Weissenbach

[322] Weissenbach, Placid, der erste Präsident der Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen, hat bei der Verstaatlichung der 5 schweizerischen Hauptbahnen einen hervorragenden Einfluß ausgeübt. Wurde am 29. März 1841 in Bremgarten (Aargau) geboren und starb am 7. September 1914 in Aarau. Nach Verlassen des aargauischen Gymnasiums besuchte er die Universitäten von Heidelberg, München und Berlin, bestand 1862 das aargauische Staatsexamen und ließ sich nach einem dreimonatigen Aufenthalt in Paris in Bremgarten als Anwalt nieder. 1868 wurde er in den Großen Rat des Kantons gewählt, dessen Vorsitz er 1872 führte, und im gleichen Jahre in den schweizerischen Nationalrat. Schon damals nahm er an aargauischen Eisenbahnbestrebungen warmen Anteil. In 1874 trat er jedoch von seinen bisherigen politischen Stellungen zurück, um als Generalsekretär der Schweizerischen Zentralbahn in Basel in den Dienst dieser Gesellschaft zu treten. 1879 rückte er zum Mitglied des Direktoriums vor, dessen Vorsitz er von 1888 bis 1896 führte. Gleichzeitig wurde er in Basel Mitglied und 1890 Präsident des Großen Rates. In diesen Stellungen hatte er Gelegenheit, sich mit allen Verhältnissen der schweizerischen Hauptbahnen vertraut zu machen, ohne die Berührung mit dem politischen Leben zu verlieren; dies befähigte ihn, als er 1897 als administrativer Direktor des Eisenbahndepartements in den Dienst des Bundes trat, besonders zu dem Erfolg der damals (s. Schweizer Eisenbahnen) wieder aufgenommenen Verstaatlichungsaktion wesentlich beizutragen. W. war Verfasser des Entwurfes der Verstaatlichungsbotschaft. Bei der Durchführung der Verstaatlichung leistete W. dem Bunde die größten Dienste.

Es war deshalb gegeben, daß er in der erstgewählten Generaldirektion den Vorsitz erhielt, den er bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1911 innehatte. W. war auch literarisch hervorragend tätig. Im Arch. f. Ebw. erschienen von ihm 1898 eine Darstellung der Entwicklung der Eisenbahnfrage in der Schweiz, 1904 und 1905 eine solche über die Durchführung der Verstaatlichung und 1912 über den Abschluß der Verstaatlichung der Hauptbahnen und 10 Jahre Staatsbetrieb. 1913/1914 erschien sein Werk »Die Eisenbahnen der Schweiz« und endlich in seinem Todesjahr die Lebensgeschichte seines Vaters, zu dessen hundertjährigem Geburtstag. Diese Schrift enthält zugleich eine Familiengeschichte und läßt seinen eigenen Charakter, seine Arbeitskraft und seine idealen vaterländischen Ziele verstehen.

Dietler.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 322-323.
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