Janke, Otto

[510] Janke, O. Der große Romanverleger, Kommerzienrat Otto Janke, Sohn eines preußischen Regierungsrates, wurde am 19. Dezember 1818 in Magdeburg geboren. Er verlebte seine ersten Jugendjahre in Pommern und erhielt seine weitere Schulbildung auf Berliner Gymnasien. »Lust und Liebe zur älteren deutschen Literatur – so erzählt Janke in seinen Erinnerungen – zu Sammlungen von alten Druckwerken, insbesondere zu Büchern, Kupferstichen und Holzschnitten, welche längst aus dem Buchhandel verschwunden waren, führten mich meinem jetzigen Berufe zu.« 1835 trat Janke als Lehrling in die Reinsche Buchhandlung in Leipzig; er erhielt eine gründliche Ausbildung, hatte Gelegenheit mit Friedrich Perthes in Verkehr zu kommen und erhielt, da damals gerade in Leipzig wichtige Veränderungen im buchhändlerischen Verkehrsleben vor sich gingen, einen tiefen Einblick in alle Zweige des Berufes. Als Gehilfe war Janke in der Mittlerschen Buchhandlung in Posen, dann im Berliner Muttergeschäft tätig und begründete, eben erst 24 Jahre geworden, seine Selbständigkeit durch Uebernahme der Horvathschen Buchhandlung in Potsdam (vergl. Artikel Horvath) von dem Vorbesitzer F. A. Herbig. Janke widmete sich eifrig dem Sortimentsgeschäft, gründete Filialen in Perleberg und Wittstock, begann aber auch mit Verlag. Sein erster Verlagsartikel[510] war 1843 eine »Pommersche Fibel«, der im nächsten Jahre ein Werk über die Fontänen von Sanssouci folgte. 1845 erschienen bei ihm zwei Novellen aus dem Nachlaß de la Motte Fouqués, als erstes Werk auf dem Gebiete, auf dem er nachmals so großen Erfolg haben sollte. Um sich ausschließlich dem Verlag zu widmen, verkaufte er 1850 sein Potsdamer Geschäft – die erwähnten Zweiggeschäfte waren schon früher in andere Hände übergegangen – und siedelte nach Berlin über. Das erste Buch, das die neue Berliner Verlagsfirma Otto Janke auf den Markt brachte, war Theodor Mügges »Voigt von Sylt«. Bald darauf kam die Verbindung mit dem Schriftstellerpaar Theodor Mundt und Louise Mühlbach. Namentlich mit den Romanzyklen Mühlbachs, so mit »Friedrich der Große und sein Hof«, »Kaiser Joseph II. und sein Hof«, »Napoleon in Deutschland«, »Erzherzog Johann und seine Zeit« usw., – nahm Jankes Romanverlag einen großartigen Aufschwung. Durch kluge Vertriebsmanipulationen brachte es der Verleger in verhältnismäßig kurzer Zeit dahin, daß Mühlbach die gelesenste, bekannteste Schriftstellerin Deutschlands wurde. Auch mit den historischen Romanen Mundts hatte Janke Glück, so daß sich bald ein gefeierter Kranz deutscher Romanschriftsteller in seinem Verlag begegnete: A. E. Brachvogel (Friedemann Bach; ausgewählte Werke, 4 Bde., 1872/74), Hans Wachenhusen (erster Roman »Rom und Sahara«, 4 Bde., 1858, der großen Erfolg hatte und dem im Laufe der Zeit über 70 weitere folgten), George Hesekiel (der mit seinem ersten Roman 1859 auftrat und dessen Arbeiten zu den besten Zeit-Romanen gehören). 1859 erwarb Janke käuflich die sämtlichen Willibald Alexisschen Romane, welche später in einer Volksausgabe, 18 Bände stark, neu von ihm aufgelegt wurden. Mit Vorliebe hat er sich dem Vertriebe der Werke dieses »Walter Scott der Mark Brandenburg« gewidmet, und mit Vorausahnung schreibt er in seinen »Erinnerungen« (1868): »Willibald Alexis ist ein klassischer Schriftsteller. Was er geschrieben hat, wird sich auf die Nachwelt erhalten und mit dem Wachsen des Preußischen Staates immer größere Freundeskreise finden.« 1861 erschien der erste Roman Friedrich Spielhagens »Problematische Naturen«, der sehr gut einschlug, so daß Janke, als auch die folgenden Arbeiten großen Absatz fanden, 1866 mit der ersten Ausgabe Spielhagenscher »gesammelter Werke« auf den Plan trat (jetzt Verlag von L. Staackmann in Leipzig). Eine von Spielhagen redigierte Zeitschrift »Otto Jankes Deutsche Wochenschrift«[511] hatte dagegen kein Glück. Mehr Anklang fand die bereits 1851 von Janke ins Leben gerufene »Berliner Muster- und Modenzeitung für weibliche Arbeiten und Moden«, welche eine Vereinigung der von ihm erkauften Blätter »Berliner Modenspiegel« und »Zeitung für die elegante Welt« darstellte und von 1861 ab unter dem Titel »Victoria, Neue illustrierte Damenzeitung« fortgesetzt wurde, dann aber in den Verlag von A. Haack in Berlin überging. Trotzdem die Musterzeitung die erste ihrer Art in Berlin war, fand sie doch nicht den gewünschten Anklang und wurde von den bald nach ihrem Vorbilde gegründeten billigeren Modenzeitungen, wie »Bazar« usw. verdrängt. Spielhagen folgte die geistreiche Frau des Professors Adolf Stahr, Fanny Lewald, mit einer umfangreichen Romanserie, Erzählungen usw., gesammelte Werke in 12 Bdn., 1871/75; ferner Alfred Meißner (Schwarzgelb, 1862/64), Philipp Galen, Wilhelm Raabe – Jakob Corvinus – mit seinem »Hungerpastor«, 1. Auflage, 1864, Friedrich Adami, von Baudissin, August Becker, Robert Byr, Balduin Möllhausen, Gustav vom See (G. von Struensee), Aug. Silberstein, ein beliebter österreichischer Dorfgeschichtenschreiber, Ernst Wichert, A. von Winterfeld, Robert Schweichel, Robert Hamerling, Wilhelmine von Hillern, Rich. Schmidt-Cabanis, H. Schobert, Otto Roquette, P. R. Rosegger, E. von Rothenfels (Frau von Ingersleben), Ernst Pasqué, Karl Gutzkow, Felix Dahn (jetzt Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig), Max Ring, Julius Rodenberg, Hermann Schmid, Heinrich Smidt, H. von Maltitz u.a.m. Aus der Konkursmasse der Firma J. Meidinger Sohn & Comp. in Frankfurt a. M. erwarb Janke 1857 sämtliche belletristischen Werke mit Verlagsrechten, darunter auch die Werke von Otto Ludwig, Scheffels »Ekkehard« (vergl. Artikel Bonz), Theod. Mügges »Erich Randal und Afraja« usw.

Gleich nach dem Mißglücken der »Deutschen Wochenschrift« führte Janke eine längst von ihm genährte Idee aus, nämlich die Gründung der »Deutschen Romanzeitung«, deren erste Nummer 1864 erschien. Das Blatt fand großen Beifall und mit nur wenigen Ausnahmen beteiligten sich alle deutschen Schriftsteller von Ruf mit Beiträgen. Die »Deutsche Romanzeitung« steht auch heute noch mit an der Spitze der gediegenen deutschen Journallitteratur. – In fast gleichem Umfang und Format begann Janke 1867 die Herausgabe des »Roman-Magazin des Auslandes«, das eine Auswahl der besten Romane berühmter ausländischer Schriftsteller in tüchtigen deutschen Uebersetzungen brachte, so von A. Wilkie-Collins,[512] Henry Woos, Braddon, Jonge, Ainsworth, Kingsley, Eliot, M. S. Schwartz, Victor Cherbuliez, Erckmann-Chatrian usw. Der Inhalt der Zeitschrift, die von 1876 bis 1879, ihrem Aufhören, unter dem Titel »Romane des Auslandes« erschien, wurde auch in Buchform herausgegeben. Nach und nach sammelten sich 100 Bände in dieser Sammlung an; sie war gleichsam der Vorläufer der später in die Erscheinung getretenen »Collection Otto Janke«, in der neben den schon genannten Schriftstellern hauptsächlich noch vertreten sind: K. Berkow, F. Bodenstedt, J. v. Dewall, Dostojewski, G. Hartwig, M. Jokai, E. A. König, O. von Leixner, G. Raimund, Graf Tolstoi, Turgenjew u. a.

Neben der Romanlitteratur vergaß Janke auch andere Gebiete nicht. Gute Humoristika vereinigte Namen wie Ad. Brennglas (Glaßbrenner), Ernst Kossak, Ed. Lindener, F. E. Moll, J. H. Rüthling, Frz. Wallner und gab sich ein Stelldichein im »Museum komischer Vorträge«, 10 Hefte. Neben Jugendschriften und Spielen finden wir Landkarten und Kunstblätter, technische Schriften, Reisewerke und Schulbücher, wie die »Collection d'auteurs français«, die später in den Verlag von H. A. Pierer in Altenburg überging; ferner Werke wie Heribert Rau, Mozart; A. B. Marx, Beethovenbiographie; Ed. Hildebrandts Reise um die Erde etc.

Seit dem 23. Juli 1873 war Otto Jankes zweiter Sohn, Dr. Gustav Janke, Teilhaber der Firma und der Buchdruckerei, die der wachsenden Ausdehnung des Verlages entsprechend, schon 1859 gegründet war und später als Aktiengesellschaft, aber durch Aktienbesitz stets eng mit dem Verlage verknüpft, der Leitung des ältesten Sohnes Carl Janke ( 1885) übergeben wurde und auch heute noch zum allergrößten Teil durch die Firma beschäftigt wird. Dr. Gustav Janke wurde am 13. 1. 1849 zu Potsdam geboren, erhielt seine erste Schulbildung auf der Döbbelinschen Privatschule, besuchte später das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin und bezog 1868 die Universität Marburg, später Göttingen, um Geschichte und Litteraturgeschichte zu studieren. Er machte den Feldzug gegen Frankreich mit und ging dann noch für kurze Zeit zur Rostocker Universität, wo er sein philosophisches Doktorexamen bestand. 1881 trat der jüngste Sohn Richard Janke in das väterliche Geschäft ein, das schließlich 1885 in den Alleinbesitz beider Söhne überging, nachdem Otto Janke sich schon in den letzten Jahren allmählich zurückgezogen hatte. Er starb im Alter von fast 70 Jahren am 7. Dezember 1887 in Berlin.

Dr. Gustav und Richard Janke gliederten dem Verlage insbesondere[513] die Werke der aufblühenden russischen und nordischen Litteratur an, fast alle Schriften Tolstois, Turgenjews und Dostojewskis, an nordischen Dichtern Björnson, Bergsöe und Jacobsen, und dem Zuge der Zeit nach Verbilligung der Romane folgend, schuf der erstgenannte die oben erwähnte »Collection Janke«, eine Sammlung wohlfeiler Romane und Novellen, die besonders als Reiselektüre die weiteste Verbreitung gefunden hat. 1888 erschien das bedeutsame Werk Louis Schneiders »Aus dem Leben Kaiser Wilhelms«, und 1890 wurden ebenfalls auf Gustav Jankes Veranlassung Wilhelm Raabes Schriften in billigen Ausgaben herausgebracht und dadurch der Weg zu dem großen Erfolge gebahnt, den endlich der 70. Geburtstag des Dichters brachte. Die »Deutsche Roman-Zeitung« wurde 1881 nach dem Ausscheiden des bisherigen Redakteurs Robert Schweichel der geschickten Leitung Otto von Leixners anvertraut, der besonders das Beiblatt nach seinen Anschauungen neu ausgestaltete. Daß die Pflege des zeitgenössischen Romans gemäß der bisherigen Ueberlieferung die Hauptaufgabe des Verlages blieb, zeigt die große Reihe moderner Autoren, die seitdem zu den alten hinzugetreten sind.

Nur kurze Zeit war es den beiden Brüdern vergönnt, sich des Erfolges ihrer Arbeit zu erfreuen. Am 6. August 1897 raffte ein Herzschlag Richard Janke plötzlich dahin, nachdem er noch das fünfzigjährige Jubiläum der Firma 1893 erlebt hatte. Die Firma ging nunmehr in den Alleinbesitz Dr. Gustav Jankes über, aber auch er schied schon 1901 am 11. Februar, noch nicht 52 Jahre alt, aus dem Leben. Mit der treuen Unterstützung der beiden langjährigen Prokuristen, Hermann Wollschläger und Adolf Apfelbaum, war es der Witwe Gustav Jankes, Frau Editha Janke geb. Rhens, möglich, die Firma in alter Weise fortzuführen. Am 1. Januar 1903 trat dann der älteste Sohn Dr. Gustav Jankes, Dr. Erich Janke (geb. 25. 11. 1878) nach Vollendung seiner Studien als Teilhaber in die Firma ein.

Quellen: O. Janke, Mein Wirken als deutscher Verleger, 1843-68; Verlagskatalog 1868, 1893, 1904; Jahresbericht der Berliner Buchhändler-Korporation, 1901; Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 1888.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 510-514.
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