äußere Steuerung betätigte Bewegung geht in der Weise vor sich, daß die äußeren Kanten des in dem Schieberkasten des Dampfzylinders befindlichen Schiebers die Dampfkanäle am Schiebergesicht öffnen oder schließen, je nachdem der Schieber durch die Steuerung nach rechts oder nach links ausgelenkt wird und der abziehende Dampf durch Hohlräume des Schiebers in den eigentlichen Ausströmungskanal gelangen kann.

1. Einzelschieber mit flachem Spiegel (nach der Form des Längsschnittes auch Muschelschieber genannt),

a) mit einfacher Eröffnung.

Ein einfacher Muschelschieber ist in Abb. 188 von außen und in Abb. 189 im Schnitt dargestellt.

Der frische Dampf tritt aus dem Schieberkasten in den Einströmungskanal K1 ein, während der bereits ausgenützte Dampf aus dem Kanal K2 durch die Höhlung H (die Schiebermuschel) in den Ausströmungskanal K3 in der durch die Pfeile angedeuteten Richtung abfließt.

In Abb. 188 und 189 stellt b die Einströmkanalbreite, e die Stegstärke, i die innere Oberdeckung, o die Breite des Ausströmungskanals, l die Kanallänge und S die Schieberstange mit dem Schieberrahmen S1 dar, mittels deren der Schieber hin und her geschoben wird.

Wird der Querschnitt des Schieberkanals bl wie bei Lokomotiven 1/12–1/15 der Kolbenfläche und die Kanallänge l = 0∙65–0∙95 des Durchmessers des Dampfzylinders angenommen, so kann b leicht bestimmt werden. Ferner wird o.l = 1/5–1/8 der Kolbenfläche und die Stegstärke e = 1∙0 + 0∙5 b gemacht. Soll bei der äußersten Lage des Schiebers die freie Öffnung von o = b werden, so ergibt sich bei bekannter Exzentrizität r:


o + e = i + r + b


und


o = i + r + b – e.


Da bei der größten Auslenkung des Schiebers vom Mittel der Ausströmungskanal niemals mit dem Schieberkastenraum in Verbindung treten darf, weil sonst der Dampf aus diesem ins Freie oder in die Verdichtungskammer gelangen würde, so muß, wenn E die äußere Deckung des Schiebers bezeichnet:


E + b + e > r


oder


e > rE b


sein. Die Exzentrizität ist so groß zu machen, daß der Schieber den Kanal ganz öffnet.

Um bei großer Zylinderlänge möglichst kurze Einströmkanäle und geringe schädliche Räume zu erhalten, wendet man bei Stabilmaschinen zuweilen eine Konstruktion an, bei der zwei voneinander getrennte einzelne Muschelschieber mittels einer einzigen Schieberstange bewegt werden (Abb. 190).

Das Bedürfnis, bei schnellgehenden Maschinen ein rasches Öffnen und Schließen der Steuerkanäle ohne Drosselung zu erzielen und eine Verkürzung des Schieberhubes und der Abmessungen des Schiebers zwecks geringerer Schieberreibungsarbeit zu bewirken, hat zum Bau von Schiebern mit Überströmkanälen und

b) mit mehrfachen Eröffnungen geführt:

Als einfachste Form dieses Systemes ist der Tricksche Kanalschieber (Abb. 191 und 191 a) zu nennen, bei dem der Überströmkanal k den Frischdampf auch von der Gegenseite her, u. zw. beim Überschleifen der äußeren Schieberspiegelkanten einläßt.

Wird nämlich der Schieber um den Weg f + g nach links ausgelenkt (Abb. 191), so beginnt der Dampf in den Kanal k, dessen Breite gleich h ist, und aus diesem in den Kanal K1 von der Breite b einzuströmen. Bei weiterer Auslenkung nach links öffnet aber auch die äußere Schieberkante n den unmittelbaren Zutritt des Dampfes aus dem Schieberkasten in den Kanal K1, und es wird hierdurch der Einströmungsquerschnitt entsprechend vergrößert.[241]

Bei diesem Schieber ist die Stegstärke ziemlich groß zu nehmen, damit der Kanal k nie mit der Ausströmung in Verbindung tritt.

Wenn der Trickkanal so erweitert wird, daß er in der Mittellage des Schiebers beide Zylinderkanäle miteinander verbindet, so wirkt er als Oberströmkanal des Dampfes, aus dem Zylinderraum vor dem Kolben zu dem Zylinderraum hinter dem Kolben und kann hierdurch bei Kondensationsmaschinen die Kompression erhöht und die Ausströmung verbessert, bei Auspuffmaschinen dagegen die Kompression ermäßigt werden.

Bei Stabilmaschinen mit kleinen Füllungen wird eine Abart des Trickschen Schiebers, der Trick-Weißsche Schieber (Abb. 192) verwendet, der außer dem Überströmkanal auch noch eine doppelte Eröffnung des Auslaßkanales gestattet.

Eine für größere Dampfzylinder verhältnismäßig kleine Schieberbewegungsarbeit gibt der Hochwaldschieber (Abb. 193) mit drei Einströmungs- und drei Ausströmungsdurchgängen, sowie zwei Durchlässen für die Überströmung, die die Kompression durch Spannungsausgleich regelt.

Mehrfache Eröffnungen gestatten auch die Rahmenschieber (Abb. 194) durch Anwendung der Gegenplatte P.

Um gleichzeitig je zwei Einströmungskanäle mit dem Schieberkasten zu verbinden, verwendet man Gitterschieber, wodurch der Schieberweg auf die Hälfte gebracht wird. Hierher gehört (Abb. 195) der Schieber von Borsig.

Für die Dampfverteilung in zwei Dampfzylindern durch einen gemeinschaftlichen Schieber eignet sich der Hicksche Schieber (Abb. 196). Der Kanal dient hierbei zur Überführung des Dampfes von der Einströmung des einen Zylinders in jene des andern Zylinders.

Der bei großen und schnellgehenden Dampfmaschinen mit hoher Eintrittsspannung aus den Schiebern sich ergebenden bedeutenden Reibungsarbeit kann durch möglichst weit getriebene Entlastung begegnet werden. Die Entlastung geschieht sowohl bei Flachschiebern mit einfacher Ein- und Ausströmung, als auch bei solchen mit mehrfacher Ein- und Ausströmung dadurch, daß der Schieberrücken gegen den von Dampf erfüllten Raum des Schieberkastens abgeschlossen wird. Dabei wird der Schieberrücken oft mit der Atmosphäre oder dem Kondensator in Verbindung gebracht, damit sich über ihm nicht infolge von Undichtheiten der volle Schieberkastendruck herstellen könne. Abb. 197 zeigt einen Entlastungsschieber nach Borries, der bei Lokomotiven zur Anwendung kommt. P ist die genau zum Schieberspiegel parallel gestellte Gegenplatte, auf der der innen aufgeschnittene Ring r (Abb. 198) schleift. Der Ring wird von einem vollen äußeren auf 4 Federn ruhenden Ring r1 umschlossen und durch diesen nach oben gedrückt. Die 4 Federn sind in 4 Ansätze des Schieberkörpers eingesetzt.

Eine ähnliche Art der Entlastung zeigt der Entlastungsring der amerikanischen »Balance- Valve«-Gesellschaft (s. Eisenbahntechnik der Gegenwart, I. Band: Die Lokomotiven, 2. Aufl. S. 289, Abb. 342) und der Richardsonsche Leistenrahmen (Abb. 199 ac).

Der in Abb. 194 dargestellte Schieber ist durch eine mit dem Schiebergesicht fest verbundene Gegenplatte entlastet, aber schwer dicht zu halten.

In Abb. 200 ist als Beispiel einer Kombination von Schieberentlastung und doppelter Eröffnung für Ein- und Auslaß zum Zwecke geringen Kraftverbrauches der bei Schiffsmaschinen angewendete Rennschieber dargestellt.

2. Einzelschieber mit zylindrischem Spiegel (Kolbenschieber).

Die im vorstehenden besprochenen Entlastungen dürfen nur 50–60% des auf die Schieber wirkenden Dampfdruckes erreichen, da bei größerer Entlastung ein Abklappen der Schieber in den Endstellungen bei ausgelegter Steuerung eintreten würde; sie beseitigen die Schieberreibung nur teilweise. Es finden daher die eine völlige Entlastung zulassenden, nicht abklappenden, auch sonst sehr dauerhaften, billig zu unterhaltenden Kolbenschieber immer mehr Anwendung.

Abb. 201 stellt einen Kolbenschieber für Vierzylinder-Naßdampflokomotiven nach Borries dar, der sich durch seine Einfachheit auszeichnet.

Bei Heißdampfmaschinen, bei denen beinahe ausschließlich Kolbenschieber angewendet werden, sind oft die Ringe weggelassen worden. Ein solcher Kolbenschieber ohne Ringe (sog. schwimmender Kolben) ist in Abb. 202 dargestellt. Die Schwierigkeit, diesen so herzustellen, daß er weder der Verreibung ausgesetzt ist, noch in zu hohem Maße dampfdurchlässig wird (welche Schwierigkeit nur von besonders erfahrenen Werkstätten überwunden wird), hat Dr. Schmidt zum Entwurf eines Kolbenschiebers geführt, bei dem ein breiter federnder Ring in Verwendung kommt (Abb. 203 und 204), dessen abgestufte Seitenflächen einerseits an den gleichliegenden Ringflächen des Kolbenkörpers K, anderseits an dem Kolbendeckel D anliegen [243] und der an der Stelle dreier Ringnuten mit mehreren, 5 mm im Durchmesser messenden Löchern versehen ist. Der Ring wird nicht durch den zwischen ihm und dem Kolbenkörper an der Schnittfläche des Ringes eintretenden Dampf, sondern nur durch seine Federkraft an die Gleitfläche angepreßt.

Der auf der Seite der Einströmung E befindliche membranartige Kolbendeckel bewirkt eine leichte Anpressung der abgestuften Ringflächen aneinander und damit die seitliche Abdichtung.

Die Kolbenschieber kanten nicht wie die Flachschieber, geben aber Wasserschlägen nicht nach, weshalb das Wasser gut abzuführen ist und die Zylinderdeckel mit Sicherheitsventilen versehen werden müssen. Auch erfordern sie Luftventile für den Leerlauf der Lokomotiven.

Der Schieberspiegel wird stets in Gestalt einer durchgehenden oder zweier getrennter eingepreßter Büchsen ausgeführt. Die Kanalmündungen, die am Umfange der Büchsen liegen, sind durch eine Anzahl von Stegen unterbrochen, die den Schlitz des Ringes decken. Durch Ansätze am Kolbenkörper und dem Kolbendeckel sind die seitlichen Spalten des Ringes an der Schnittstelle gedeckt.

In neuerer Zeit ist auch bei Schmidtschen Kolbenschiebern der Tricksche Kanal angewendet worden (Abb. 205).

Ein ähnlicher Schieber mit Überströmkanal (Patent Fester) ist auch bei den Heißdampfzwillingslokomotiven der ital. Staatsbahnen (Lokomotivgruppe 640) in Verwendung (s. Ztschr. Lokomotive, November 1909, S. 247).

Bei den Vierzylinderlokomotiven waren bis jetzt immer 2 Kolbenschieber für den Hochdruck- und 2 solche für den Niederdruckzylinder in Anwendung. Um diese Umständlichkeit und die damit verbundenen Dampfverluste zu vermeiden, hat Gölsdorf bei der Vierzylinderlokomotive Serie 210 der österr. Staatsbahnen nur zwei Kolbenschieber angebracht, deren jeder den Eintritt des Frischdampfes in den Hochdruckzylinder, des Expansionsdampfes in den Niederdruckzylinder, sowie den Austritt aus diesem besorgt, wodurch die Steuerungsteile wesentlich verringert worden sind. Abb. 232 zu Art. Dampfzylinder S. 256 zeigt eine Anordnung der gleichen Art bei der 1 F Lokomotive, Serie 100, der österr. Staatsbahnen (gleichfalls Bauart Gölsdorf).

Außer den oben beschriebenen Kolbenschiebern findet sich an Lokomotiven und Stabilmaschinen eine große Zahl von Kolbenschieberkonstruktionen vor, mit schmalen oder breiten federnden Ringen, mit zwei und mehr Ringen an einem Kolbenkörper, die sich je nach ihrer Größe, dem Dampfdruck und der Temperatur, mehr oder weniger bewährt haben.

Das Material der Ringe und der Schiebergleitbüchsen ist gewöhnlich Gußeisen. Die Büchsen sind eingepreßt, so daß sie sich im Betriebe nicht lockern können, aber doch ohne Schwierigkeit herausgenommen werden können.

3. Doppelschieber mit flachem oder zylindrischem Spiegel.

Bei den bisher erwähnten Einzelsteuerungsschiebern lassen sich Änderungen in der Dampfverteilung nur dann vornehmen, wenn der Voreilwinkel und Hub des Exzenters verstellt wird, was durch Exzenterregulatoren geschehen kann. Für mittlere Umlaufzahlen müssen aber diese Regulatoren eine außerordentliche Größe erhalten. Auch würde die bei kleinen Füllungen auftretende große Vorausströmung Arbeitsverluste herbeiführen.

Man wendet daher in solchen Fällen Doppelschieber an, bei denen der auf dem Zylinderspiegel schleifende, die gewöhnliche Dampfverteilung besorgende Verteilungsschieber (der sog. Grundschieber) mit einem oder mehreren Durchlaßkanälen versehen ist, die zur willkürlichen Änderung der Füllung durch einen oder zwei, auf seinem Rücken liegende, von außen verstellbare Schieber (Expansionsschieber) nach Bedarf abgeschlossen werden können. Die Verstellung der abschließenden Kanten der Expansionsschieber geschieht entweder bei hohen Umlaufzahlen durch Exzenterregulatoren oder in gewöhnlichen Fällen durch Hand, bzw. durch den Regulator, wobei die Verstellung der auf dem Rücken des Verteilungsschiebers gleitenden Platten PP1 (Abb. 206) durch Drehung der Expansionsschieberstange, die mit Rechts- und Linksgewinde versehen ist, bewirkt wird, wie bei der Meyerschen Steuerung (Abb. 206) oder wie bei der Farcot-Steuerung, (Abb. 207) durch Drehung eines Evolventenzahnes E, an dessen weiter oder weniger weit vom Mittel abstehende Kanten die beiden rechts und links auf dem Grundschieber liegenden Expansionsplatten anstoßen und verschoben werden. Bei der Auslenkung des Grundschiebers werden diese Schieberplatten durch Anschlagstifte S wieder in die alte Stellung zurückgeschoben.

Eine Abart der Meyer-Steuerung ist die Ridersteuerung, bei der meistens auf dem zylindrisch gestalteten Rücken des Grundschiebers sich der kreisförmig aufgerollte Expansionsschieber bewegt, und bei der die Drehung der Stange um höchstens 60° die [245] nötige Verstellung der im Dreieck liegenden Schieberkanten bewirkt.

In den vorstehenden Fällen umspült der Dampf das ganze Schiebersystem (Einkammersystem), während in Abb. 208, in der eine Ridersteuerung für Heißdampfbetrieb dargestellt ist, der Grund- und Expansionsschieber in getrennten Kammern (Zweikammersystem) laufen und außerdem nach den Zylinderseiten getrennt sind, wodurch sich eine geringe Länge der Einzelschieber ergibt.

Ein Doppelschieber zum Zwecke der Verbesserung im Anfahren – durch Nachfüllung der vom Hauptschieber bereits abgeschlossenen Einlaßkanäle mittels eines in diesem angebrachten besonders gesteuerten Nachfüllschiebers – ist der Lindnersche Schieber, Abb. 209 (s. Organ, XLVI. B., 18. Heft, 1909). Dieser betätigt die Bohrungen m und n in der Weise, daß er bei Deckung des Einlaßkanales durch den Hauptschieber die neue Bohrung m und damit die Zuströmung von Dampf nahezu bis zum Beginne des Dampfaustrittes offen hält, sowie in dem folgenden Dampfverdichtungsabschnitte der Gegendruckseite die andere Bohrung n verschließt und hierdurch die Zuströmung von Frischdampf verhindert.

4. Drehschieber.

Die Anordnung dieser Schieber ist meist eine derartige, daß je ein Schieber den Einlaß, bzw. Auslaß des Dampfes je einer Zylinderseite steuert (Corlißschieber), obwohl auch Anordnungen mit nur einem Schieber oder mit zweien vorkommen. Sie laufen gewöhnlich in unmittelbar am Zylinder oder Zylinderdeckel angegossenem Gehäuse und werden durch Dampfdruck und Feder auf die Gleitfläche angedrückt. Meist werden sie für Mittel- und Niederdrucksteuerungen angewendet, um kleine schädliche Räume zu erhalten. In neuerer Zeit fand der Corlißschieber auch bei Lokomotivsteuerungen Verwendung. Abb. 210 zeigt den Drehschieber der Bauart Joung.

Zu den Steuerungsschiebern gehört auch der bei Vierzylinder-Verbundlokomotiven der Französischen Ostbahn angewendete Drehschieber b (Abb. 211), der beim Anfahren Kesseldampf unmittelbar in den Niederdruckzylinder einläßt und dadurch das Anfahren mit Zwillingswirkung ermöglicht. Bei einer Drehung um etwa 30° wird die Öffnung a geschlossen, während die Öffnung b einen unmittelbaren Auspuff für den Dampf des Hochdruckzylinders freigibt.

B. Absperrschieber für Dampfleitungen sind in den mannigfaltigsten Ausführungen vorhanden.

In Abb. 212 ist ein häufig vorkommender Absperrschieber mit ebener Gleitfläche gezeichnet, der den Dampf in die Dampfheizkörper bei Personenwagen führt und das Kondensationswasser abläßt.

Abb. 213 zeigt einen Drehschieber (sog. Schmetterlingsventil) zu gleichem Zweck. Durch die trapezförmige Öffnung a im Schieber wird bei der gezeichneten Schieberstellung der Dampf in der Richtung des Pfeiles bei b zu dem Heizzylinder geleitet; bei Verdrehung des Schiebers schließt dieser die Einströmung a ab und wird durch die Höhlung im Schieber eine Verbindung des Kanals b mit dem Abflußrohr c hergestellt, durch die der Dampf, bzw. das Verdichtungswasser, aus dem Heizzylinder ins Freie gelangen kann.

Um die Ingangsetzung jener Abschlußschieber zu erleichtern, die nicht zufolge ihrer Form ohnedies schon entlastet sind, oder[246] die nicht eigene Entlastungsvorrichtungen besitzen, werden oft die Gleitflächen so geformt, daß sie nicht der ganzen Fläche nach stetig aufliegen, sondern von unten her einen entsprechenden Gegendruck erhalten, der ihre Belastung vermindert (s. Abb. 183, 184, in denen L die Hohlräume unter den Schieberflächen bezeichnet).

Zu den Dampfabsperrschiebern gehören auch die in den Dampfregulatoren verwendeten Schieber, s. Dampfregulator.

C. Material und Anfertigung der Schieber.

Das Schiebermaterial soll homogen und dicht sein, so daß die Schiebergleitflächen vollkommen rein und glatt hergestellt werden können. Das Material soll keiner raschen Abnutzung unterliegen und auch nicht zu hart sein, damit der Schieberspiegel so wenig als möglich leide.

Die Schieber werden aus Rotmetall (Bronze), Phosphorbronze (durch Phosphorbeigabe von Zinnoxyd gereinigte Bronze), Gußeisen, seltener aus Stahlguß oder Tiegelgußstahl hergestellt.

Auf Bahnen mit nur kurzen Gefällsstrecken werden zuweilen in den Gleitflächen bronzener Schieber Kompositionseingüsse angebracht, da letztere bei Verwendung auf solchen Strecken der Gefahr des Ausschmelzens nicht unterliegen.

Bei geringem Dampfdruck, passender Wahl des Materials und entsprechender Schmierung sind gußeiserne Schieber von außerordentlicher Dauer und sehr zu empfehlen.

Bei höherem Dampfdruck und namentlich bei unreinem Wasser sind sie aber trotz guter Schmierung im allgemeinen sehr leicht Verreibungen ausgesetzt. Man verwendet daher vorzugsweise Rotgußschieber. Nachstehend folgen einige bewährte Zusammensetzungen von Legierungen für Rotgußschieber.


Dampfschieber

Anstatt der unmittelbaren Beigabe von Phosphor kann auch Phosphorbronze oder Phosphorzinn dem Metallbad beigemengt werden. Auf diese Weise wird eine gleichartige, von Oxyden freiere Mischung gewonnen.

Im fertigen Schieber sind die angeführten Zusätze von Zink und Phosphor nicht mehr nachweisbar, da sie bei der Schmelzung verbrennen.

Die Rohabgüsse der Schieber werden vom Sand gereinigt, hierauf nach genauen Schablonen gehobelt und gestoßen oder in neuerer Zeit auch mit Fräsern bearbeitet.

Zuweilen werden die von der groben Haut befreiten Schieber etwas erwärmt und erst nach ihrem Wiedererkalten nochmals überhobelt, um hierdurch etwa vorhandene innere Spannungen zu entfernen.

Es soll hiermit das mit dem Schieber vorzunehmende Abrichten auf der Richtplatte erleichtert und vermieden werden, daß sich die in die Maschine eingelegten Schieber bei der Erwärmung durch den Dampf nachträglich verziehen (windschief werden).

D. Untersuchung der Schieber.

Zur Beurteilung der Notwendigkeit einer neuerlichen Regulierung der Schieberfläche ist vorerst bei geheizter Maschine der Versuch zu machen, ob die Schieber dicht sind, und hierauf weiters noch nachzusehen (solange die Schieber noch am Spiegel liegen), ob sie nicht windschief geworden sind. Nicht windschief gewordene und nur wenig verriebene Schieber werden meist nach Abnahme etwaiger scharfer Kanten ohne weitere Behandlung belassen werden können.

Es ist zweckmäßig, jeden einzulegenden Schieber vorher abzuwägen, die Lappenstärken nachzumessen und die gewonnenen Ziffern nicht nur vorzumerken sondern auch in den Schieber selbst einzuschlagen, um in Verbindung mit den zurückgelegten Lokomotivkilometern einen Anhaltspunkt zur Beurteilung der Güte des Materials und seiner Dauerhaftigkeit zu gewinnen.

Bei vorgeschrittener Abnutzung ist man dann in der Lage, zu beurteilen, wie lange etwa der Schieber ohne Untersuchung noch im Betrieb bleiben könne, und wird man, je nach dem Ergebnis dieser Beobachtungen, noch Lappenstärken bis zu 11 mm zulassen können.

Die Abnutzung der Schieber beträgt bei guten Rotguß-(Bronze-)Schiebern für 1000 Lokomotivkilometer 36–50 g, bei Gußeisenschiebern für 1000 Lokomotivkilometer 2 bis 16 g. Sie ist abhängig von dem Dampfdruck und der hierdurch hervorgerufenen Schieberreibung, von dem zur Speisung verwendeten Wasser, das möglichst wenige mineralische, die Schieberfläche abschmirgelnde Stoffe enthalten soll, und endlich von der Schmierung.[247]

E. Schmierung der Schieber.

Da zur Erhaltung der Schieber eine gute Schmierung wesentlich beiträgt, ist dieser ein besonderes Augenmerk zuzuwenden.

Während man früher bei Lokomotiven meist Einzelöler am Schieberkasten anbrachte, die entweder während des Leerlaufens oder nur unter Dampf schmierten (zu ersteren gehören Keßler-Anschütz-, zu letzteren die Gebauer-Schauwecker-Pallitschek-Schmiervorrichtungen) genügen diese heute nicht mehr und sind solche nur noch bei den älteren, kleineren Lokomotiven im Gebrauche.

Später kamen die Öler von Ramsbotten, von de Limon, Kernaul und der Nathan-Lubrikator, wo kondensierter Kesseldampf das Schmieröl aus dem Ölgefäß verdrängt und in die Schmierröhrchen treibt, am meisten in Verwendung. Bei Lokomotiven mit hohen Dampfspannungen werden jetzt vielfach Schmiervorrichtungen mit Druckkolben angewendet, die das Öl unter die Schieber drücken; angeführt seien die Schmierpressen von Ritter, Bourdon, Michalk und Friedmann (s. Schmiervorrichtungen).

Zur Schieberschmierung wird meistens Rüböl verwendet, bei Heißdampf ein Gemisch aus dickflüssigem Mineralöl und Rüböl, dessen Entflammungspunkt etwa bei 300° liegt.

Die Schieberreibung dürfte geringer sein als man gewöhnlich annimmt, da kein Schieber vollkommen abdichtet und der zwischen die Schiebergleitflächen eintretende Dampf eine Entlastung herbeiführt. Man kann sie im Mittel mit 0∙07 annehmen.

Literatur: Ztschr. dt. Ing. 1896, 1905, 1906, 1907. – Eis. T. d. G. 1903. I. Abschn., 2. Aufl. – C. Leist, Steuerungen der Dampfmaschinen. 2. Aufl., Berlin 1905. – H. Dubbel, Entwerfen und Berechnen der Dampfmaschinen. 2. Aufl., Berlin 1907. – R. Garbe, Die Dampflokomotiven der Gegenwart. Berlin 1907.

Wehrenfennig-Wolf.

Abb. 182.
Abb. 182.
Abb. 183.
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Abb. 184.
Abb. 184.
Abb. 185.
Abb. 185.
Abb. 186.
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Abb. 187.
Abb. 187.
Abb. 188.
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Abb. 189.
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Abb. 190.
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Abb. 191.
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Abb. 191 a.
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Abb. 192.
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Abb. 193.
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Abb. 194.
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Abb. 195.
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Abb. 196.
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Abb. 197.
Abb. 197.
Abb. 198.
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Abb. 199 a.
Abb. 199 a.
Abb. 199 b.
Abb. 199 b.
Abb. 199 c.
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Abb. 200.
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Abb. 201.
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Abb. 202.
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Abb. 203.
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Abb. 204.
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Abb. 205.
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Abb. 206.
Abb. 206.
Abb. 207.
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Abb. 208.
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Abb. 209.
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Abb. 210.
Abb. 210.
Abb. 211.
Abb. 211.
Abb. 212.
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Abb. 213.
Abb. 213.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 240-248.
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