[1072] Goerlich, F. Nach den Lehr- und Wanderjahren, die ihn von seiner Geburtsstätte Neustadt in Oberschlesien nach Sagan, Münster i. W., Brünn und Essen a. d. Ruhr geführt hatten, begründete Franz Goerlich am 1. September 1866 mit seinem Freunde Carl Coch unter der Firma Goerlich & Coch in Breslau eine Buch- und Kunsthandlung. Wie jedoch schon in seiner Gehilfenzeit der Drang zur Verlegertätigkeit in ihm sich regte er gab damals ein Gehilfen-Adreßbuch heraus , so begann Franz Goerlich auch schon als Sortimentsbuchhändler Werke in Verlag zu nehmen. 1871 wurde eine Filiale in Beuthen errichtet; sie wurde aber bereits 1873 an Oscar Waeldner, unter welcher Firma sie noch heute fortgeführt wird, käuflich abgetreten.
1873 verkaufte Goerlich der Mitinhaber war inzwischen gestorben seine Sortimentsbuchhandlung an Ulrich Putze, der sie 1887 käuflich an Gustav Wolff weitergab. Goerlich widmete sich nunmehr ganz seinen Verlagsunternehmungen. Mit[1072] geschäftskundigem Blick wußte er Autoren heranzuziehen, die dem Namen seiner Firma Ehre machten und deren Werke im Laufe der Jahre hohe Auflagen erlebten. Wir nennen u.a. den Seminar-Oberlehrer Musikdirektor Kothe (musiktheoretische Werke), den Seminar-Oberlehrer L. Heinze und den Seminardirektor Hübner (beide gaben zusammen ausgezeichnete Rechenbücher heraus); letzterer Autor, ein universelles Genie, verfaßte außerdem eine große Anzahl patriotischer Jugendschriften, die sich verdienter guter Aufnahme erfreuten, ferner Geschichtswerke, Sprachbücher, im Verein mit Seminarlehrer Richter auch Realienbücher u.a. Von weiteren Autoren nennen wir Musikdirektor F. Dirschke (Breslauer Diözesangesangbuch), Rektor Hermann Bauch (humoristische Werke in schlesischer Mundart).
Welche Verlegertalent Goerlich auszeichnete, bewies seine Gründung der »Katholischen Schulzeitung für Norddeutschland«. Später begründete Franz Goerlich noch die »Praxis der katholischen Volksschule«, die Zeitschrift für katholische Kirchenmusik »Cäcilia«, zwei Klerusanzeiger, eine Rundschau auf dem Gebiete der katholischen Volks- und Jugendliteratur, eine Zeitschrift »Jugendfreund« zur Unterhaltung und Belehrung für Kinder. Dabei begnügte er sich nicht, die Herausgabe dieser Zeitschriften den Redakteuren zu überlassen; sondern jede Nummer, die erschien, las er selbst sorgfältig zuvor. Doch seinem regen Schaffensgeist genügte diese Arbeit noch nicht. Selbst Autor zu sein, das dünkte ihm des Verlegers höchstes Ziel. So gab er durch viele Jahre Volkskalender heraus, später eine gesichtete Auswahl von Christoph von Schmids Jugendschriften, eine Hausbibliothek unsrer hervorragendsten Klassiker (bis jetzt erschienen 114 Bändchen) und schließlich eine Reihe von Fach- und Volksliederbüchern, die unter seinem Pseudonym Franz Weber so beliebt geworden sind, daß namentlich von letzteren immer und immer wieder neue Auflagen nötig werden.
Mit seiner Berufstätigkeit begnügte Franz Goerlich sich nicht. In politischen und sozialen Vereinen wirkte er als Vorstandsmitglied, und zweimal berief ihn das Vertrauen der Mitbürger in das Stadtverordnetenkollegium der Stadt Breslau. F. Goerlich starb am 30. Januar 1908, seinen Erben ein blühendes Geschäft hinterlassend.
Quellen: Börsenblatt f. d. deutschen Buchhandel 1908.