[322] Gleditsch, J. L. und J. F. Johann Ludwig Gleditsch wurde am 24. März 1663 als Pfarrerssohn zu Eschendorf, unweit Grimma, geboren. Früh zur Waise geworden, wurde er von seiner Mutter Bruder aufgenommen; er besuchte erst die Schule in Eulenburg, dann die berühmte Fürstenschule in Meißen und kam 1678 in die buchhändlerische Lehre in die von seinem Bruder Johann Friedrich Gleditsch geleitete und 1741 ganz übernommene Buchhandlung von Johann Fritsch in Leipzig. Sechs Jahre dauerte seine Lehrzeit; nach dieser verblieb er noch bis 1694 in der Handlung und leitete dieselbe zuletzt selbständig. Durch Heirat der Witwe Moritz Georg Weidmanns, Maria Sacerin, übernahm er deren Handlung, die von da ab Johann Ludwig Gleditsch & Moritz Georg[322] Weidmann firmierte, bis er sie 1714 seinem ältesten Stiefsohn, Hof- und Accisrat Moritz Georg Weidmann, zur Fortführung übergab. Er selbst zog sich ins Privatleben zurück und starb am 20. Januar 1741, (über die damaligen Verlagsunternehmen vergl. Artikel ⇒ Weidmann).
Der Verlag hatte unter Gleditschs Leitung bedeutend an Umfang gewonnen, mit Eifer wurden die Beziehungen zum Auslande, ebenso mit größter Aufmerksamkeit das inländische Sortiment gepflegt. Letzteres reichte in seinem Kundenkreis von Leipzig nach Dresden und Berlin, nach Hirschberg, Lauban und Teschen, auch der sächsische Kurfürst war ein Kunde der Weidmannschen Buchhandlung.
Das nach der Sitte der damaligen Zeit bei dem Tode herausgekommene »Ehrengedächtniß« verherrlicht in einer Reihe von poetischen Widmungen die Arbeit und das Ansehen J. L. Gleditschens; einige Verse seien hier aus dem von einem Pastor N. Liebe gewidmeten Beitrag hergesetzt, die in ihrer Art charakteristisch sind:
»Richtet ein Buchführer nun
Dahin sein Denken und sein Thun,
Gelehrte Bücher zu verlegen,
Auch Bücher, die erbaulich sind,
So muß fast jedes Menschenkind
Von ihm die beste Meinung hegen.
Ich stelle hierbei billig mir
Den seligen Herrn Gleditsch für,
Sein Absehn ging auf beide Stücken:
Was den Gelehrten lieb und rar,
Was Christen recht erbaulich war,
Ließ er mit allen Freunden drucken.
Er trieb den Handel lange Zeit
Mit Segen wurd er auch erfreut,
Denn Gottes Herz war ihm gewogen;
Von einem Buche hat er oft
Wie er vorhero nicht gehofft,
Recht reichlichen Profit gezogen.
Nun, teurer Gleditsch, ziehe hin,
Die Ehren-Kron ist Dein Gewinn,
Dein Geist kann in Vergnügen schweben,
Du bist zwar tot, doch Fama spricht:
Gleditschens Ruhm vergehet nicht
In Büchern muß sein Name leben.«
Der oben erwähnte ältere Bruder Johann Friedrich Gleditsch wurde am 15. August 1653 geboren, besuchte die Dresdener Kreuzschule, später mit Unterstützung seines Onkels die Leipziger Thomasschule und erlernte dann den Buchhandel bei E. Schumacher in Wittenberg. 1681 trat er als Gehilfe bei Johann Fritsch (gegr. 1693 durch Thomas Schürer) in Leipzig ein, heiratete dessen Witwe und führte die Handlung mit glänzenden Ergebnissen weiter, bis er sie 1693 seinem Stiefsohn Thomas Fritsch zur Fortführung unter eigener Firma überweisen konnte.
Im gleichen Jahre errichtete Gleditsch unter seinem Namen ein eigenes Geschäft, das er schnell zu bedeutendem Range, ja europäischer Berühmtheit zu erheben wußte. Er bebaute alle Zweige der Wissenschaft; von seinen größeren Unternehmungen verdienen vor allem[323] der Erwähnung V. L. von Seckendorfs Comentarius de Lutheranismo, ein Hauptquellenwerk der Reformation; die großen biblisch-theologischen Werke von J. B. Carpzov, S. Glaß, V. Herberger, J. Tarnovius u. a. Die Schriften von Johann Hübner, Staats-Zeitungs-Conversations-Lexikon; genealog. Tabellen; genealog. historische Nachrichten, 313 Bände; Codex Augusteus; Siegels Corpus juris cambialis, 6 Bände; Allgem. jurist. Oraculum, 17 Bände; Döbels Jägerpraktika; Buffons Naturgeschichte; Jöchers Allgem. Gelehrten-Lexikon. In seinen letzten Lebensjahren sehr viel von Krankheit heimgesucht, unterstützten ihn tüchtig im Geschäft seine Söhne Johann Friedrich Gleditsch jun. (geb. 23. 11. 1682, gest. 4. 7. 1711) und Johann Gottlieb Gleditsch (geb. 18. 6. 1688. Als Gleditsch Vater am 26. 3. 1716 starb, übernahm Johann Gottlieb die Fortführung des Geschäftes; ihm folgte in derselben Friedrich Ludwig Gleditsch, der das Geschäft namentlich durch die Erwerbung des Verlages von Thomas Fritsch (1741) vergrößerte. In der Folge kam das Geschäft an Wilhelm Heinsius, den Schöpfer des im Anschluß an Georgi begründeten Bücherlexikons und wurde 1805 von Carl Friedrich Enoch Richter übernommen. Dieser hat den Plan zu dem berühmten deutschen Nationalwerk »Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste, herausgegeben von J. S. Ersch und J. G. Gruber« (jetzt Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig und bis zum 167. Bande gediehen) entworfen, dessen erster Band 1818 erschien. Enoch Richter hatte jedoch seine Kräfte überschätzt, er sah sich 1830 genötigt zu liquidieren, der Verlag zersplitterte sich; einen Hauptteil erwarb F. A. Brockhaus; ferner kamen Teile an Joh. Ambr. Barth, Fr. Fleischer, Serigsche Buchhandlung, sämtlich in Leipzig; an W. G. Korn in Breslau, Georg Reimer und Weidmannsche Buchhandlung in Berlin. Richter siedelte nach Hamburg über und etablierte hier ein neues Geschäft, starb aber schon am 15. 10. 1831.
Quellen: Fr. Roth-Scholtz, Beytrag zur Historie derer Gelehrten, Nürnberg 1725; Letztes Ehrengedächtniß etc., Leipzig 1741; J. E. Volbeding, J. F. G. in Ersch und Gruber, erste Sektion, XLXI; reiches Material in Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd. V und Folge; Verlagskatalog Weidmann 1900 (vergl. auch Artikel ⇒ Brockhaus, ⇒ Reich, ⇒ Weidmann); Allgemeine deutsche Biographie IX. Band; Hasse, Leipziger Buchdruckerkunst, Leipzig 1840.
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