Spitzenverschluß

[107] Spitzenverschluß (point lock; verrou de calage pour aiguilles; chiusura di punta dello scambio), eine mit dem Weichenantrieb verbundene Vorrichtung, die den festen Anschluß der anliegenden Weichenzunge an die Backenschiene sichert.

Der S. soll auffahrbar sein, d.h. beim Aufschneiden einer Weiche (s.d.) soll der Verschluß der anliegenden Zunge ohne Beschädigung gelöst werden. Das wird dadurch erreicht, daß die Weichenzungen nicht starr miteinander verbunden werden, sondern jede Zunge unabhängig von der andern eine gewisse Bewegung ausführen kann. Beim Umstellen oder Auffahren der Weiche bewegt sich zunächst die abliegende Zunge nach der Backenschiene hin; die anliegende Zunge behält inzwischen ihre Lage noch bei, aber ihr Verschluß wird aufgehoben. Erst wenn dieser völlig beseitigt ist, folgt sie der Bewegung der abliegenden Zunge und fängt an, sich von der Backenschiene zu entfernen. Bei dem weiteren Umstellen bewegen sich dann beide Zungen gleichmäßig, bis die früher abliegende Zunge zum Anliegen an der Backenschiene kommt. Im letzten Teil der Umstellbewegung wird diese nun anliegende Zunge verschlossen, während die früher anliegende sich bis zu dem vorgeschriebenen Maß von ihrer Backenschiene entfernt. Bei den preußischen Bahnen beträgt diese Entfernung 140 mm.

Die Festlegung der anliegenden Zunge durch den S. erfolgt entweder dadurch, daß die Zunge gegen einen festen Punkt abgestützt wird, oder dadurch, daß sie durch einen Haken mit einem an der Backenschiene angebrachten Verschlußstück verklammert wird. Man unterscheidet hiernach S. mit Abstützung und S. mit äußerer Verklammerung.

Zu der ersteren zählt der in Abb. 116 dargestellte S. der Maschinenfabrik Bruchsal, die zuerst einen einwandfreien auffahrbaren S. gebaut hat.

Mit jeder der beiden Weichenzungen ist ein Stempel a verbunden, der mit dem einen Ende den Fuß der Weichenzunge umfaßt und an dem andern Ende in dem trapezförmigen Gelenk b beweglich gelagert ist. Der mit der anliegenden Zunge verbundene Stempel stützt sich in der Ruhelage mit einem Röllchen gegen das Verschlußstück c des auf der Weichenschwelle befestigten Bockes d ab. Das Gelenk b ist durch die Stange e mit dem Weichenantrieb verbunden. Wird die Weiche umgelegt, so bewegt die Stange e das Gelenk. Die abliegende Zunge folgt ohne[107] weiteres dieser Bewegung und nähert sich ihrer Backenschiene. Der mit der anliegenden Zunge verbundene Stempel dreht sich zunächst um den Bolzen am Zungenkloben, während das Röllchen an seinem andern Ende auf der gekrümmten Abstützfläche nach vorne gleitet. Die anliegende Zunge behält dabei ihre Lage bei. Erst wenn das Röllchen so weit nach vorn gelangt ist, daß es seine Abstützung verliert, beginnt auch die anliegende Zunge sich zu bewegen. Bei der weiteren Bewegung erreicht das Röllchen des zweiten Stempels die Abstützfläche und verschließt nun die inzwischen zum Anliegen gekommene, früher abliegende Zunge. Wenn ein vollkommener Zungenschluß durch diese Art des S. erreicht werden soll, muß dafür gesorgt werden, daß die vorschriftsmäßige Spurweite an der Weichenspitze möglichst genau[108] erhalten wird. S. mit Abstützung der vorbeschriebenen Art werden auf den süddeutschen Bahnen fast ausschließlich verwendet. Auf den preußischen Staatseisenbahnen ist das sog. Hakenschloß (s.d.) eingeführt. Es stellt einen S. mit äußerer Verklammerung dar. Seine neueste Ausführungsform zeigt Abb. 117. Die beiden Verschlußhaken a und die Stange b bilden eine gelenkartige Verbindung der Weichenzungen. Die Verschlußhaken sind mit dem einen Schenkel in dem Zungenkloben c, mit dem andern in der Verbindungsstange drehbar gelagert. Der vordere Teil des Hakens umfaßt in der Grundstellung an der anliegenden Zunge das an die Backenschiene angenietete Verschlußstück d, an der abliegenden Zunge ruht er auf der unteren Platte dieses Verschlußstücks. Zur Verhütung des Durchhängens der ganzen Vorrichtung dient der Unterstützungskloben e. Der Anschlag f unter dem Haken legt sich beim Umstellen der Weiche entweder gegen den Haken g des Unterstützungsklobens oder gegen seine Anschlagfläche h an der Weichenzunge und begrenzt dadurch die Bewegung des Hakenschlosses. Beim Auffahren der Weiche bewegt sich zunächst nur die abliegende Zunge nach ihrer Backenschiene hin, während an der anliegenden Zunge der Verschlußhaken sich so weit dreht, daß der Verschluß dieser Zunge aufgehoben wird. Erst wenn das geschehen ist, folgt die anliegende Zunge der Bewegung der andern Zunge. Das Auffahren der Weiche vollzieht sich auf diese Weise ohne Zerstörung einzelner Teile des Verschlusses oder der Weiche (s. Hakenschloß).

Hoogen.

Abb. 116.
Abb. 116.
Abb. 117.
Abb. 117.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 107-109.
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107 | 108 | 109
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