[350] Guttentag, J. Im Oktober 1820 wurde durch Traugott Trautwein die Firma T. Trautwein als Sortiments- und Verlagsbuchhandlung gegründet. Nachdem als Teilhaber Ferdinand Mendheim eingetreten war, wurden 1840 Sortiment und Verlag getrennt. Das Sortiment leitete als Disponent Imanuel Guttentag (geb. 20. 10. 1817) während der Verlag von den Besitzern selbst unter der neuen Firma Trautwein & Comp. fortgesetzt wurde und am 30. 9. 1858 ganz erlosch.
1842 ging das Geschäft zum größeren Teil unter der Firma T. Trautweinsche Buch- und Musikalienhandlung an[350] Guttentag über, welcher seinerseits 1853 das Sortiment und den Musikverlag mit der Firma an Martin Aug. Bahn (der Verlag wird seit 1872 unter der Firma M. Bahn Verlag in Berlin fortgeführt, während das Sortiment mehrfach seine Besitzer gewechselt hat und im Vorjahre erloschen ist) verkaufte, den Buchverlag aber unter eigenem Namen J. Guttentag weiter führte.
Nach dem am 21. Februar 1862 erfolgten Tode Guttentags wurde das Geschäft für Rechnung der Erben durch Franz Vahlen fortgeführt, bis es 1864 in den Besitz von Frau Witwe Guttentag und Franz Vahlen überging. Der letztere schied im November 1869 aus der Firma aus und gründete einen eigenen Verlag, der sich seit 1898 im Besitze von Friedrich Gebhardt befindet. Die Leitung der Firma Guttentag wurde Wilhelm Müller übertragen. 1871 wurde das Geschäft durch D. Collin (geb. 1824) käuflich erworben, welcher die Firma in J. Guttentag (d. Collin) änderte. Teilhaber war bis 1. Juli 1877 Wilhelm Müller der dann austrat und mit einem Teil des Verlages die neue Firma H. W. Müller in Berlin begründete. Von 1877-1885 war Oskar Häring Teilhaber; diese hat 1893 eine eigene Firma eröffnet durch Uebernahme des Verlages »Zukunft« von Georg Stilke.
1886 wurde Hugo Heimann Mitbesitzer und übernahm 1890 das Geschäft für alleinige Rechnung von da ab wieder J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, firmierend. Nach Austritt Heimanns dem späteren Gründer der bekannten öffentlichen Bibliothek und Lesehalle in der Alexandrinenstraße wurde das Geschäft im Jahre 1898 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt und wird seitdem unter der Firma J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung G. m. b. H., betrieben. Als Geschäftsführer zeichnen Dr. W. de Gruyter (Besitzer der Firma Georg Reimer), Chr. von Bornhaupt und Oskar Schuchardt.
Die Firma legte von Beginn an den Schwerpunkt ihrer Thätigkeit auf die Pflege der Rechts- und Staatswissenschaften, ohne andere Gebiete, wie Geschichte, Philologie, Archäologie, Schöne Litteratur und Musik auszuschließen. 1885 wurden jedoch die nicht rechts- und staatswissenschaftlichen Werke zum größten Teil an Brachvogel & Boas (spätere Firma Brachvogel & Ranft) in Berlin verkauft und von 1886 ab hielt die Firma ihre Thätigkeit in den angegebenen engeren Grenzen.
Von dem umfangreichen Verlag der Firma können wir nur Einzelnes anführen. Am bekanntesten sind die Guttentagschen Sammlungen[351] Deutscher Reichs- bezw. Preußischer Gesetze, Textausgaben mit Anmerkungen, in dem bequemen Taschenformat. Von ersterer liegen 66 Bändchen, von letzterer 32 vor; die einzelnen, durchweg von hervorragenden Juristen bearbeiteten Bändchen haben überaus zahlreiche Auflagen erlebt und erfreuen sich wegen des sehr praktischen und wissenschaftlichen Wertes der Anmerkungen, sowie wegen der korrekten Wiedergabe der Gesetzestexte allgemeiner Beliebtheit. Im Guttentagschen Verlage sind ferner erschienen die sämtlichen, im Auftrage des Reichs-Justiz-Amtes bearbeiteten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Entwürfe, Protokolle, Berichte, Materialien etc.) ferner der Plancksche Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Dem schließt sich an die große hierauf bezügliche Litteratur, darunter: »Das Recht des B. G. B. in Einzeldarstellungen (13 Bände)«. Von den zahlreichen größeren Werken des Verlags seien hier noch erwähnt: Struckmann-Koch, Die Civilprozeßordnung, 8. Aufl.; Handelsgesetzbuch mit Kommentar von H. Makower, 12. Aufl.; die Sammlung von Lehrbüchern des Deutschen Reichsrechts; die seit 1881 erscheinende »Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft«; die Strafprozeßordnung für das Deutsche Reich von Löwe-Hellweg, 10. Auflage; v. Liszt, Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 12. Auflage; Fitting, Reichscivilprozeß, 10. Auflage u.s.w. Wir finden im Guttentagschen Verlage die hervorragendsten deutschen Juristen vertreten, von denen genannt seien: A. Achilles, F. Adickes, G. Anschütz, Arndt, P. F. Aschrott, J. Fr. Behrend, W. Cahn, H. Crüger, H. Dernburg, Eck, Fernow, H. Fitting, M. Fürst, K. Gareis, Gneist, Giercke, Goldschmied, Hauß, Helfferich, Herkner, v. Holtzendorff, P. Hinschius, A. Holtgreven, H. Jastrow, Jacobi, L. Keyßner, R. Klostermann, K. v. Lilienthal, Frz. v. Liszt, Litthauer, Löwe (Senatspräsident), H. Makower, Niemeyer, L. Parisius, G. Planck, P. v. Rönne, H. Rosin, Rudorff, Schäfer, Schollmeyer, R. Schröder, P. Spahn, H. Staub, Strauß und Torney, Strohal, Struckmann, R. Sydow, E. v. Woedtke, Zitelmann, Zorn u. v. a.
Quellen: Verlagskatalog 1893 mit Ergänzungen; Notizen aus dem Börsenblatt für den deutschen Buchhandel.