Wagenbauanstalten

[238] Wagenbauanstalten (carriage and waggon works; ateliers des wagons; officine dei veicoli). Im Gegensatz zu Frankreich, England und Nordamerika befassen sich die Eisenbahnen der anderen Länder gewöhnlich nicht mit der Neuherstellung von Wagen in größerem Umfang und decken ihren Bedarf an neuen Wagen gewöhnlich in privaten W.

Die ersten deutschen Eisenbahnen sowie von den österreichischen Bahnen die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn, bezogen ursprünglich zumeist englische und belgische Musterwagen, nach denen sie die erforderlichen Wagen in inländischen Stellmacherwerkstätten oder auch in ihren eigenen Bahnwerkstätten herstellen ließen. Auf diese Weise entstanden die ersten deutschen W. von Reifert & Comp. in Bockenheim (1838), Pauwels & Talbot in Aachen (1838), W. der Leipzig-Dresdener Eisenbahn (1838), Rauff in Berlin (1839), Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn (österreichische Staatsbahn) in Wien (1840), Zoller & Pflug in Berlin (1842) u.s.w., von denen W. einige, z.T. unter geänderter Firma, heute noch bestehen. Sie deckten seinerzeit nicht nur den Bedarf für die deutschen und österreichischen Bahnen vollständig, sondern sie waren in der Lage, auch noch Lieferungen für ausländische Bahnen (Rußland, Schweiz u.s.w.) zu übernehmen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Eisenbahnen in anderen Ländern machte sich in der Folge auch dort das Bestreben nach Unabhängigkeit von auswärtigen Lieferanten mehr und mehr durch Errichtung heimischer W. geltend. Den älteren W. verdankt der Wagenbau mannigfache Verbesserungen.


W. in Deutschland:


Insgesamt bestehen gegen 80 Werke mit etwa 65.000 Arbeitern. Zum erheblichen Teil sind es Nachkriegsgründungen und sehr vielfach aus Reparaturwerkstätten hervorgegangen und letztere größtenteils nur ganz geringfügigen Umfangs. Zahl der vor dem Krieg bestehenden Werke etwa 50.


Die bedeutendsten Fabriken sind:

Linke-Hofmann-Werke A.-G., Breslau und Köln, J.P. Goosens, Lochner & Co., Brand b. Aachen, Konzern; Gust. Talbot & Co. m.b.H., Aachen; Van der Zypen & Charlier, Köln-Deutz; Gotha Waggonfabrik A.-G., Gotha; Hannoversche Waggonfabrik A.-G., Hannover; Waggonfabrik A.-G, Ürdingen a. Rh.; Maschinenfabrik-A.-G., vorm. Busch, Bautzen; Wegmann & Co., Cassel; Gebr. Crede, Cassel; Waggon- und Maschinenbau A.-G, Görlitz; Waggonfabrik Fuchs A.-G., Heidelberg; Düsseldorfer Eisenbahnbedarf A.-G., Düsseldorf; Gebr. Schöndorf, Düsseldorf (im Kriege enstanden); Rheinmetall, Düsseldorf-Derendorf (nach dem Kriege entstanden); Eisenbahn-Verkehrsmittel A.-G., Wismar; Orenstein & Koppel A.-G, Berlin; Sächsische Waggonfabrik A.-G, Werdau; Waggonfabrik Gebr. Castell, Mainz; Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg in Nürnberg und Gustavsburg; Waggonfabrik Ratgeber A.-G, München; Dessauer Waggonfabrik, Dessau; Maschinenfabrik Eßlingen, Eßlingen; Waggonfabrik A.-G., Rastatt; Gottfr. Lindner A.-G, Ammendorf; Deutsch-Luxemburgsche Bergwerks- und Hütten-A.-G., Abt. Dortmunder Union, Dortmund; Gewerkschaft Thyssenhütte, Bruckhausen; Friedrich Krupp, Essen (nach dem Krieg entstanden); Bochumer Verein, Bochum; Königs- und Laurahütte, Laurahütte.


W. in anderen Ländern:


Österreich: Grazer Waggon- und Maschinenfabrik A.-G, vorm. Johann Weitzer, Graz und Wien; Maschinen- und Waggonfabrik A.-G., Simmering und Brünn, Verwaltung Wien.

Tschecho-Slowakei: Ringhoffer A.-G., Smichow in Prag; Staudinger Waggonfabrik, Stauding; Nesselsdorfer Wagenbaufabrikgesellschaft, Wien.

Ungarn: Johann Weitzer, Maschinen-, Waggonfabrik und Eisengießerei A.-G, Arad, Verwaltung Budapest; Ganz & Co., Danubius Maschinen-, Waggon- und Schiffbau A.-G., Budapest; Schlick-Nicholson, Maschinen-, Waggon und Schiffbau A.-G., Budapest; Ungarische Waggon- und Maschinenfabrik A.-G., Györ-Raab.

Schweiz: Schweizerische Industriegesellschaft, Neuhausen b. Basel; Schweizerische Waggonfabrik A.-G., Schlieren bei Zürich.

Dänemark: Vognfabriken Scandia Kommanditselskabet Brunn, Randers.[238]

Frankreich: Sté. des Forges & Ateliers de Construction Mallisard-Taza, Anzin; Etablissements Baudet & Donon, Argenteuil; Les Ateliers de Construction du Nord de la France et Nicaise et Delcuve, Blanc Misseron; Garde, Fils & Co., Bordeaux; Schneider & Co., Le Creusot; Sté. Française de Constructions Mécaniques (Anciennement Sté. Cail), Denain Nord; Etablissements Arbel, Douai; Co. Française de Matériel des Chemins de fer, Ivry-Fort (Seine); Co. de Fives-Lille, Lille et Givors; Sté. Lorraine des Anciens Etablissements Dietrich & Co., Lunéville und Thionville (Elsaß); Sté. Horme & Buire (Chantiers de la Buite), Lyon; S.A. des Usines & Fonderies Baume & Marpent, Marpent Nord; Usines de Tillent près Maubeuge, Maubeuge-Nord; S.A. Franco-Belge pour la Construction de Machines & de matériel de Chemins de fer, Raismes.

Belgien: Aciéries Forges & Laminoirs d'Utrecht, Bruxelles; Ateliers du Centre, Leval-Trahegnies; Les Ateliers Métallurgiques, Bruxelles; Usines de Braine-le-Comte, Braine-le-Comte; Baume & Marpent, Haine St. Pierre; Forges, Usines & Fonderies de Haine St. Pierre, Haine St. Pierre; Ateliers de Constructions de Hal S.A., Hal; Usines Ragheno S.A., Malines; La Brugeoise et Nicaise et Delcuve, St. Michel-lez-Bruges; Ateliers Germain S.A., Monceau s/Sambre; Les Ateliers du Roeulx S.A. Neovelle, Le Roeulx.

Holland: Nederlandsche Fabriek van Werktuigen & Spoorwegmaterial, Amsterdam J.J. Beyners, Haarlem.

Italien: Officine Bolognesi, Bologna; S.A. Costruzioni Ferroviarie & Meccanische, Florenz; A. Nobili & Co., Bologna; Officine Napoletane per Materiale Ferroviario & Tramviario, Neapel, und andere.

Polen: Maschinen- und Waggonfabrik O. Paulus, Posen; Dilpop Rau & Löwenstein A.-G., Warschau; A.-G. »Waggon« Waggonfabrik, Ostrowo; »Parowos« A.-G., Warschau.

Litauen: N.F. Rekosch, Maschinenfabrik »Minerva«, Kowno.

Lettland: Russ.-Baltische Waggonfabrik A.-G., Riga; A.-G. Phönix, Waggon- und Maschinenfabrik, Riga.

Estland: A.-G. »Dwigatel«, Waggonfabrik, Reval.

Schweden: Aktiebolaget Arlöfs Mek. Werkstad & Waggonfabrik, Arlöf; Aktiebolaget Svenska Järnsvägsverk.-städerna, Linköpink; Helsingborgs Mek. Verstad, Helsingborg; Kockums Mek. Verstad Aktiebolag, Malmö; Landskrona Nya Mek. Verstad Aktiebolag, Landskrona; Ljunggrens Verkstads Aktiebolag, Kristianstad; J.C. Pertersen Gjuteri & Mek. Verkstad, Trelleborg; Vagn & Maskinfabrik Aktiebolag, Falun.

Spanien: Sociedad Espanola de Constructiones Metalicas, Madrid y Béasein; Lladro & Compania, Valencia; Garde y Escoriaza, Saragosa (Zaragosa); Sociedad Material para Ferrocarriles, Barcelona Ancha.

Rußland: Jekaterinoslawer Eisenbahn- und Stahlgießereifabrik, Jekaterinoslaw; Toltzker Stahlgießerei und mechanische Fabrik A.-G., Station Drushowka, Südbahn; A.-G. der Briansker Werke, Rjeshitza bei Bolwa; Radizki Waggonfabrik, Station Radiza, Malzowsche Eisenbahn; Gesellschaft der Putilowschen Werke, St. Petersburg; A.-G. der St. Petersburger Waggonfabrik, St. Petersburg; Jushno-Uralskoje Metallurg.-Ges., Ust-Katawski-Sawod Ufimski Gouv.; W. Roeshel, Maschinenfabrik, Odessa; Gesellschaft für Schiff- und Maschinenbau und Gießerei, Nikolajew, Verwaltung in St. Petersburg.

England: Ashbury Railway Carriage and Iron, Openshaw, Manchester; Bristol Wagon and Carriage Works limited, Laurence Hill, Bristol; Brown Marshalls and Co., limited, Saltley, Birmingham Lancaster Wagon, Lancaster; Lincoln Wagon and Engine limited, Lincoln; Midland Railway Carriage and Wagon limited, Birmingham und Shrewsbury; North Central Wagon, Rotherham; Oldbury Railway Carriage and Wagon limited in Oldbury bei Birmingham; Western Wagon and Property limited, East Moors, Cardiff; Glasgow Rolling Stock and Plant Works, Motherwell.

Amerika: Barney & Smith Manufacturing Company, Dayton, Ohio; Harlan & Hollingsworth Company, Wilmington, Delaware; Jackson & Sharp Company, Wilmington, Delaware; Michigan Car Co., Detroit, Michigan; Peninsular Car Works, Detroit, Michigan; Pullman Car Co. in Pullman bei Chicago; Wagner Palace Car Co. in Buffalo; Wells & French Co., Chicago.


Die W. in den einzelnen Ländern haben sich vielfach zum Schutz ihrer Interessen in Verbänden vereinigt. Einer der ältesten und bekanntesten dieser Verbände ist die »Master Car Builder Association« (s.d.) in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die sich um die einheitliche Ausbildung der Wagen der dortigen Eisenbahnen große Verdienste erworben hat.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 238-239.
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