Jügel, Carl

[517] Jügel, C. Carl Jügel, der bekannte Frankfurter Buchhändler wurde am 2. Mai 1733 zu Düren geboren, kam als Kind[517] mit seinen Eltern nach Berlin und erlernte hier den Buchhandel. Seine Gehilfenjahre führten ihn nach Frankfurt am Main, wo er zunächst in die Wilmannssche, später in die Brönnersche Buchhandlung eintrat und in letzterer, welche sich durch ihre großen Vorräte in Landkarten auszeichnete, reiche Anregung empfing. Er selbst berichtet darüber: »Unsere ansehnlichen Vorräte von Karten des neuen Kriegsschauplatzes verschafften mir die Gelegenheit, mit vielen der ausgezeichnetsten Männer der damaligen Zeit in persönliche Berührung zu kommen, mit Czerniczeff, Fürst Schwarzenberg, Blücher, Gneisenau, York u.s.w. Arndt war in unserm Hause einquartiert, Jahn kam täglich ins Geschäft, Franzosenhaß zu predigen, und Lord Castlereagh konnte ich durch Besorgung einer seltenen, ihm unentbehrlichen Karte mir verpflichten«. Auch die Bekanntschaft Goethes machte Jügel. 1815-1823 war er Teilhaber der Brönnerschen Buchhandlung in Frankfurt a. M.

[Zur Ergänzung des über diese Firma im I. Bande Seite 111 Gesagten sei hier noch eingeschaltet: Heinrich Ludwig Brönner (getauft 21. 12. 1702 in Wertheim) hatte durch Kaufvertrag vom 16. August 1762 die Ebersbachsche Buchdruckerei in Marburg, sowie deren Druck- und Verlagsprivilegien erworben. Die Begründung dieser Offizin fällt in das Jahr 1721, in welchem Jahre sie von dem ehemaligen Faktor der Buchdruckerei des Johann Heinrich Stock in Marburg (gegr. 1678), Johann Georg Ebersbach ins Leben gerufen wurde. – Brönner führte die Offizin unter der Firma Brönnersche Buchdruckerei weiter und ließ sie, da er in seinem Hauptgeschäft in Frankfurt bleiben mußte, durch den Faktor Johann Christian Ruff verwalten. 1763 erhielt Brönner seine Ernennung zum Kanzlei-Buchdrucker und -Buchhändler. Das Hauptverlagsgeschäft machte Brönner mit Ausnutzung des Stock-Ebersbachschen Verlags in Schul- und Erbauungsbüchern. Ende 1805 wurde das Marburger Haus von dem Sohne Brönners verkauft, die Filiale aufgelöst und die Bestände der Druckerei nach Frankfurt übergeführt. – Die Brönnesche Buchhandlung in Frankfurt kam 1831 an S. Schmerber; den Verlag bis 1841 erwarb 1842 Carl Reinhold Kersten, der ihn nach Halle, später nach Leipzig verlegte, wo er an O. A. Schulz überging. Die S. Schmerbersche Buchhandlung in Frankfurt wurde 1854 von Heinrich Keller erworben und wird seitdem als Verlag (Hübners geograph. statist. Tabellen u. a.) und Sortiment unter dieser Firma fortgeführt. Seit 1885 sind August und Otto Keller Inhaber der Firma.][518] 1823 begründete Jügel ein eigenes Geschäft, das als Spezialität Reiselitteratur vertrieb. Jügel selbst verlegte zahlreiche Reisebücher, Panoramen etc., so das Album der deutschen Nationalversammlung (enthaltend die Porträts der Abgeordneten der Frankfurter Paulskirche); Panoramen der Rheinlande (Ansichten in Stahlstichen, 1849); der rheinische Tourist (Stahlstiche nach Zeichnungen von Dielmann, Bamberger und Wegelin, 21 fl.); Rheinisches Album; Album von Frankfurt a. M., von Homburg, Kissingen, Kreuznach, Taunusbäder u.s.w., durchweg teuere Stahlstichwerke; daneben eine große Reihe von einzelnen Kupferstichen, Lithographien; das bekannte Karl Geibsche Werk »die Sagen und Geschichten des Rheinlandes«; ferner Hendschels Eisenbahnatlas 4. Aufl. 1847; Ravensteins Kartenwerke und eine große Sammlung von Plänen. An der Spitze des Lehrbücherverlags stehen die Lehrbücher für Französisch, Italienisch, Englisch und Spanisch nach der bekannten Methode H. G. Ollendorff, denen sich Jügels »Universal Magazine« und »Pocket Editions« anschließt. Levin Schücking gab in Jügels Verlage die beiden Sammelwerke »Italia« deutsche Dichter als Führer jenseits der Alpen und »Helvetia« Natur, Geschichte, Sage im Spiegel deutscher Dichtung heraus. Nachdem Jügel 1849 die Buchhandlung seinen Söhnen Franz (gest. 17. 2. 1901) und August Jügel (gest. 16. 1. 1880 im 62. Lebensjahre) abgetreten hatte, widmete er sich vornehmlich schriftstellerischen Arbeiten. Sein Hauptwerk betitelt sich: »Das Puppenhaus, ein Erbstück in der Gontardschen Familie« 1857, welches persönliche Denkwürdigkeiten des Verfassers bis zu seiner Verheiratung und Beiträge zu einer Geschichte der Familie Gontard enthält und wegen seines litteraturgeschichtlichen und kulturhistorischen Interessen wichtig ist. 1860 folgte eine Erzählung »Erste Liebe, ein Blatt aus dem Lebensalbum eines Achtundsiebzigers«; 1862 buchhändlerische »Gelegenheitsgedichte«; 1865 die hochpoetischen »Schöpfungsphantasien«; 1867 »Dürre Blätter aus dem poetischen Herbarium eines alten Buchhändlers«.

1883 ging Carl Jügels Verlag an Moritz Abendroth über, der namentlich die unter dem Kollektivnamen »Kollektion Jügel« bekannte Ollendorffsche Sammlung neusprachlicher Lehrbücher ausbaute.

Quellen: Allgem. deutsche Biographie, 14. Band; Dr. G. Könnecke, Hessisches Buchdruckerbuch, Marburg 1894; vergl. auch Jügels oben genannte Schrift »das Puppenhaus«; Verlagskatalog 1851, 1859.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 517-519.
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