Gegendampf

[268] Gegendampf (Gegendampfbremsen) (counterpressure steam; contre vapeur; contro vapore). Wird bei der nach vorwärts fahrenden Lokomotive die Steuerung auf Rückwärtsfahrt gestellt, so wirkt die Lokomotivdampfmaschine als Luftpumpe. Die vom Blasrohr angesaugte Luft wird in den Schieberkasten gedrückt. Um die Erzeugung eines zu großen Druckes im Schieberkasten und in den Einströmrohren zu verhindern, wird der Regler gewöhnlich geöffnet und die Luft in den Kanal gedrückt. Bei diesem Vorgang verzehrt die Lokomotive Arbeit und die damit verbundene Bremswirkung wird beim Anhalten der Züge sowie auf starken Gefällen verwertet.

Das Ansaugen der Luft durch das Blasrohr hat den Nachteil, daß Rauchgase und Ruß in die Zylinder gelangen und diese verunreinigen. Es wird daher bei den G.-Bremsen von Le Châtelier ein Gemisch von Dampf und Wasser in die Ausströmung geleitet, um das Ansaugen der Rauchgase zu verhindern und den Zylinder und Schieber zu kühlen. Das Gemisch von Dampf und Wasser wird durch den geöffneten Regler in den Kessel gedrückt. Die G.-Bremse von Le Châtelier ist an Gebirgslokomotiven, die nicht mit Klotzbremsen an den gekuppelten Rädern versehen sind, vielfach in Verwendung.

Bei einigen Arten von G.-Bremsen wird den Dampfzylindern durch ein eigenes Ventil Außenluft zugeführt, während das Blasrohr geschlossen wird. (G.-Bremsen von Zeh, Krauß, Riggenbach u.s.w.). Der Druck der in die Schieberkasten und in die Einströmrohre gepreßten Luft wird oft bei geschlossenem Regler durch ein federbelastetes, vom Lokomotivführer gehandhabtes Auslaßventil geregelt. Solche Einrichtungen werden als Luftrepressions und Respirationsbremsen bezeichnet. Da jedoch vielfach auch Dampf und Wasser zur Kühlung der Dampfzylinder in diese eingeführt wird, ist die Bezeichnung G.-Bremsen auch auf diese Bauarten ausgedehnt. Um die G.-Bremse dauernd gut regeln zu können, muß die Umsteuerung durch Schraube und Kurbel erfolgen, da die Hebelumsteuerungen großen Kraftaufwand erfordern.

Auf Bahnen mit sehr starken Gefällen (Reibungs- und Zahnstangenbahnen) bilden die G.-Bremsen eine sehr wichtige Einrichtung zur Unterstützung der Klotzbremsen. Vor Einführung der durchgehenden Bremsen kam der G.-Bremse eine noch viel größere Bedeutung zu.

In Notfällen wird beim Anhalten der Züge mitunter vom G. Gebrauch gemacht, wenn die gekuppelten Räder der Lokomotive nicht mit Klotzbremsen versehen sind oder die Wirkung der übrigen Bremsen ungenügend erscheint. Die Anwendung von G. erfordert besondere Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Gewöhnlich ist die gleichzeitige Verwendung der Sandstreuvorrichtungen vorgeschrieben, um ein Rückwärtsdrehen der Triebräder zu verhindern, das die Bremswirkung aufheben würde.

Sanzin.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 268-269.
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