[91] Flächenmessungen, Flächenberechnungen werden entweder unmittelbar auf Grund von Messungszahlen oder auf einem Lageplan ausgeführt. Hierzu kommt noch die in der Ingenieurpraxis auftretende Berechnung der Flächen von Querprofilen.
I. Flächenberechnungen nach Messungszahlen liefern die genauesten Ergebnisse. Bei kleinen, einfachen Figuren sind Dreiecke aus der gemessenen Grundlinie und Höhe, bzw. Vierecke aus einer Diagonale und der Summe zweier Höhen zu berechnen. Bei größeren Figuren liegen die Koordinaten der Eckpunkte entweder aus der Messung selbst oder aus der nach den Messungszahlen bewirkten Berechnung vor. Für die Flächenberechnung gelten folgende Formeln:
1. Dreiecke:
2 F = a h aus Grundlinie und Höhe.
aus den drei Seiten, wenn
2. Trapeze:
2 F = (a + b) h aus den beiden Parallelseiten und der Höhe.
3. Vierecke:
2 F = (h1 + h2) d aus einer Diagonale und den beiden Senkrechten von den übrigen Eckpunkten aus.
4. Vielecke:
2 F = ∑ yi (xi 1 xi + 1)
2 F = ∑ xi (yi + 1 yi 1)
aus den Koordinaten der Eckpunkte.
II. Flächenberechnungen auf einem Plan sind umsoweniger genau, je kleiner der Maßstab des Planes ist. Vor der Berechnung ist der durch Austrocknen erfolgte Papiereingang durch Nachmessen von Linien bekannter Länge festzustellen.
1. Regelmäßige Figuren werden in Dreiecke oder Vierecke zerlegt, für deren Berechnung die erforderlichen Maße mit Zirkel und Transversalmaßstab oder mit einem Anlegemaßstab aus dem Plane zu entnehmen sind. Zur Vereinfachung dieser Arbeit hat man Glastafeln mit Parallelen im Abstand von 2 mm, deren unterste in Millimeter eingeteilt ist, womit man die Grundlinie und halbe Höhe eines Dreiecks unmittelbar für den Maßstab 1 : 1000 ablesen kann.
Für die Berechnung des Flächeninhalts von Dreiecken und Vierecken ist die in Abb. 82 abgebildete Hyperbeltafel sehr bequem, deren einzelne Kurven mit Ziffern versehen sind. Die auf Glas entworfene Tafel wird auf ein Viereck a b c d so aufgelegt, wie es Abb. 82 zeigt. Verschiebt man hierauf die Tafel längs des Lineals, bis C A durch d[91] hindurchgeht, so liest man bei b in der Kurvenschar den Flächeninhalt des Dreiecks a b d ab; eine zweite Parallel Verschiebung der Tafel, nach der C A durch c hindurchgeht, gibt bei b den Flächeninhalt des Dreiecks a b c. Die Bezifferung gilt für einen bestimmten Maßstab, z.B. für 1 : 1000. Für Pläne anderen Maßstabes sind dann die abgelesenen Flächen umzurechnen; man hat demnach für den Maßstab 1 : 2500 die gefundene Fläche mit 6∙25 zu multiplizieren.
2. Unregelmäßige Figuren. Bei kleinen Flächen legt man auf die Figur ein Blatt Pauspapier mit gleichabständigen Parallelen, wodurch die Figur genähert in Trapeze zerlegt wird. Mit dem Zirkel mißt man die Summe der mittleren Längen der Trapeze, die nach Multiplikation mit dem Parallelenabstand den ganzen Flächeninhalt gibt. Dieses Verfahren wird sehr genau, wenn es sich um schmale, langgestreckte Figuren handelt, bei denen die Parallelen möglichst rechtwinklig zur Längsrichtung der Figur zu legen sind.
In große, unregelmäßig begrenzte Figuren zeichnet man ein Vieleck ein, das die Figur nahezu ausfüllt und, in Dreiecke und Vierecke zerlegt, berechnet werden kann. Die schmalen Restflächen ermittelt man nach der vorstehenden Methode.
An Stelle des Pauspapiers benutzt man besser einen Holzrahmen mit ausgespannten Parallelfäden, eine Planimeterharfe.
Das wichtigste Instrument zur Flächenberechnung beliebig begrenzter Figuren ist das von Amsler in Schaffhausen im Jahre 1854 erfundene Polarplanimeter, das in Abb. 83 dargestellt wird. Eine kleine Metallplatte wird auf dem Plan befestigt, um deren Mitte, den Pol des Instruments, sich der Polarm von der Länge p dreht. Mit ihm ist ein zweiter Arm von der Länge f, der Fahrarm, durch ein Scharnier verbunden, dessen Ende den Fahrstift trägt. In der Verlängerung des Fahrarms ist im Abstände q eine Rolle mit dem Radius R angebracht, deren ganze Umdrehungen an einer besonderen Ziffernscheibe angegeben werden, während Tausendstel einer Umdrehung an einem Nonius abzulesen sind.
Das Planimeter wird so aufgestellt, daß der Fahrstift ungefähr in der Mitte der auszumessenden Figur steht und die beiden Arme genähert einen rechten Winkel einschließen. Hierauf verschiebt man den Fahrstift nach einem beliebigen Punkt der Umgrenzungslinie der Figur und liest die Stellung der Rolle ab. Von diesem Punkt ausgehend führt man den Fahrstift auf der Umgrenzungslinie um die ganze Figur herum und liest im Ausgangspunkt wiederum die Rollenstellung ab. Die Anzahl der Rollenumdrehungen beim Umfahren der Figur gibt, multipliziert mit dem Rollenumfang und der Fahrarmlänge, den Flächeninhalt der Figur.
Die Flächenmessung mit dem Planimeter wird nur dann genau, wenn beim Umfahren der Winkel zwischen Polarm und Fahrarm nie sehr spitz oder sehr stumpf wird; größere Figuren sind deshalb besser in mehrere kleinere zu zerlegen.
Bei dem soeben erläuterten Messungsverfahren liegt der Pol außerhalb der Figur. Das Planimeter läßt sich auch verwenden, wenn der Pol innerhalb der Figur liegt, jedoch ist dann zur gefundenen Fläche noch die Fläche eines Kreises mit dem Radius
(vgl. Abb. 83) hinzuzufügen. Es ist dies der Kreis, den man mit dem Fahrstift umfährt, wenn die Rollenebene beständig durch den Pol geht; in Abb. 83 ist die hierzu erforderliche Stellung des Polarms punktiert angedeutet.[92]
Findet die F. auf einem Plan im Maßstabe 1 : m statt, so sind die gefundenen Flächen noch mit m2 zu multiplizieren.
Zur Vereinfachung der Berechnung kann die Meßrolle zusammen mit dem Scharnier auf dem Fahrarm verschoben werden, und regelt man die Fahrarmlänge für jeden Kartenmaßstab derartig, daß die Rollenumdrehungen mit einer runden Zahl zu multiplizieren sind. Auf dem Fahrarm ist meistens eine Einteilung (in Halbmillimeter) vorgesehen, an der man die Einstellung des Schiebers ablesen kann. In der Regel wird dem Planimeter durch den Mechaniker eine Tabelle mitgegeben, in der für verschiedene Kartenmaßstäbe und runde Werte der Multiplikationskonstanten die Einstellungen angegeben sind. Im anderen Falle wird eine regelmäßige, mit Zirkel und Maßstab leicht zu berechnende Figur umfahren und hieraus die Konstante bestimmt.
Die Einstellung läßt sich auch aus der Formel berechnen
worin a und b zwei Koeffizienten sind, während m den Nenner des Maßstabverhältnisses bezeichnet und w (Wert der Noniuseinheit) die Konstante ist, mit der man die Rollenumdrehungen, in Tausendsteln gerechnet, multiplizieren muß, um den Flächeninhalt in m2 zu erhalten. Die beiden Koeffizienten a und b müssen durch Versuchsmessungen bestimmt werden.
Außer dem gewöhnlichen Polarplanimeter benutzt man auch die leistungsfähigeren Kugel- oder Scheibenpolarplanimeter, bei denen die Rolle nicht auf dem Plan, sondern auf einer Kugelfläche oder auf einer ebenen Scheibe läuft.
Bei den Rollplanimetern beschreibt das Scharnier nicht einen Kreis, sondern eine gerade Linie, indem das Instrument auf einem zweirädrigen Wagen befestigt ist. Auch diese Instrumente arbeiten genauer als das gewöhnliche Polarplanimeter, zugleich bieten sie den Vorteil, daß ein Flächenstreifen von beschränkter Breite, aber unbeschränkter Länge umfahren werden kann.
III. Näherungsweise Berechnung des Flächeninhalts aus Querprofilen.
Diese kommt für den Ingenieur namentlich bei Massenberechnungen für herzustellende Erdbauwerke in Betracht. Sie geschieht dann unter Voraussetzung eines gegebenen Normalprofils und wagrechter Gestaltung des Bodens für wechselnde Höhen h nach den Formeln:
1. F1 = b1 h + m1 h2 k1 für Auftrag,
2. F2 = b2 h + m2 h2 + k2 für Abtrag,
worin b1, bzw. b2 die wagrecht in Planiehöhe gemessene Breite des Erdkörpers, m1 und m2 das Neigungsverhältnis der Böschungsfläche im Auftrag, bzw. im Abtrag und k1, bzw. k2 den Inhalt jener Flächenstücke unterhalb der Planumslinie bezeichnet, die zu viel, bzw. noch nicht gerechnet wurden. Will man die Neigung n:1000 des Bodens berücksichtigen, so muß man noch einen Betrag f hinzunehmen, der dem Unterschied der zwischen der wagrechten und geneigten Profillinie eingeschlossenen Dreiecke zu beiden Seiten der Mittellinien entspricht. Er berechnet sich hinreichend genau für Auftragsprofile zu f1 = B1/4 (h2 h1), wenn B1 = b1 + 2m1h die wagrechte Grundlinie des Dammprofils, h1 und h2 die Höhen der beiderseitigen Dreiecke, für die
3.
und folglich
gesetzt werden darf; für Abtragsprofile zu f2 = B2/4 (h4 h3), wenn B2 = b2 + 2 m2 h die obere wagrechte Begrenzung eines Einschnittprofils, h3 und h4 die Höhen der beiderseitigen Dreiecke, nämlich
4.
also
Für die Flächen F1 und F2 sowie deren Zuschläge f1 und f2 rechnet man sich Zahlentabellen innerhalb der vorkommenden Grenzwerte der Auf- und Abtragshöhen sowie der Neigungen des Bodens, wenn man nicht vorzieht, die beiden ersten Gleichungen graphisch darzustellen und die Beträge F1 und F2 linear zu entnehmen. Trägt man sodann diese als Ordinaten im Längenprofil auf, so erhält man das sog. Flächennivellement, dessen mit dem Planimeter zu bestimmender Inhalt die Größe der Auf- und Abtragsmassen liefert.
Für die bei Flächenberechnungen auftretenden vielen Multiplikationen ist das beste Hilfsmittel die Rechenmaschine. In Ermanglung einer Rechenmaschine leisten auch Multiplikationstafeln gute Dienste, von denen genannt seien: A. L. Crelles Rechentafeln, Berlin 1907; H. Zimmermann, Rechentafeln, Berlin 1913; L. Zimmermann, Rechentafeln, Liebenwerda[93] 1906; J. Peters, Neue Rechentafeln für Multiplikation und Division, Berlin 1909; Kühtmanns Rechentafeln, Dresden 1911.
Literatur: W. Jordan, Handbuch der Vermessungskunde. II. Band, 7. Aufl. Stuttgart 1908, worin auch ausführliche Literaturnachweise über Planimeter und Rechenhilfsmittel enthalten sind.
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