Lentner, Ignaz Joseph

[605] Lentner, I. J. Die älteste Buchhandlung Münchens, die seit 1886 im Besitze von E. Stahl jr. befindliche J. J. Lentnersche Buchhandlung wurde am 27. 8. 1698 durch Johann Hibler aus Waltenhofen bei Hohenschwangau gegründet. Dieser war im Jahre 1677 als Lehrling in die v. Geldersche kurfürstliche Hofbuchhandlung in München eingetreten und arbeitete sich durch seinen Fleiß bis zum[605] Buchhalter im gleichen Hause empor. Der warmen Empfehlung seiner Prinzipalin, der Witwe v. Gelder, dürfte er wohl die Möglichkeit seiner Selbständigmachung und trotz eingelaufenen Protestes von Konkurrenten seine Bürgeraufnahme und die Konzessionserteilung verdanken. Als bezeichnend für die damaligen Verhältnisse heben wir aus der Konzessionsurkunde vom 27. 8. 1698 hervor, »daß ihm die Zulegung der kleinen Buchführerei und Kupferstichen bewilligt sein soll«, – d.h. daß Hibler nur kleine Bücher und Traktätlein feilhalten durfte, während große Bücher den eingesessenen Buchhandlungen vorbehalten bleiben sollten. Das führte denn auch bald zu einem Prozesse, aus dessen Akten die genauen Gründungsdaten der Firma entnommen werden konnten. Vom Sohne des Gründers ging das Geschäft im Jahre 1748 an den Buchführer Johann Gastl aus Stadtamhof über, von diesem bereits im Jahre 1753 an seinen Sohn Johann Urban Gastl, der die Buchhandlung im Jahre 1755 in das Haus des Klosters Ettal an der Kaufingerstraße 17, Ecke der Fürstenfelderstraße, verlegte, wo die Firma ein volles Jahrhundert verbleiben sollte. Im Jahre 1769 verheiratete Urban Gastl seine Tochter mit dem Buchhändler Johann Fritz und übergab seinem Schwiegersohne im gleichen Jahre das Geschäft, das von letzterem unter der Firma »Fritz, zum schönen Turm« weitergeführt wurde. Nach dem Tode des Besitzers heiratete im Jahre 1784 dessen Witwe den Buchhandlungsdiener Joseph Lentner, aus Tegernsee gebürtig, der durch hohe Begabung und regen Fleiß das Geschäft zu höchster Blüte brachte und insbesondere als Verleger mit den ersten einheimischen Autoren seiner Zeit in Beziehungen trat, wie z.B. Westenrieder, Lipowsky, Waagen, Sailer und vielen anderen. Ein ehrendes Denkmal hat ihm einer seiner Autoren, Obernberg, in den »Reisen durch Bayern, 1. Teil, 2. Heft 1815« gesetzt, worin das Leben und der Entwicklungsgang des hoch angesehenen Mannes ausführlich geschildert werden. An seine Stelle trat im Jahre 1810 sein Sohn Ignatz Joseph Lentner, nach dem heute noch die Firma benannt ist. Bis zum Jahre 1841 verblieb die Buchhandlung noch in dessen Besitz, dann verkaufte er sie an den Buchhändler Wilhelm Keck, der sie 15 Jahre später an den Buchhändler Ernst Stahl (sen.) weiter veräußerte. Nunmehr wurden die jüngst verlassenen Räume in der Kaufingerstraße 26 bezogen, aus denen sie der jetzige Besitzer nach Dienerstraße 9 verlegte. 1874 wurden Verlag und Sortiment getrennt und ersterer unter der Firma Ernst Stahl sen. fortgeführt. 1890 ging diese Verlagsabteilung an den Sohn Julius Stahl über, bis der jetzige Besitzer 1895 beide Geschäfte wieder in einer Hand vereinigte. Ein Teil des theologischen Verlags wurde in dieser Zeit an die Firma J. Roth in Stuttgart, der juristische Verlag an J. Eichbichler in München verkauft.[606]

Katholische Theologie ist es hauptsächlich, welche nach wie vor, sowohl im Verlag wie im Sortiment besondere Pflege findet. So sind auch die neueren Verlagsunternehmungen diesem Gebiete entsprungen. In erster Linie sind die durch den Universitätsprofessor Dr. Alois Knöpfler herausgegebenen »Veröffentlichungen aus dem kirchenhistorischen Seminar München« zu nennen.

Ferner als Autoren der gelehrte Benediktiner P. Odilo Rottmanner, die Professoren Atzbergerm, Schnitzer, Holzhey, u.a.m.

Quellen: Münchener Neueste Nachrichten 1898.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 605-607.
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