Schienenbiegevorrichtungen

[322] Schienenbiegevorrichtungen (rail benders; apparails à cintrer les rails; apparecchi per curvare le rotaie) haben den Zweck, den in Gleiskrümmungen einzubauenden Schienen die eine dauernd gute Lage verbürgende gebogene Form zu geben. Nur für Bögen mit großen Halbmessern ist das besondere Biegen der Schienen dann entbehrlich, wenn sie sich ohne Zwang und lediglich unter Wirkung der durch ihr Gewicht auf ihrer Unterlage erzeugten Reibung in die gewollte, stetige Krümmungslinie einfügen lassen. In schärfere Krümmungen beim Befestigen gezwängte Schienen, die keine Gestaltsänderung durch künstliche Krümmung erfahren haben, werden für die Gleisunterhaltung stete Quellen von Richtungsverbesserungen des Gleises bleiben, weil mit Nachlassen der Reibung infolge Lockerung der Schienenbefestigungen beim Älterwerden des Gleises die den Schienen innewohnende Elastizität die ursprünglich gerade Richtung der Schienen wieder herzustellen bestrebt ist. Nur wenn bei schärferen Krümmungen die Bogengestalt der Schiene durch Überschreitung der Elastizitätsgrenze mittels besonderen Vorgangs erzwungen wurde und über ihre ganze Länge stetig verläuft, wird eine dauernd gute Lage des mit ihr hergestellten Gleisstückes möglich sein. Das mangels einer Schienenbiegeeinrichtung auf der Baustelle manchmal geübte Krummwerfen oder Krummtreten wird stets schädliche Materialüberanstrengungen hervorrufen und kann auch die Bildung von Haarrissen als Grundursache zu Schienenbrüchen zur Folge haben.

Das mehr oder weniger scharfe Anlaufen der Fahrzeuge an dem äußeren Schienenstrange eines Gleisbogens ist abhängig vom Krümmungshalbmesser jeder Gleisstelle und die stärkere oder schwächere seitliche Abnutzung der Außenschiene daselbst ebenfalls. Für das ruhige Durchfahren eines Gleisbogens ist daher seine stetig gleiche Krümmung bei sachgemäß hergestelltem Übergang aus der geraden Linie in den Bogen die Hauptbedingung. Eine bisher zu wenig beachtete Ursache des Nichtvorhandenseins dieser letztgenannten guten Eigenschaft einer Gleiskrümmung besteht außer in dem Nichtbiegen der Schienen in der Anwendung gerader, kräftiger, langer Laschen an den Stößen gebogener Schienen. Ihre scharfe Verschraubung schaltet kurze, gerade Gleisstücke in den Bogen ein und hebt den Wert der Krümmungsgleichheit wieder auf. Ein entsprechendes Biegen der Laschen schafft hier Abhilfe.

Die Anforderungen, die an die Einrichtungen zur Erzielung der Schienenkrümmung gestellt werden müssen, sind, neben der Zuverlässigkeit, eine gleichartig durchlaufende Krümmung zu erhalten, die gute Transportfähigkeit nach den Baustellen und ihre leichte Handhabung daselbst. Die älteren derartigen Geräte, z.B. die Köhlersche und die Preßler-Thomaßsche Schienenbiegebank, entsprachen dieser Bedingung nicht voll, da sie Knicke in den Stützpunkten (s. Abb. 189) hervorriefen. Diese Biegebänke sind in der Neuzeit verdrängt durch den Schrabetzschen Schienenkrümmer (Abb. 190 ac), der leichter zu befördern und zu gebrauchen ist, wenn er auch grundsätzlich ein gewisses Nachbiegen der Schienenenden durch die einfache Schraubzwinge (Abb. 191) oder die Lüderssche Schienenbiege (Abb. 192) nicht ausschließt. Die Handhabung und Wirkungsweise des Schrabetz-Krümmers, der eine außerordentliche Verbreitung gefunden hat, geht ohneweiters aus den Abb. 190 ac hervor.

Zum Biegen der Schienen für Bögen mit kleinen und kleinsten Halbmessern (in letzterem[322] Fall im warmen Zustand) sind die Dreiwalzenbiegemaschinen die geeignetsten. Diese Maschinen, in verschiedener Form und für Hand- und Motorbetrieb eingerichtet in Verwendung, besitzen gegenwärtig eine erhebliche Vollkommenheit, haben ihr Vorbild in der 1864 von Etzel beim Bau der Semmeringbahn erdachten Dreiwalzenbiegemaschine. Eine der ersten, verbesserten dieser Art, deren Wirkungsweise ebenfalls aus der Abb. 193 ersichtlich ist, ist die von Vojacek.

Der Grundgedanke bei allen solchen Maschinen ist der, den Schienen beim Durchgang zwischen 3 verstellbaren Walzen, für die die Stichhöhe x und die Sehnenlänge y (Abb. 194) verändert werden kann, die gewünschte Krümmung zu geben.

Die Kosten der Biegung einer Schiene belaufen sich auf 0∙4–1∙2 M.

Scheibe.

Abb. 189.
Abb. 189.
Abb. 190 a.
Abb. 190 a.
Abb. 190 b.
Abb. 190 b.
Abb. 190 c.
Abb. 190 c.
Abb. 191.
Abb. 191.
Abb. 192.
Abb. 192.
Abb. 193.
Abb. 193.
Abb. 194.
Abb. 194.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 322-323.
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322 | 323
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