Böhlau, Hermann

[71] Böhlau, Hermann. Hermann Böhlau, geb. 1726 in Halle, gest. 1900 in Weimar, kaufte 1853 die Hof-Buchdruckerei in Weimar. Das Gründungsjahr dieser alten Offizin wird in das Jahr 1624 verlegt, in welchem Jahre sie durch Herzog Johann Ernst zu Weimar in einem Hause nahe am Schlosse aufgestellt wurde, nachdem sie vorher[71] als ein Teil der gemeinschaftlich von den Herzogtümern Weimar und Anhalt in Köthen geführten Druckerei abgetrennt war. Am 11. Dezember 1623 wurde der Buchdrucker und Buchbinder Johann Weischner als fürstlicher Faktor verpflichtet, aber schon nach zwei Jahren wurde die Verwaltung der Druckerei in »einen ewigen Pacht« verwandelt. Dem Nachfolger Weichners, Kaspar Freyschmidt, wurde am 16. 2. 1658 durch Kaufbrief der Kammer des Herzogtums die Druckerei um die Summe von 400 Gulden als freies Eigentum übergeben. Zwar waren noch mancherlei Einschränkungen mit der Uebernahme verbunden; so wurde Freyschmidt verpflichtet, die Offizin nie aus Weimar zu verlegen, alle Patente, öffentliche Ausschreiben und Gebete, zu welchen ihm das Papier geliefert wurde, unentgeltlich zu drucken und in allen fürstlichen Drucksachen nur 12 Groschen für den Bogen zu 100 Exemplaren in Rechnung zu stellen. Dagegen wurde ihm das ausschließliche Recht übertragen, alle in Weimar gebräuchlichen Schulbücher allein zu drucken. 1667 ging die Offizin auf den Schwiegersohn Freyschmidt's auf Joachim Heinrich Schmidt über, von dem sie 1647 Johann Andreas Müller (geb. 1638 in Weimar) übernahm. Dieser Drucker war, soviel bekannt ist, der erste der ein Weimarisches Gesangbuch (1681) und die erste malaische Sprachlehre (von J. C. Lorber) in Deutschland in lateinischer Sprache (1688) druckte.

Die Hofbuchdruckerei ging in der Folge an Fr. Mumbach, dann an C. J. Leonhard Glüsing und endlich an Friedrich Albrecht über, von dem sie dann Böhlau übernahm.

Böhlau begründete neben der Druckerei einen Verlag, der hauptsächlich rechtswissenschaftliche Werke enthielt, daneben aber auch eine große Reihe sprachwissenschaftlicher und litterargeschichtlicher Bücher herausbrachte.

Damals war Weimar ein starker, anziehungskräftiger Mittelpunkt für die eben beginnende Göthe-Litteratur, aus der er eine Reihe von wertvollen Briefwechseln und Einzelschriften im Verlage hatte. Hierzu begründete er auch das in drei Jahrgängen vorliegende »Weimarische Sonntagsblatt« (1853-1855), welches eine lange Reihe inhaltreicher Goethe-Erinnerungen aus Alt-Weimar darbot. Ein monumentales Werk seines Verlages war die seit dem Jahre 1883 erscheinende kritische Gesamtausgabe von Luthers Werken, die 40 Bände umfaßt. Die Krönung seiner Verlegerthätigkeit aber war das gewaltige Unternehmen der im Auftrage der Großherzogin Sophie[72] von Sachsen-Weimar erscheinenden großen Goethe-Ausgabe. Diese auf etwa 150 Bände in vier Abteilungen berechnete »Sophien-Ausgabe«, die seit dem Jahre 1887 erscheint, (Dichterische Werke, Naturwissenschaftliche Schriften, Tagebücher, Briefe) ist bisher auf etwa 90 Bände gediehen.

Seit 1880 erschien bei Böhlau der »Hebammen-Kalender«, dessen Regeln in einer Auflage von 80000 Exemplaren gedruckt und verbreitet wurden. Von Autoren der Handlung mögen noch genannt sein die Gebrüder Grimm, A. Schleicher, Joh. Schmidt, R. von Liliencron, R. Köhler, Hugo Böhlau, Rich. Schröder u. s. w. In der Hofbuchdruckerei wird seit Gründung, 1737, die Weimarische Zeitung gedruckt, welche unter dem ursprünglichen Titel »Weimarische Nachrichten und Anfragen« die erste des Landes gewesen ist.

1895 trat Böhlau die Druckerei nebst seinen Verlag an Gerhard Demmering und Albert Hartung ab, die das Geschäft unter der Firma Hermann Böhlaus Nachfolger weiterführen.

Quellen: Böhlau, Zur Geschichte der Hofbuchdruckerei, Weimar 1858.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 71-73.
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