[451] Hinrichs, J. C. Die J. C. Hinrichssche Buchhandlung in Leipzig wurde am 1. Aug. 1791 von August Leberecht Reinicke aus Leipzig begründet. An diesem Tage nahm sich Reinicke die Ehre, seine »hochzuverehrenden Herren Handlungsverwandten« davon zu benachrichtigen, »daß er entschlossen sei, künftige Michaelis G. G. sich selbst zu etablieren und unter seiner Firma eine Buchhandlung allhier zu eröfnen.« 1796 nahm Reinicke Johann Conrad Hinrichs aus Harburg, geb. 30. 10. 1765, gest. 8. 9. 1813, seinen späteren Schwager, als Gesellschafter auf, womit sich die Firma für die nächsten 5 Jahre in Reinicke & Hinrichs änderte. Von 1801 ab führte Hinrichs das Geschäft allein fort, unter eigenem Namen. Im Juli 1798 übergab er den ersten Band des Hinrichsschen Halbjahrskataloges der Oeffentlichkeit; er wollte, wie es am Schluß desselben heißt, »ein vollständiges Verzeichniß der von einer[451] Messe zur andern wirklich erschienenen Bücher, mit Verlegern und richtigen Preißen« bieten. Sein Katalog, der größere Vollständigkeit hatte und schneller erschien, als die vorhandenen, namentlich die Meßkataloge, fand guten Absatz und stieg bald auf 5000 Auflage.
Von 1813 ab führte die Witwe Hinrichs das Geschäft fort; bis 1816 lag die Leitung in den Händen von ⇒ Gottlieb Herold aus Hamburg, der 1797 mit seinem Schwiegersohne Wahlstab die bekannte Lüneburger Firma gegründet hatte. 1816 kam der Neffe von Frau Hinrichs C. F. Adolf Rost d. Ä., der schon 1805 als Lehrling eingetreten war, von seinen Wanderjahren zurück und übernahm die Geschäftsführung zunächst als Prokurist, vom 1. August 1819 als Teilhaber, an welchem Tage auch die Firma die noch bestehende Fassung J. C. Hinrichssche Buchhandlung erhielt.
In die Katalogerweiterung und -Vervollkommnung hat Rost bedeutend eingegriffen. Seit 1819 wurde das Prinzip, das der Hinrichsschen Bibliographie den hohen Grad von Zuverlässigkeit gegeben hat, nämlich »auf bloße Novitätenzettel der Unzuverlässigkeit wegen keine Rücksicht mehr zu nehmen«, sondern nur auf Grund der thatsächlich vorliegenden Bücher die Titelaufnahmen vorzunehmen, durchgeführt. Mit dem Jahre 1832 begann das Erscheinen des »Monatlichen alphabetischen Verzeichnisses der neu erschienenen Bücher etc.«, fand aber den nötigen Absatz nicht und ging nach Jahresfrist wieder ein. No. 5 des ersten Jahrganges (1834) des »Börsenblattes für den deutschen Buchhandel « enthält das erste »Verzeichnis von Neuigkeiten etc., mitgeteilt von der J. C. Hinrichsschen Buchhandlung«. Von 1842 ab erschien das »Wöchentliche Verzeichnis etc. in wissenschaftlicher Anordnung mit alphabet. Register« und ein Jahr später wurden die beiden Blätter »Brockhaus Bibliographie« und »de Marles Wöchentliches litterarisches Anzeigeblatt« mit ihm vereinigt. Aus dem »Wöchentlichen Verzeichnis« entwickelte sich 1846 der Vierteljahrskatalog. Seitdem ist der Verleger immer weiter auf der Bahn der Vollendung vorgeschritten: 1853 begannen die vierteljährlichen Fachkataloge, 1866 die monatliche Uebersicht der bedeutenderen Erscheinungen und mit fast jedem Jahre seitdem wurde die Anordnung und Uebersicht des Inhaltes verbessert. 1862 wurden von Dr. ⇒ A. Kirchhoff dessen zwei erste fünfjährige Bücherkataloge erworben, 1871 die Fachkataloge von Ed. Baldamus und 1875 nach [452] Ad. Büchtings Tode dessen Repertorien zu je 10 Halbjahrs- bezw. einem Fünfjahrskatalog.
1850 trat Rosts einziger Sohn, L. A. Hermann Rost (gest. 24. 5. 1896) als Teilhaber in das Geschäft ein, das nach dem Tode seines Vaters am 3. 9. 1856 in seinen alleinigen Besitz gekommen war. Seit 1896 sind seine Söhne Adolf und David Rost Inhaber der J. C. Hinrichsschen Buchhandlung in Leipzig.
Hinrichs legte seinerzeit den Grund zu dem geographischen Verlage, der in den ersten Jahrzehnten von zweifelloser Bedeutung war und sich auch weiterhin kräftig entwickelte. Daneben waren anfänglich schönwissenschaftliche, später mehr staatswissenschaftliche, juridische, philosophische und geschichtliche Erscheinungen gebracht worden.
Hermann Rost war es, der dem Verlage die jetzt fast ausschließlich gepflegten Disziplinen angliederte: Wissenschaftliche Theologie und Orientalia, speziell Aegyptologie und Assyriologie.
Das Jahr 1858 brachte die erste Veröffentlichung zur Kunde des alten Aegyptens, der im Laufe der Jahre sehr gewichtige Unternehmungen folgten. Allein von Heinrich Brugsch-Pascha brachte die Firma 24 Werke in 36 Bänden zu einem Ladenpreise von 2050 M., darunter das 7 bändige hieroglyphische Wörterbuch zu 820 M. 1863 hatte Brugsch ferner die »Zeitschrift für aegyptische Sprache und Altertumskunde« begründet, die noch jetzt das internationale Centrum der Wissenschaft genannt werden darf. Bei H. Rosts Tode schrieb die Redaktion...»er hat der Aegyptologie Dienste geleistet, die in ihrer Geschichte unvergeßlich bleiben werden.«
Für die Litteratur des Urchristentums ist der Verlag ebenfalls von führender Bedeutung; er verdankt dies in erster Linie Adolf Harnack. 1882 begann dieser mit Oscar von Gebhardt die »Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Litteratur«, die bis jetzt in 25 Bänden ein reichliches Hundert z. T. wertvollster Monographien umfassen und die die Unterlage bieten zu der monumentalen Ausgabe der »Griechischen christlichen Schriftsteller«, die mindestens 50 Großoktavbände beanspruchen wird.
Daneben sind noch besonders hervorzuheben die »Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche«, 18 Bände, in dritter Auflage herausgegeben von Albert Hauck; desselben »Kirchengeschichte Deutschlands«, bis jetzt 4 Bände, davon der erste bereits in dritter Auflage angekündigt, die dem Verfasser als erstem[453] Theologen 1899 den Verdunpreis eintrug; Tischendorfs große Ausgabe des Neuen Testamentes (3 Bände, 70 Mk.).
Auf dem Gebiete der Assyriologie sind die Hauptwerke die »Assyriologische Bibliothek« (1881 bis 1901, 18 Bände zu 705 M.) und für kleinere Arbeiten die »Beiträge zur Assyriologie« (1889 bis 1903, 140 M.), beide Sammlungen begründet und noch herausgegeben von Friedrich Delitzsch und Paul Haupt.
Endlich sind zugleich ihrer großen Verbreitung wegen zu nennen die ethisch und praktisch religiösen Schriften des Berner Staatsrechtslehrers C. Hilty, dessen »Glück« bereits in 110000 Bänden gedruckt ist; Adolf Harnacks berühmtes »Wesen des Christentums« (1903 das 50. Tausend) und Friedr. Delitzschs »Babel und Bibel«, 1. Vortrag bis 1903 in 55 Tsd. Ex. gedruckt.
Das Sortimentsgeschäft der Hinrichsschen Buchhandlung in Leipzig wurde betrieben: Von 1791 bis 1819 Grimmaische Gasse No. 608, von 1819 bis 1848 Neuer Neumarkt No. 3, seit 1848 Grimmaische Straße No. 16, Mauricianum im Gewölbe No. 8, dem zweiten Laden links von der Durchfahrt. 1881 wurde der anstoßende Laden No. 7 hinzugenommen und der Eingang dahin verlegt. Das Verlags- bez. Kommissionsgeschäft war bis 1868 mit dem Sortiment vereinigt. Es befand sich darnach: Von 1868 bis 1871 Querstraße No. 30 part. links. Das Kommissionsgeschäft ging am 1. Oktober 1870 an Adolph Refelshöfer über und ist jetzt mit dem der Firma Carl Cnobloch vereinigt. Das Verlagsgeschäft war dann: Von 1871 bis 1888 Ritterstraße No. 5, 1. Stock. Seit 1888 ist es im eigenen Geschäftshause, Blumengasse No. 2.
Quellen: Hinrichs Halbjahrskatalog 1898. II.; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1891; Verlagskatalog 1819, 1828, 1852, 1864, 1874 mit Nachträgen bis 1884; Denkschrift zum 1. August 1791-1891.
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