[496] Honterus, J. Der bekannte Siebenbürgener Reformator Johann Honterus, den Martin Luther, mit dem er in Briefwechsel stand, als den »Apostel Siebenbürgens« bezeichnet, ist auch als der erste Buchdrucker dieses Landes anzusehen. Honterus ist im gleichen Jahre wie Luther, nämlich 1483, in Kronstadt geboren, das er später verließ um in Basel humanistischen Studien obzuliegen. Hier, im Zentralpunkt des geistigen und litterarischen Verkehrs im südwestlichen Deutschland, hat Honterus auch die Kunst des Meisters Gutenberg kennen und schätzen gelernt. Hier und in Krakau hat er auch eine Anzahl seiner eigenen Werke drucken lassen, in Basel noch dann, als er bereits selbst eine Druckerei in seinem Vaterlande eröffnet hatte, was im Jahre 1533 zu Kronstadt geschah.
Der erste Druck, der aus Honterus Buchdruckerei hervorging, war eine im Jahre 1535 erschienene lateinische Grammatik, deren erste Auflage bereits 1532 in Krakau herausgekommen war. Eine größere Reihe von Schulbüchern schloß sich dieser Grammatik an, ähnliche Zwecke verfolgten seine griechischen Drucke, die ein bemerkenswertes Zeugnis von dem Reichtum griechischer Lettern jener ersten Druckerei sind. Seine reformatorischen Arbeiten, die die Einbürgerung der Reformation vollendeten und zu einer neuen Organisierung der sächsischen Schulen und Kirchen in Siebenbürgen sich auswuchsen, wurden aufs glücklichste unterstützt durch die von ihm zum Druck beförderten Schriften. In seiner Kirchenordnung vom Jahre 1547 warnt er vor »unnützen und verworfenen Büchern«, denn »dieweil sich weniger Leute auf gute Bücher verstehen, kaufen sie mehrmahl unnütze und lassen die bessern... und ist zu besorgen, daß jetztunder also der große Ueberfluß neuer, unnützer Bücher dem rechten Glauben werde Schaden bringen.« So bildete Honterus Buchdruckerwerkstätte gleichsam den Ausgangspunkt eines neuen geistigen Lebens für Siebenbürgen.
Die Erzeugnisse der Honterusschen Presse haben ihren Absatz auch vielfach im Auslande gefunden. Das erste gedruckte »Rechtsbuch«, das Honterus seinem Volk gab, fand auch im nahen Ungarn besondere Beachtung und beste Aufnahme, waren damals die Zeiten doch noch andere als heute. Von der Honterusschen Kosmographie, die 1541 und 42 von ihm selbst in Kronstadt aufgelegt wurde, sind bis 1600 wenigstens 20 Auflagen erschienen. Es war ein epochemachendes Werk, von dem David Chyträus sagte: jeder soll es besitzen und täglich ansehen und studieren. Was gerade diesem Buche die große Verbreitung brachte, waren gewiß die für jene Zeit[496] vortrefflichen Karten desselben. Honterus hatte sie mit eigener Hand geschnitten und ist so also auch der erste Holzschneider in Siebenbürgen gewesen.
Nach dem Tode dieses vielseitigen Mannes, im Jahre 1549, kam seine Druckerei an Valentin Wagner. Auch unter ihm hielt sich die angesehene Druckwerkstatt in großem Flor. Wir finden außer von Wagner selbst herausgegebenen Schulbüchern, Schriften von Melanchthon, Luther, Erasmus, eine Reihe klassischer Schriftsteller u.a.m. Wagner gab der evangelischen Landeskirche Siebenbürgens 1553/4 ihr ältestes Gesangbuch die »Geystliche Lieder und Psalmen«.
Nach Wagners 1557 erfolgtem Tode hat die Kronstädter Druckerei keine große Tätigkeit mehr entfaltet. In den Jahren 1580-81 erscheint ein Hermannstädter Johann Niro als Buchdrucker in Kronstadt, 1583-84 Georg Greus, dann aber ist von 1594-1627 dort nichts mehr gedruckt worden und soll die Honterussche Buchdruckerei nach Hermannstadt verlegt worden sein.
Quellen: Archiv für Geschichte des Deutschen Buchhandels, Band VI. und XV. (Teutsch); Groß, Katalog der Lutherfeierausstellung in Kronstadt, 1883.