Hirt, Ferdinand

[458] Hirt, F. Ferdinand Hirt wurde am 21. 4. 1810 zu Lübeck geboren, besuchte die Stadtschule und trat mit 17 Jahren in die buchhändlerische Lehre bei Korn in Breslau.

22 Jahre alt, 1832, begründete er zu Breslau ein eigenes Geschäft. Sein Hauptaugenmerk richtete er auf die Ausbreitung seines Sortiments in den gelehrten und vornehmen Kreisen.

Die Buchhandlung entwickelte sich zur höchsten Blüte, als F. Hirt das Geschäftslokal von der Ohlauer Straße nach dem »Ring« verlegte. Die Sortimentsbuchhandlung vereinigte in fünf ineinander gehenden Lokalen das reiche und übersichtlich geordnete Bücherlager. Das Geschäft besaß Verbindungen mit den höchsten und vornehmsten Kreisen in Schlesien, Posen, Polen und Oesterreich, und stand in Geschäftsverbindung mit Paris, London, Lissabon, Posen und Warschau, aus welchen Orten eigene Kommissionäre den Bücherbedarf lieferten.

Nachdem die Sortimentsbuchhandlung zu einer erstaunenswerten Höhe gelangt war, wozu zum nicht geringsten Teile die Thätigkeit seines Bruders Aug. Hirt beitrug, hatte Ferd. Hirt bei seiner unermüdlichen Arbeitskraft sein Interesse wesentlich der Förderung der Litteratur des Unterrichts und der Jugendschriften zugewandt.

Um sich ganz dem Verlag zu widmen, verkaufte Hirt 1865 sein Sortiment an Max Mälzer (gest. 1875), von dessen Witwe es 1876 Louis Köhler erwarb. 1892 ging die Handlung an Carl Bonde über und seit 1896 befindet sich die Hirtsche Sortimentsbuchhandlung im Besitze von August Michler.[458] Von den von Ferdinand Hirt ins Leben gerufenen Filialen in Pleß und Ratibor ging erstere 1844 ein, letztere wurde 1848 an August Keßler verkauft.

Bei Hirts Verlagsunternehmungen – die Firma wurde nunmehr fortgeführt unter dem Namen Ferd. Hirt, Verlags- und Kgl. Universitätsbuchhandlung – nahm die Litteratur des Unterrichts wie schon oben erwähnt, den breitesten Raum ein, vor allem Schulbücher, wie Ernst von Seydlitz (Geographie), Schilling (Naturgeschichte, in der zum erstenmale die Verwendung des Holzschnittes für den Zweck des Anschauungsunterrichtes in den Vordergrund trat), L. Kambly (Mathematik), die fast in allen deutschen Schulen Eingang gefunden haben. Auf dem Gebiete der Jugendschriften waren es die Bücher der Erzählerinnen Thekla von Gumpert, Agnes Franz, Olga Eschenbach u. a. Fast kein Fach war unvertreten: L. Wachlers Biographie Franz Passavs; Fürstbischof H. Försters gesammelte Kanzelvorträge; Tausend und eine Nacht, herausg. von Habicht-Fleischer; Fr. Wimmers botanische Schriften; Martin Webskys pyrotechnische Schriften; Dr. A. Duflos Werke aus dem Gebiete der Chemie und Pharmazie; Benedict, Chirurgie und Operationslehre; Barkows morphologische Werke und Monographien; Fritsch, Die Eingeborenen Südafrikas usw.

1873 nahm Hirt seinen Sohn Arnold Hirt als Teilhaber auf, dieser übernahm einen Teil des Verlages, namentlich die Jugendschriften, verlegte ihn nach Leipzig, um ihn hier unter der neuen Firma Ferdinand Hirt & Sohn zu betreiben. Die nun eröffnete Produktion auf dem Gebiete der Jugendlitteratur nahm weitverzweigte Formen an, immer aber dem allein richtigen Grundsatze folgend »Für die Jugend ist das Beste gerade gut genug«. Es sind hier zu nennen die Jugendschriften von Oskar Höcker, Pederzani-Weber, B. Rogge, P. Arnold, A. Helms, S. Wörrishöffer, F. J. Pajeken, Brigitte Augusti, Clementine Helm, Helene Stökl u. v. a. Ferner erwähnen wir die Prachtwerke von Adolf Brennecke (Im Wechsel der Tage) und Anna Schauberg (Ich grüße Dich), endlich Ferd. Hirts geograph. Bildertafeln herausg. von Oppel und Ludwig (3 Teile in 5 Bdn.); derselben Bilderschatz zur Länder- und Völkerkunde und die Historischen Bildertafeln; Kutzen, Das deutsche Land, und als eigenartiges Hilfsmittel zur genaueren Kenntnis Deutschlands die in 23 Bändchen erschienenen, als Ergänzungen zur Seydlitzschen Geographie gedachten Landeskunden.

1874 wurde von der Leipziger Firma der Verlag von [459] C. F. Windaus in Gotha (gegr. 1862) erworben und aus dem Verlag von Schotte & Comp. in Berlin Froebels Kindergarten.

Ferd. Hirt starb am 5. Februar 1879. Sein Nachfolger ist sein Sohn Arnold Hirt, geb. am 15 Juli 1843. Derselbe hat seine Lehrzeit bei Müller in Bremen durchgemacht, dann philosophischen Studien in Heidelberg und Berlin obgelegen, darauf durch mehrjährigen Aufenthalt im Auslande bei Gerold, Jung-Treuttel und Didot in Paris sich weiter ausgebildet und schließlich bei Breitkopf & Härtel in Leipzig konditioniert.

Die Hauptthätigkeit Arnold Hirts wandte sich dem Schulverlag zu. Namentlich zu erwähnen ist die neue Ausstattung der Seydlitzschen Geographie; Hirts geographische Bildertafeln sind Leistungen, wie sie nur wenige Firmen aufweisen können.

Nachdem er 1879 das Breslauer Haus übernommen hatte, erwarb er im Jahre 1884 Bons Verlag in Königsberg, 1898 den Verlag von Morgenstern in Breslau und den von J. A. Wohlgemuth (Max Herbig) in Berlin, 1901 endlich den Verlag von Eduard Anton in Halle, welcher der Leipziger Firma einverleibt wurde.

Alle diese Geschäfte sind in seiner Hand vereinigt – seit Anfang 1900 steht ihm in der Führung der Geschäfte Dr. jur. Max Gehlen zur Seite – eine Aufgabe, welche eine kräftige und energische Leitung erfordert zur Aufrechterhaltung des alten Rufes der Firma.

Quellen: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1879; Illustrierte Zeitung Nr. 591; Verlagskatalog 1875/94; F. Hirts Buchhandlung etc., Breslau 1850; Allgemeine deutsche Biographie Band XII. mit weiteren Quellennachweisen (interessante Mitteilungen über die Seydlitzschen Geographiebücher giebt Hirt in dem Schriftchen »Mitteilungen zur Geschichte der Lehrbücher der Geographie von Ernst von Seydlitz«. Veröffentlicht bei Erreichung des Absatzes von 1000000 Expl. Breslau 1895.)

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 458-460.
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