[253] Gasanstalten (gas plants; usines à gaz; officine del gas) für Eisenbahnen dienen zur Herstellung von Gas für die Beleuchtung von Zügen und Bahnhöfen.
I. Gasanstalten für Zugbeleuchtung.
A. Gasanstalten für Fettgas. Fettgas (Ölgas) wurde bisher meist in Retortenöfen hergestellt (s. Beleuchtung von Eisenbahnwagen). Neuerdings werden bei größerem Bedarf vielfach stehende Generatoröfen verwendet, die wirtschaftlicher arbeiten. Auch wird durch diese erheblich an Flächenraum gespart.
Der Generatorofen besteht aus dem Vergaser mit der Verbrennungskammer und dem Überhitzer. Beide Vorrichtungen, die mit Schamottesteinen ausgekleidet sind, dienen abwechselnd als Wärmespeicher und als Gaserzeuger. Zum Heizen wird in die Verbrennungskammer durch einen Dampfstrahl Teer eingeführt und dort mit Luft verbrannt. Die dadurch entstehenden heißen Gase werden durch den Vergaser und Überhitzer geleitet, erwärmen die Schamotteauskleidung und gelangen durch einen Schornstein ins Freie. Ist genügend Wärme aufgespeichert, so wird die Teerzufuhr eingestellt und durch eine Zerstäuberdüse Öl in den Vergaser gespritzt. Das sich bildende Gas gelangt durch den Überhitzer und nach Verschluß der Schornsteinklappe durch die Teervorlage, den Wäscher, Kühler und Reiniger in die Gasleitung. Ist der Wärmespeicher erneut zu erhitzen, so wird die Ölzufuhr unterbrochen, das in dem Vergaser und Überhitzer befindliche Gas durch Dampfdruck in die Leitung gedrückt und der Verbrennungskammer, die noch genügend Wärme zur Entzündung des Teers enthält, wiederum Teer, Dampf und Luft zugeführt. Die Reinigung und Verdichtung des erzeugten Gases erfolgt dann in gleicher Weise wie nach der Herstellung in Retortenöfen (s. Beleuchtung der Eisenbahnwagen).
Zur Fettgasherstellung werden Schieferöle, Braunkohlenteeröle und Petroleumrückstände verwendet. Durch größere Mengen Kreosot mehr als 4% wird das Öl für die Vergasung ungeeignet. Der Schwefelgehalt des Öls beträgt 0∙5 bis 1∙5%. Nur der in das Gas übergegangene Schwefelwasserstoff wird bei der Reinigung des Gases von der Reinigungsmasse aufgenommen. Die übrigen Schwefelverbindungen verbleiben im Gase. Der Schwefelgehalt des gereinigten Gases wächst mit der Vergasungswärme.
Bei einwandfreier Vergasung werden 50 bis 60 m3 Gas aus 100 kg Rohöl erzeugt. Die Leuchtkraft beträgt dabei 10 bis 12 N K. Sie ist drei- bis viermal größer als die des Steinkohlengases. Mit zunehmender Vergasungswärme nimmt der Gehalt an schweren Kohlenwasserstoffen und an Methan ab. Es wächst dagegen mit der Wärme der Gehalt an Wasserstoff. Die Leuchtkraft des Gases wird dadurch geringer. Es steigt bei gesteigertem Betrieb die Gasausbeute, die Güte des Gases nimmt dabei jedoch ab.[253]
Der Heizwert des Fettgases beträgt 10.000 bis 12.000 Wärmeeinheiten.
Beim Pressen des Gases auf den Betriebsdruck von 10 bis 12 Atmosphären für die Sammelbehälter wird flüssiger Kohlenwasserstoff ausgeschieden. Dadurch tritt eine Verminderung der Leuchtkraft ein. Um den Kohlenwasserstoff zur unmittelbaren Verwendung als Betriebsstoff für Motore geeignet zu machen, wird er in vielen Gasanstalten durch Verdampfung und Rückkühlung gereinigt.
B. Gasanstalten für Mischgas, d.h. für ein Gemenge aus Fettgas und Azetylen, werden seit Einführung des Gasglühlichts allmählich durch Fettgasanstalten abgelöst.
Bei den Mischgasanstalten erfolgt die Herstellung des Fettgases und des Azetylens unabhängig voneinander. Azetylen wird aus Kalciumkarbid und Wasser, beide in ungefähr gleichen Gewichtsmengen, erzeugt. 1 kg reines Kalziumkarbid ergibt bei 760 mm Druck und 0° C 348∙9 l Azetylen. Die Azetylenanlage besteht aus dem Entwickler, Kühler, Wäscher und Reiniger. Aus diesem gelangt das Gas über den Gasmesser in die Gasbehälterglocke.
Die Preßpumpen für das Gasgemisch saugen getrennt beide Gasarten an, die dann in dem Mischgasmesser zweckmäßig in einer Beimengung von 15 bis 25% Azetylen zum Fettgas gemischt werden. Das Gemenge wird durch die Preßpumpen auf einen Druck von 10 Atmosphären gebracht und in die Sammelbehälter geleitet.
C. Gasanstalten für Azetylen (s. Beleuchtung von Eisenbahnwagen). Das in dem Entwickler hergestellte Azetylengas wird nach mehrfacher Trocknung und Reinigung durch Verdichtungspumpen auf 12 Atmosphären Druck gepreßt. Das gepreßte Gas wird dann in Behälter geführt, die eine mit Azeton gesättigte Holzkohlen- und Zementmasse enthalten. Die gefüllten Behälter werden unmittelbar an die Rohrleitung der zu beleuchtenden Fahrzeuge angebracht. Das Verfahren ist bisher nur versuchsweise bei einigen Bahnen eingeführt worden.
II. Gasanstalten für Bahnhofsbeleuchtung.
Die Neuanlage von bahneigenen Steinkohlengasanstalten ist im allgemeinen nicht mehr wirtschaftlich. Das für die Beleuchtung erforderliche Gas wird zweckmäßig vorhandenen städtischen Werken entnommen.
Für Bahnhöfe mit nicht zu großer Ausdehnung, die nicht im Bereich einer bestehenden Beleuchtungsanlage sind, kann zur Beleuchtung die Anordnung von Luftgasanstalten Benoidgas- und Aerogengasanstalten vorteilhaft sein. Es wird dabei ein Gemenge von Luft mit Dämpfen von leicht siedenden Kohlenwasserstoffen hergestellt.
Für die Benoidgaserzeugung findet als Brennstoff meistens Hexan Verwendung. Der Brennstoff wird über eine große Verdunstungsfläche ausgebreitet und über diese wird durch ein Gebläse eine abgemessene Luftmenge geführt. Das entstandene Gas wird in den Gasbehälter gedrückt, der gleichzeitig als Druckregler dient. Er betätigt mittels Hebels eine Bremse, die das Gebläse zum Stillstand bringt, sobald genügend Gas vorhanden ist. Für das Gebläse genügt meistens ein Gewichtsantrieb. 1 kg Hexan liefert etwa 4 m3 Gas.
Bei der Herstellung von Aerogengas wird Solin in einen luftverdünnten Raum geträufelt, dort verdunstet und mit bestimmten Mengen Luft vermischt. Das Gemenge wird durch eine Schraubenrohrpumpe in die Gasglocke gedrückt. Auch hier wird der Antrieb meistens durch ein Gewichtswerk bewirkt. Die Gaserzeugung regelt sich ebenfalls selbsttätig nach dem Gasverbrauch.
Literatur: Eis. T. d. G. II, 3. Wiesbaden 1899. Landsberg, Glasers Ann. 1910. Nr. 795.
Klein.