Durchbiegungszeichner

[459] Durchbiegungszeichner (Einsenkungsmesser, Deflektionsmesser) (deflection indicator, indicateur de flexion; misuratore della flessione), Instrumente, die zur Feststellung der Durchbiegung belasteter Träger, insbesondere bei Probebelastungen im Betrieb befindlicher Brücken benutzt werden und um diese Durchbiegungen graphisch aufzunehnen. Es sollen hier aber auch jene Vorrichtungen und Methoden mit angeführt werden, die Durchbiegungen nicht graphisch, sondern durch Ablesen an Meßskalen ergeben.

Diese Vorrichtungen können, wenn von Nonienschiebern, Fühlhebeln u. dgl. (s. Brückenprobe) abgesehen wird, nach den bei ihrer Herstellung maßgebenden Grundsätzen in drei Arten geteilt werden:

1. Die einfachste Vorrichtung zu diesem Zweck ist die Schreibevorrichtung (Schreibapparat), die im Artikel Brückenprobe behandelt ist (s.d.).

Bei einer anderen Vorrichtung der gleichen Art zeichnet ein Stift, dessen Träger an einem Gerüstholz befestigt ist, auf eine glatte, an der zu erprobenden Konstruktion festgemachte, mit Papier überzogene Tafel die Durchbiegung als lotrechten Strich. Ebenso kann auch auf eine an der Brücke befestigte, durch ein Uhrwerk bewegte senkrechte Trommel eine krumme Linie gezeichnet werden, deren Ordinaten die Senkungen des beobachteten Punktes darstellen. Stift und Trommel kommen auch in umgekehrter Befestigungsweise zur Anwendung.

Diesem ähnlich, jedoch wesentlich verbessert, ist der D. von Askenasy (Abb. 327). Er besteht aus einem Bügel A, der an einem entsprechenden Konstruktionsglied des zu beobachtenden Trägers festgeschraubt wird. Auf diesem Bügel ist mittels eines Kugelgelenks eine Messingtrommel a von 10 cm Durchmesser und 9 cm Höhe befestigt, die im Innern ein zehn Minuten lang gleichmäßig gehendes Uhrwerk mit Hemmvorrichtung enthält. Die Messingtrommel ist mit einem Papierstreifen umwickelt, auf dem sich die Durchbiegung des Trägers mittels des durch eine Feder angedrückten Stifts b aufzeichnet, u. zw. nach Abb. 328, wenn das Uhrwerk ausgeschaltet, nach Abb. 329, wenn es in Bewegung gesetzt ist. Der Bügel B, der den an einer Stange c verschiebbaren Stift b trägt, ist an einem von der zu beobachtenden Konstruktion unabhängigen Gegenstand zu befestigen. Die Vorrichtung ist auch zur Aufzeichnung der wagrechten Schwankungen zu benutzen.

2. Die Vorrichtungen der zweiten Art beruhen auf den Gesetzen kommunizierender Gefäße und zeigen ähnliche Einrichtungen[459] wie die Schlauchwagen. Die beiden Glaszylinder sind mit genauen Teilungen versehen, werden gefüllt und senkrecht an den zur Beobachtung gewählten Punkten befestigt. Die Durchbiegung ergibt sich aus den Ablesungen der Höhe des Flüssigkeitsstandes vor, während und nach der Belastung.

3. Bei D. der dritten Art wird ein am Boden mit Gewichten beschwerter und lotrecht gespannter Eisendraht angewendet, der in Verbindung mit anderen Vorrichtungen zur Messung der Durchbiegung benutzt wird. Instrumente dieser Gattung sind die D. von Trau, Klopsch und Fränkel.

Der D. von Fränkel (Abb. 330 und 331) wird mittels des Rahmens A und der beiden Klemmschrauben B an einem passenden Konstruktionsteil befestigt. Die Achse a trägt zwei fest angebrachte Scheiben b und c, von denen die erstere doppelt so groß als die letztere ist. Eine Scheibe d, die im Innern eine in der Richtung des Pfeils wirkende Feder einschließt, ist mittels eines Stahlbands e mit der Scheibe b in Verbindung gebracht, so daß, wenn an dem auf der Scheibe c befestigten Stahlband f ein Zug nach abwärts ausgeübt wird, die Scheibe d der angegebenen Pfeilrichtung entgegengesetzt gedreht wird. Mit dem Stahlband e ist ferner der den Schreibstift g tragende Schlitten h verbunden, wodurch auch dieser die Bewegung des Stahlbands f mitmachen muß. Der an dem versenkten schweren Gegenstand befestigte Stahldraht i wird vor Beginn des Versuchs lotrecht bis zur Klemme k geführt und hier mit dem auf Scheibe f angebrachten Stahlbändchen m verbunden. In der Scheibe l befindet sich eine Spiralfeder, die durch Umdrehen der Kurbel n gespannt wird; der Sperrkegel o verhindert die Rückwärtsbewegung der Feder. Der Draht i kann mittels dieser Vorrichtung in eine Spannung von etwa 5 kg versetzt werden. Hierauf wird das Stahlband f nach abwärts gezogen und mittels der Klemme p am Draht i befestigt, damit sich der Schreibstift g an passender Stelle des durch ein in der Walze q befindliches Uhrwerk getriebenen Papierstreifens r befindet. Der mit dem Rahmen A fest verbundene Stift s beschreibt die Nullinie, der federnde Stift s' dient zum Punktieren gewisser Laststellungen auf dem Diagramm. Walze u enthält den Leerpapiervorrat, t die Anspannfeder; Walze v drückt den Papierstreifen gegen Walze q. Das Belastungsdiagramm, das auf dem mittels des Uhrwerks bewegten Papierstreifen durch Schreibstift g aufgezeichnet wird, ist jenem vom Askenasyschen Apparat gegebenen (Abb. 329) ähnlich, jedoch erscheinen die Durchbiegungsordinaten in doppelter Größe. Der Apparat kann sowohl an lotrechten als auch an wagrechten Teilen der Konstruktion befestigt werden, in welch letzterem Fall der Bügel w mit Scheibe l eine Drehung von 90° nach rechts um die Achse a auszuführen hat und mit Hilfe des Anschlages x an A festzuklemmen ist.

Für Versuche, die längere Zeit beanspruchen, ist auf die Temperaturänderung des Stahldrahts Rücksicht zu nehmen. Zu diesem Zweck wird noch ein Zinkdraht y mit entsprechender Vorrichtung auf Achse a und Scheibe z angebracht, mittels der sich die durch die erwähnten Temperaturänderungen erzeugten Einflüsse gegenseitig aufheben. Die Seitenschwankungen können ebenfalls mit einem gesonderten Apparat aufgezeichnet werden, wenn der Fixpunkt des Drahts seitlich von der zu beobachtenden Konstruktion gewählt wird. Die Neigung des Drahts gegen die Horizontalebene oder die vertikale Trägerebene ist hierbei entsprechend zu berücksichtigen (Zivilingenieur, XXX. Bd., 7. H.).

Weiters wäre eine Vorrichtung zu erwähnen, die von Ingenieur Pfeuffer herrührt und bei der das eigentliche Instrument, aus einer Spiralfeder und einem Lineal bestehend, mittels zweier Klemmen an einer beliebigen Stelle des Drahts befestigt werden kann. Durch die Spiralfeder erhält der Draht die nötige Spannung. Die Einsenkung der Brücke wird auf einem Papierstreifen verzeichnet, der am Lineal befestigt ist und die infolge der Durchbiegung entstehende Verkürzung der Spiralfeder angibt.

Aus Abb. 332 und 333 ist die Anordnung des Instruments am Draht zu entnehmen. Die[460] Enden der aus Stahl hergestellten kräftigen Spiralfeder B sind gelenkartig mit den Schraubenklemmen D verbunden. Das Lineal H, das an der oberen Schraubenklemme durch die auf demselben senkrecht stehende Achse J drehbar angebracht ist, gleitet derart in einer Führung des drehbaren Bleistiftträgers K, daß der Stift L stets in einer zur Achse des Lineals H senkrechten Ebene bleibt. Die Klappe K enthält die Hülse des Stifts und wird durch einen auf zwei Häkchen sitzenden Gummiring leicht gegen das Lineal gezogen. Der Graphitstift kann mittels eines auf der Hülse verstellbaren Ringes vorgeschoben und festgestellt werden.

Ein von der Rolle P sich abwickelnder Streifen Papier wird durch die Klemmen M an dem Lineal befestigt.

Ist die Zwinge Q in entsprechender Weise wagrecht oder senkrecht, entweder mit Hilfe einer Leiter von unten oder, falls dies untunlich, nach dem Abheben einer Diele von oben an der zu erprobenden Konstruktion befestigt, so wird das Gewicht U lotrecht unter der Zwinge fest auf den Boden gestellt oder samt dem mittels des Karabiners V unmittelbar daran befestigten Draht mit Hilfe der Kette und Leine von oben hinabgelassen.

Bei Gewässern mit stärkerer Strömung werden zwei oder mehrere Gewichte so übereinander gestellt, daß die Zacken des oberen Gewichts in die entsprechenden Vertiefungen des unteren eingreifen, sodann mit der Kette umschlungen und versenkt.

Sind dieselben fest gelagert, so wird bei der ersten Art der Anwendung (Abb. 332) der Draht G schlaff hängend mittels der Klemmschraube T festgemacht. Bei Trägern mit Gurtprofilen, an denen die Zwinge Q sich nicht anbringen läßt, wird der Draht mehrmals um den Träger öder Gurt gewunden; bei Holzträgern und Gewölben befestigt man ihn am einfachsten an einem in das Holz oder in eine Gewölbfuge eingeschlagenen starken Nagel.

Nun wird die Vorrichtung immer in der am leichtesten zugänglichen Höhenlage, zuerst mit der oberen Schraubenklemme, an den schlaff hängenden Draht geklemmt und die Schraube D fest angezogen, sodann wird durch Ziehen an dem Griff E der unteren Klemme die Feder B je nach der zu erwartenden Senkung mehr oder weniger gespannt und nun die untere Klemme in der Weise an dem Draht befestigt, daß sich zwischen beiden Klemmen eine lose Drahtschleife bildet.

Sind an den Brücken keine Querkonstruktionen angebracht, so wird der D. mit der Bleistiftklemme nach oben an den Draht geklemmt, samt Draht und Gewicht hinabgelassen, dann durch geringes Aufziehen des Drahts die Feder B entsprechend gespannt und der Draht mittels der Klemme T an der Zwinge befestigt.

Wird nun die Bleistiftklappe K geschlossen und durch ein geringes seitliches Verschieben des Papierstreifens die Stelluug des Bleistifts angezeigt, so verzeichnet der Stift auf dem Papierstreifen die unter der Belastung der Brücke erfolgende Senkung oder Hebung des beobachteten Punkts in ihrer wahren Größe.

Bei der zweiten Art der Anwendung (Abb. 333) wird der Draht G über die hier lotrecht zu stellende Rolle S der Zwinge Q gelegt und die Spule Z frei hängend belassen. Hierauf wird der D., selbstverständlich wieder in der am leichtesten zugänglichen Höhenlage, zuerst mit seiner oberen Klemme an dem herabhängenden Draht, dann nach entsprechender Anspannung der Feder mit seiner unteren Klemme an dem aufsteigenden Draht befestigt. Wird nun die Bleistiftklappe geschlossen und die Brücke belastet, so zeichnet der Stift die Senkung oder Hebung des beobachteten Punkts in doppelter Größe, weil auch bei dieser Anwendung die gespannte Feder die obere Klemme samt Lineal und Papierstreifen stets gegen die untere Klemme, bzw. gegen den mit ihr verbundenen Zeichenstift zieht. Diese Art der Verwendung des Apparats empfiehlt sich also vornehmlich für Konstruktionen mit sehr geringen Senkungen, Brücken von kleinen Spannweiten, Pfeiler u.s.w.[461]

Bei Bauwerken über tiefe und rasch fließende Ströme muß statt der unausführbaren Versenkung der Gewichte auf die Sohle eine Aufhängung der Gewichte über dem Wasserspiegel Platz greifen.

Ein 5 mm starker Telegraphendraht wird bei a und b (Abb. 334) um die festen Auflagerkörper der Träger unverrückbar geschlungen und durch Gewichte Q in seiner Mitte straff gespannt, während der D. an dem von den Gewichten zur Zwinge Q am Untergurt führenden Draht G geklemmt wird (s. Wochenschrift d. österr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1890).

Nowak.

Abb. 327.
Abb. 327.
Abb. 328.
Abb. 328.
Abb. 329.
Abb. 329.
Abb. 330.
Abb. 330.
Abb. 331.
Abb. 331.
Abb. 332.
Abb. 332.
Abb. 333.
Abb. 333.
Abb. 334.
Abb. 334.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 459-462.
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Faksimiles:
459 | 460 | 461 | 462
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