Nivellierinstrumente (-apparate)

[362] Nivellierinstrumente (-apparate) (levels, niveaux, libelli) dienen zur Ausführung geometrischer Nivellements, der genauesten Methode zur Bestimmung von Höhenunterschieden (s. Höhenmessung).

Zur Ausführung des geometrischen Nivellements ist erforderlich:

1. ein N., bei dem die Nivellierebene (scheinbarer Horizont) durch eine entsprechend empfindliche Röhrenlibelle gekennzeichnet und durch die Ziellinie eines Fernrohrs fixiert wird;

2. eine mit Teilung versehene Nivellierlatte, an der, senkrecht gehalten, der Abstand zwischen dem Lattenfußpunkt und dem scheinbaren, Horizont gemessen wird.


I. Nivellierinstrumente.


Auf dem Scheibenstativ S (schematische Darstellung eines N. [Abb. 349]) ist der Untersatz B (Büchse) des N. mittels 3 Fußschrauben F verstellbar gehalten; B gibt das Lager ab für den Vertikalzapfen V; damit in fester Verbindung bzw. in einem Stück hergestellt der Rahmen A, auf dessen horizontalem Teil (Steg) die justierbare Röhrenlibelle L mit der Mittelmarke bei M gelagert ist. Auf den beiden vertikalen Teilen des Rahmens (Träger) ruht das Fernrohr, das in Of die bei f (Fadenkreuz) mindestens in vertikaler Richtung verstellbare Ziellinie liefert. Sind die einzelnen Teile gegenseitig derart gelagert oder justiert, daß bei vertikalstehendem V die Blase auf M einspielt und Of parallel zur Mittelmarkstangente liegt, so wird beim Drehen um V die Ziellinie Of die Nivellierebene beschreiben, wobei die Blasenmitte auf M verbleiben muß. Die bauliche Anordnung zwischen V, L und Fernrohr ist eine höchst mannigfache; die Erläuterung der verschiedenen[362] von einzelnen Firmen ausgeführten Bauarten muß aus Raummangel unterbleiben.

Typische Formen von N.:

a) Instrumente, bei denen V, L und Fernrohr fest (justierbar) miteinander verbunden sind, lassen nur eine allgemeine Wagrechtstellung zu. Die Justierung ist etwas umständlich, doch für geodätische Zwecke völlig ausreichend (Abb. 350).

b) Instrumente, bei denen alle Teile gegeneinander lösbar sind; sie gestatten außer der allgemeinen noch eine besondere Wagrechtstellung durch eine Elevationsschraube nach jeder Richtung und sind einfacher zu justieren. Bei Instrumenten für Fein- (Präzisions-) Nivellements ist am Fernrohr ein Spiegel angebracht, um vom Standort aus das Einspielen der Blasenmitte zu beobachten (Abb. 351).

Justieren des einfachen N. von Form a): Verlangt wird:

1. Mittelmarkstangente soll rechtwinklig zu V sein (wodurch M Spielpunkt des Systems wird).

2. Ziellinie soll parallel zur Mittelmarkstangente sein. In dieser Reihenfolge wird die Untersuchung und Justierung durchgeführt.

Zu 1. Mittels L wird V lotrecht gestellt und hierfür mittels Justierschraube i die Blasenmitte nach M gebracht. Beim Drehen um V muß die Blasenmitte auf M verbleiben.

Zu 2. Im Gelände werden 2 Punkte A und B (Abb. 352) mittels eingeschlagener Pflöcke oder auf andere Weise in einer Entfernung von 100 bis 120 m sicher festgelegt. Für eine Instrumentenstellung I mit gleichen Ziellängen nach A und B (durch Abschreiten bestimmt) werden an der nacheinander in A und B lotrecht aufgehaltenen Latte die Ablesungen am und bm gemacht; bei allen Lattenablesungen muß die Blasenmitte scharf auf M einspielen. Für das justierte Instrument gelten die Gleichungen HA + am = HB + bm; HB + be = HA + ae oder ambm = aebe; ist diese Gleichung nicht erfüllt, so wird mittels der Justierschrauben bei f (Abb. 349351) der Nivellierfaden bei einspielender Blasenmitte an der Latte über A auf die Ablesung ae = (ambm) + be gebracht. Nach diesem Verfahren kann jedes N. justiert werden. Bei einem N. von der Form b läßt sich unter Ausnutzung der Lösbarkeit der einzelnen Teile die Justierung von einem Standpunkt aus durchführen.


II. Nivellierlatten


werden aus Tannenholz 3–4–5 m lang hergestellt (Abb. 353 a, b, c, d). Des leichteren Transports wegen werden sie auch zum Ineinanderschieben (Abb. 353 a) oder zusammenklappbar (Abb. 353 b) eingerichtet. Beim geometrischen Nivellieren kommen nur Latten in Betracht, die eine übersichtliche und sicher ablesbare Felderteilung nach cm besitzen; diese ist entweder einfach oder schachbrettartig.

Bei Feinnivellements kommt eine Felderteilung nach 4 mm in Anwendung, so daß die Summe von 4 Einzellesungen den gemittelten Wert einer Ablesung ergibt. Um eine ruhige Aufstellung zu erwirken, werden an die Latten mitunter 1 oder 2 Seitenstützen angebracht (Abb. 353 e). Zum Schutz der Teilung und[363] zur Versteifung der Latte sind die Querrippen q vorgesehen (Abb. 353 c). Die Latten sind zum Halten mit 1 oder 2 Handgriffen versehen (Abb. 353 d) und tragen an den Enden Eisenschuhe; eine angesetzte Dosen- oder Kreuzlibelle L erleichtert das Lotrechthalten der Latte. Obwohl eine Teilung v in aa ausreicht, werden Wendelatten mit Teilungen v und w in aa bzw. bb mit Vorteil angewendet, sowohl zum Schutz gegen grobe Ablesungsfehler, als auch zur Steigerung der Genauigkeit. Die Teilung v ist gegen die Teilung w um ein konstantes Stück (bei Abb. 353 c um 3∙035 m) verschoben (z.B. ist für Ablesung hh: v = 1∙643; w = 4∙678; ∆ = 3∙035). Da nur Höhenunterschiede bestimmt werden, ist bei Benutzung einer Latte die Höhenlage des Teilungsnullpunktes ohne Einfluß.

Die Latten werden zweckmäßig in Wechselpunkten auf Unterlagsplatten U aufgesetzt, d. s. Gußeisenstücke (Gewicht etwa 4 kg), die in 3 Spitzen oder Dornen auslaufen, unrein Festhalten am Boden zu bewirken; in den halbkugelförmigen Dorn d paßt eine im Lattenschuh angebrachte Aushöhlung, wodurch die Latte leicht und sicher gewendet werden kann (Handring zum Tragen der Platte).

Justieren der Latte. Mit Hilfe des Vertikalfadens im Fadenkreuz des horizontal gestellten und rektifizierten N. oder mittels des Senkelfadens stellt man die Latte gesichert senkrecht und bringt für diese Lattenstellung die Libelle L mittels der Korrektionsschrauben auf die Mittelmarke zum Einspielen. Vor Beginn eines jeden Arbeitsabschnitts ist sowohl das N., als auch die Latte zu justieren.

Über die Nivelliermethoden s. Höhenmessung.

Literatur: Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Bd. II, 8. Aufl. von O. Eggert. Stuttgart 1914. – Hartner, Hand- und Lehrbuch der niederen Geodäsie, Bd. II, 9. Aufl. von Doležal. Wien 1904. – Hammer, Lehrbuch der elementaren praktischen Geometrie, Bd. I, Leipzig-Berlin 1911.

Abb. 349.
Abb. 349.
Abb. 350.
Abb. 350.
Abb. 351.
Abb. 351.
Abb. 352.
Abb. 352.
Abb. 353 a–e.
Abb. 353 a–e.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 362-364.
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362 | 363 | 364
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