Knoblochtzer, Heinrich

[553] Knoblochtzer, H. Unter den Straßburger Wiegendruckern ist Heinrich Knoblochtzer einer der bedeutendsten. Er stammte aus Ettenheim bei Freiburg i. B. und hatte auf der Heidelberger Universität studiert. Der Beginn von Knoblochtzers Straßburger Thätigkeit wird etwas vor 1477 angesetzt, sie dehnte sich in Straßburg bis 1484 aus. An unterschriebenen Straßburger Drucken Knoblochtzers sind 9 bekannt, in denen vier Typen nachweisbar sind. Unter Zugrundelegung derselben sind weitere 33 undatierte Drucke aus Knoblochtzers Straßburger Druckerthätigkeit festgestellt worden,[553] während von weiteren 5 Drucken die mit großer Wahrscheinlichkeit ihm zuzuschreiben sind, der Nachweis fehlt, da von diesen noch keine Exemplare wieder aufgefunden wurden. Das Hauptverlagswerk Knoblochtzers, das auch am öftesten mit seinem Namen vorkommt, ist der »Belial« des Jacobus de Theramo, erstmals vollendet am Laurentiustage 1477, dann öfters aufgelegt 1478, 1481, 1483, in illustrierten Ausgaben, die bei ihm im Gegensatz zu seinen unmittelbaren Straßburger Vorgängern zuerst und in umfangreicher Weise erscheinen. So ist seine Wirksamkeit von besonderer Bedeutung für die Geschichte der Straßburger Buchillustration. Als Richtung seines Verlages finden mir eine ausgesprochen populäre, die ihren wertvollsten Bestandteil in den von ihm gedruckten Volksbüchern findet; demgemäß erfährt die deutsche Sprache als Volkssprache – im Gegensatz zur Gelehrtensprache, des lateinischen – durch ihn eine besondere Bevorzugung; er hat auch in seinen Drucken erstmals die sogenannte Schwabacher Schrift angewandt, wenigstens kann man seine Typengattung als Vorläuferin dieser Schrift bezeichnen.

Von seinen Straßburger Drucken nennen wir außer dem oben angeführten ersten Erzeugnis: Historie von Herzog Ernst von Baiern, ca. 1477; Melusine, erste Ausgabe ca. 1478, wiederholt 1482 und Heidelberg 1491 (vergl. Goedeke Band I); einige von N. von Wyle besorgte deutsche Ausgaben des Aeneas Sylvius, Eurialus und Lucretia, 1477; die Predigten des Münsterpredigers Geiler von Kaisersberg, 1482 und Folge; deutsches Plenarium, 1482; einen deutschen Kalender, vom 11. März 1483; ein lateinisch-deutsches Wörterbuch; den lateinisch-deutschen Donat; den bekannten ersten deutschen Briefsteller »Formulare und Deutsch Rhetorica« vom Jahre 1483 etc.

Knoblochtzers Druckerzeichen ist nicht bekannt, vermutlich hat er überhaupt kein Signet geführt. Von Straßburg ging unser Drucker, anscheinend wegen eingetretener Schwierigkeiten in Geldverhältnissen nach Heidelberg, wo er 1486 in die Heidelberger Universitätsmatrikel eingetragen wurde und noch bis 1495 vorkommt. Erst 1488 trat er mit einem Druck zu Heidelberg hervor, der ganz andere Typen als die bislang zu Straßburg benutzten aufweist, sodaß eine Neugründung des Geschäftes erfolgt sein muß. 1490 vertauschte Knoblochtzer diese Typen mit einer Schwabacher Type verschiedenen Kegels, auch sein zu Beginn seiner Heidelberger Druckthätigkeit stark wissenschaftlicher Verlag wird, wenige Ausnahmen abgerechnet, volkstümlicher Art. Knoblochtzer verwendete aber auch[554] seine Straßburger Typen zu Heidelberg mit anderen Typen gemischt, führte überhaupt sechs Schriftarten, zwei Schwabacher und vier semigotische, die denen Hists in Speyer und Grans zu Hagenau, sowie N. Flachs zu Straßburg zwar ähneln, aber im Kegel sowie dem Schnitt der Majuskeln doch abweichen. Mehrere seiner Straßburger Druckwerke wiederholte Knoblochtzer zu Heidelberg. Hier ward er auch mit einem Manne bekannt, der tief in die Litteratur seiner Zeit eingriff, dem aus Heidelberg selbst gebürtigen Jacob Köbel, später selbst Drucker zu Oppenheim a. Rh. Köbel spielte gegenüber Knoblochtzer die Rolle des Verlegers und geistigen Leiters, Knoblochtzer besorgte das Technische. Dieses Verhältnis endete 1494 und damit erlosch auch die Benutzung der Schwabacher Type Knoblochtzers zu Heidelberg, denn die Schrift des Lamsheim 1495 ist wieder in der semigotischen Type gesetzt. Jedenfalls war diese Schwabacher Type Eigentum Köbels oder aber wurde 1494 von demselben erworben. Knoblochtzer druckte mit Zainer zu AugsburgUlm und Bämler zu Augsburg als einer der Ersten in Schwabacher Type, die Erhard Ratoldt zu Venedig seit 1483 in Aufschwung, von Bämler und Sorg, seit 1485 von Peter Schöffer dem Aelteren, auf die Höhe des Schnitts, gebracht, hierin einen Nachahmer in Knoblochtzer gefunden hatten. So ist auch sein Auftreten für die Verbreitung der Schriftformen nicht unbedeutend. Wann er starb, steht nicht fest, nach 1495 ist er nicht mehr nachweisbar. Er lieferte 17 datierte und mit Firma versehene Drucke zu Heidelberg.

Angeblich Knoblochtzers Sohn war der Straßburger Buchdrucker und Buchhändler Johannes Knoblauch, der später die Witwe M. Flachs heiratete und dessen Thätigkeit im Jahre 1497 begann. Als Buchhändler trat Knoblauch vorzugsweise als Verleger auf; seine Verlagswerke sind anfänglich linguistischen oder moralischen Inhalts, dann mittelalterliche Gedichte wiedergebend, seit 1520 dagegen meist in das religiöse oder reformatorische Gebiet gehörend. Sein Buchdruckerzeichen kommt in verschiedenen Darstellungen vor: 1) ein Schild mit drei Knoblauchpflanzen und den Initialen – dann 2) die Wahrheit aus einer Kluft steigend mit Randinschriften. Bis 1527 gab er gegen 200 lateinische und 70 deutsche Werke heraus.

Seine Pressen arbeiteten auch für auswärtige Drucker, so für H. Gran in Hagenau, Th. Anshelm ebenda, M. Flach den Jüngeren, Joh. Schott u. a. in Straßburg, bei denen er[555] aber merkwürdigerweise auch selbst wieder arbeiten ließ. Auch für auswärtige Verleger druckte Knoblauch, so 1505/6 für Johann von Ravensberg in Köln, 1515 für Urban Kaym in Buda und 1516 für Johann Haselberg aus Reichenau. 1517 trat Knoblauch mit dem 1514 erstmals aufgetretenen Buchhändler Paul Götz in Straßburg in Verbindung und verlegte mit ihm gemeinsam eine Reihe von Büchern.

Seine Nachfolger waren sein Sohn Johann Knoblauch (II) und Georg Messerschmidt. –

Mit dem Jahre 1550 erscheint, vorerst als Buchbinder Paul Knobloch, Bürger und Buchbinder zu Lübeck; es ist nicht unmöglich, daß derselbe – er nennt sich später Paul Knufflock – ein Abkömmling der Straßburger Familie Knobloch (Knoblauch, Knoblochtzer), war der nach Norden verschlagen, seinen Namen der niederdeutschen Sprachen anpaßte. Als Wagemeister in Lübeck angestellt, hat er neben seiner Buchbinderei sich auch mit Verlag beschäftigt und ist mehrmals selbst als Schriftsteller und Uebersetzer hervorgetreten. Als Herausgeber erscheint er z.B. auf Knufflocks Vedebock vom Jahre 1569, das sich einer großen Beliebtheit erfreute und von dem mehrere Ausgaben erschienen sind. Seine Verlagswerke ließ er in der Regel bei Asseurus Kröger in Lübeck drucken, selbst hat er anscheinend keine Offizin besessen. Er starb etwa um 1580.

Quellen: Schorbach-Spirgatis, Hch. Knoblochtzer in Straßburg 1477-1484, Straßburg 1888; Schmidt, älteste Bibliotheken und erste Buchdrucker zu Straßburg, 1882; Heitz-Barack, Elsässische Büchermarken, Straßburg 1892; Kapp, Buchhandel, 1. Band; Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte, Band 2, (Wiechmann-Kadow); Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels, Band 5 und 12; Allgemeine deutsche Biographie Band 16 (Franck); Allgem. Anzeiger für Druckereien (Klimsch) 1902, Nr. 40.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 553-556.
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