[430] Herrgott, J. Der Nürnberger Buchhändler Johann Herrgott und seine Frau Kunigunde Herrgottin sind die echten Typen wandernder Buchdrucker und Buchführer aus der Mitte des Reformationszeitalters, welche sich vorwiegend mit dem Druck und Betrieb der kleineren, auf den Absatz in Volkskreisen auf Messen und Jahrmärkten berechneten Litteratur, beschäftigten. Namentlich hatte sich Herrgott als Nachdrucker Luthers Schriften ausersehen, wie er andernteils sich der Förderung und Ausbreitung der extremsten Richtungen der Reformation widmete; in einem Briefe Luthers vom 26. 9. 1525 an den Rat zu Nürnberg heißt es: »Und ist mir recht, das Herrgettlein soll mit dran seyn (nämlich der Urheber des Diebstahls der Aushängebogen eines Lutherschen Werkes) daran ihn nicht begnügt, nun auch weiter darauf lauern, so sie das ander und übrige kriegen.« Herrgott druckte, teils für fremde Auftraggeber, auch die aufhetzenden Schriften Th. Münzers, wie er überhaupt ein eifriger Anhänger desselben gewesen zu sein scheint. Petrus Sylvius, einer der heftigsten Gegner Luthers, stellt Herrgott in gleiche Linie mit den Führern der aufständischen Bauern und sagt von ihm:
»Was Luther hat furgenommen mit seinem schreyben
Vnd N. Pfeyffer gehandelt mit seinem predigen
Vnd Thomas Müntzer mit den bawren angefangen
Das hat Hans Hergot durch sein trawm wöllen vollbringen
Solche Früchte kommen aus der Lutherischen schrifft
Noch wil man nicht erkennen seine schedliche gifft«
Das 18 Blätter starke Schriftchen, wegen dessen Verbreitung Herrgott das traurige Geschick ereilte, am Montag nach Cantate, 20. Mai 1527, in Leipzig hingerichtet zu werden, führt den Titel »Von der newen wandlung eynes Christlichen lebens. Hutt dich Teuffel, die Hell wirdt zurbrechen.« Herrgott wurde als Verbreiter aufrührischer Schriften angesehen und erlitt solch harte Strafe wahrscheinlich durch persönlichen Machtspruch des Herzogs Georg von Sachsen, der ein wachsames Auge auf das eben verglimmende Feuer das erst kurz vordem mit aller Rücksichtslosigkeit niedergeschlagenen Bauernaufstandes hatte.
Quellen: A. Kirchhoff, J. G. Buchführer von Nürnberg, Lpg. 1877; W. Loose in Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1879, Nr. 10 (Abdruck[430] dreier Urkunden, die sich auf den Geschäftsbetrieb Herrgotts beziehen, zum teil in Gemeinschaft mit Michael Kuder von Wiesensteig bei Ulm); vergl. auch Allgem. deutsche Biographie XII. Band (Seidemann); Archiv zur Geschichte des deutschen Buchhandels Band I, VI, X.