Slipfahrt

[72] Slipfahrt, Kunstfahrt, englischer Verschub (switching off a vehicle; lancement d'une partie d'un train sur an changement de voie; spinta di una parte di un treno in un binario biforcato o deviato), eine Verschubbewegung, bei der die am Schluß laufenden Wagen während der Fahrt abgehängt und vom Fahrgleis der vorauffahrenden Fahrzeuge abgelenkt werden. Dieses sog. »Abschneppern« von Wagen erfordert besondere Geschicklichkeit. Nachdem die Lokomotive den Wagenzug in Bewegung gebracht hat, verzögert sie in gewisser Entfernung vor der Abzweigungsweiche die Fahrgeschwindigkeit und verursacht hierdurch ein Auflaufen der Wagen und eine Lockerung der Kupplungen, die sodann durch einen Verschieber vom Wagen aus gelöst werden. Die Lokomotive erhöht jetzt ihre Fahrgeschwindigkeit, während die abgehängten Wagen mit geringerer Fahrgeschwindigkeit folgen. Die zwischen den vorangefahrenen und den abgehängten Fahrzeugen entstehende Lücke wird nun zur Umstellung der Ablenkungsweiche benutzt, so daß die abgehängten Wagen einen andern Weg einschlagen als die voraufgefahrenen. Das Abkuppeln während der Fahrt und das Umstellen der Weiche zwischen den bewegten Fahrzeugen lassen sich mit den heute für die Sicherheit des Betriebs getroffenen Anordnungen und den geltenden Vorschriften nicht vereinbaren. Das Abschneppern von Wagen kann deshalb nur unter ganz einfachen Betriebsverhältnissen beim Vorhandensein von Fahrzeugen, deren Kupplungen vom Wagen aus ohne Gefahr für den Verschieber gelöst werden können, sowie bei Bedienung der Weichen von Hand und auch dann nur bei Gleisanlagen von derartiger Einschränkung, daß die Verschublokomotive den Wagenzug nicht umfahren kann, zugelassen werden. Bei den Verwaltungen mit geordneten Einrichtungen für die Abwicklung des Zug- und Verschiebe verkehrs sind Slip- oder Kunstfahrten nicht gebräuchlich und auch nicht gestattet (s. Slipwagen).

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 72.
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