[666] Meinhold, C. C. Der Stadt Dresden war es erst im Jahre 1524 beschieden, eine Druckerei in ihren Mauern zu beherbergen. Der durch den zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Sachsen entbrannten konfessionellen Hader bedingte große Verbrauch von gedruckten Streitschriften veranlaßte Sachsens Herzog Georg den Bärtigen den in Leipzig tätigen Drucker ⇒ Wolfgang Stöckel nach Dresden zu berufen. Als den ersten Dresdener Hofbuchdrucker nennt die Chronik den Sohn Stöckels Matthäus Stöckel. Seine ersten Druckwerke datieren aus dem Jahre 1566, die er jedenfalls in der väterlichen Offizin gedruckt hat. Zwei Jahre später begründete Kurfürst August im Rats-Kollegiumhause eine[666] Hofbuchdruckerei, deren Leitung M. Stöckel übertragen wurde. Der Druckerei war eine Buchbinderei angegliedert und über beide Anstalten führte der Hofprediger M. Chr. Schütze die Oberaufsicht. Das Personal der Druckerei bestand aus 4 Köpfen, und zwar den Setzern Gimel Bergen, Heinrich Johann und Lorentz Schmidt sowie dem Schriftgießer Engelbrecht Krechting. Im Jahre 1571 war Bergen Stöckels Sozius, wie aus einer gedruckten gelegentlich des Leichenbegängnisses der Königin Dorothea von Dänemark gehaltenen Predigt ersichtlich ist. Ein im Jahre 1579 gedrucktes Werkchen trägt das gemeinsame Buchdruckerzeichen. Als das bedeutendste Erzeugnis des gemeinschaftlichen Schaffens Stöckels und Bergens darf das im Jahre 1585 in Quart erschienene Buch gelten: »Von den losen Füchsen dieser Welt ganz kurzweilig zu lesen, und auch allen Menschen nützlich zu wissen, mit schönen Figuren gezieret usw.« Nach der Fertigstellung dieses Buches trennten sich die beiden. Es erhielt nach Stöckels Tode (1587) Hieronymus Schütz, 1552 zu Annaberg geboren, die Hofbuchdruckerei. Er hatte in Frankfurt a. O. als Setzer gelernt und war seit 1584 in Dresden als Gehilfe tätig. Seinem an den Churfürsten Christian gerichteten Ersuchen um Ernennung zum Hofbuchdrucker wurde unter der Bedingung der Erneuerung des abgenutzten Schriftmaterials der Hofbuchdruckerei stattgegeben. Er erhielt vom Hofe wöchentlich 11/2 Taler Kostgeld, mußte aber als Gegenleistung den kurfürstlichen Druckfachenbedarf unentgeltlich liefern. Er starb 1616. Die Hofbuchdruckerei hat er nur 4 Jahre geleitet, denn 1591 wird Gimel Bergen (1543 in Lübeck geboren) als sein Nachfolger genannt. Zwischen 1571 und 1579, von welchen Jahren die bereits erwähnten von ihm mit Stöckel gemeinsam gedruckten Werke datieren, war Bergen in Annaburg bei Torgau als Buchdrucker tätig. Vier Predigten und eine Sammlung von Sprichwörtern tragen das Impressum: »Gedruckt zu Annaburg bey Gimel Bergen«, das zweite Werkchen noch den Vermerk »im churfürstl. sächs. Hoflager, den 8. Aprillis im 1577. Jahr«. Bergen wird nachgerühmt, daß er einer der tüchtigsten Fachmänner gewesen ist. Seine Offizin besaß außer Fraktur- noch Antiqua-, griechische und hebräische Schriften, sowie Musiknoten. Er war Hausbesitzer in der Moritzstraße, wie er auf seinen Druckwerken meistens in Poesie kundgab. Ein illustriertes Druckwerk das auch sein Konterfei enthält, trägt folgenden Schlußvermerk:
»Zu Dresden in der werthen Stadt,
Dis Buch fleißig gedrucket hat
Der Gimel Bergen von Lübeck
In der Moritzstraßen an einer Eck.
Wem's nun zu kaufen wolgefelt
Der kriegt's bei ihm umb leidlich Geldt.«[667]
Das Todesjahr Bergens ist unbekannt, es dürfte um 1597 herum zu suchen sein. Er hatte drei Söhne: Christian, Johann und Gimel. Sie firmieren auf einem im Jahre 1597 herausgegebenen »Dresdener Gesangbuche« als Drucker. Die beiden älteren, Christian und Johann starben jung und unvermählt. Der jüngste Gimel Bergen (II) wurde Nachfolger seines Vaters in der Leitung der Hofbuchdruckerei. Auf seinen Drucken firmierte er »Churfürstl. Sächs. Hoff Buchdrucker«, war also der erste wirkliche Hofbuchdrucker. Sein Impressum kommt zum ersten Male auf einer Dresdener Grammatik der ältesten hierzulande vom Jahre 1612 vor. Seine Tätigkeit als Buchdrucker ist äußerst fruchtbar gewesen, die große Zahl der von ihm hergestellten Schriften und Werke bestätigt dies. Er starb im Jahre 1637; seine Witwe und Erben führten das Geschäft weiter. Der älteste Sohn Gimel Bergen (III) mit Namen, hatte in Leipzig gelegentlich der zweiten Säkular-Feier der Erfindung der Buchdruckerkunst ausgelernt. Er war nicht nur im Setzen und Drucken perfekt, sondern auch im deutschen, lateinischen, griechischen und hebräischen Satz wohlerfahren, starb aber bereits 1643. In der folgenden Zeit führte die Mutter desselben, später seine beiden jüngeren Brüder Christian und Melchior Bergen die Hofbuchdruckerei, sowie die neben dieser noch bestehende, gleichfalls der Familie Bergen gehörige Buchdruckerei. 1649 firmierten sie »gedruckt bei Melchior und Christian Bergen«, von da bis 1666 kurz »bey den Bergen«. Nach 1666 trennten sich die Brüder und druckten jeder für sich. 1667 zeichnet Melchior Bergen als alleiniger Drucker auf einem die Weinkultur behandelnden Werkchen. Von 1670 ab heißt die Firma »Melchiors Bergen Witwe und Erben«. Melchior dürfte um 1668, sein Bruder Christian nicht viel später gestorben sein, denn um diese Zeit trat der Faktor Timotheus Johannis aus Schleswig als Leiter ins Geschäft ein. Das Vorhaben der Witwe Bergen, den vorgenannten Faktor zu ehelichen, wurde durch sein Hinscheiden im Jahre 1674 zu nichte. Fünf Jahre später trat Johann Riedel aus Halle a. S. als Faktor in die Hofbuchdruckerei ein, ehelichte eine Tochter seiner Prinzipalin und kaufte Christian Bergens Druckerei. Sein Schwager Immanuel Bergen übernahm 1691 die Hofbuchdruckerei, starb aber bereits zwei Jahre später. Zu dieser Zeit wurde der obenerwähnte Johann Riedel Hofbuchdrucker. Er war zumeist buchhändlerisch tätig. 1716 übergab er das Geschäft seinem Schwiegersohn Johann Conrad Stößel zur Leitung; nach seinem Tode, 1718, wurde Johann Conrad Stößel definitiver Hofbuchdrucker. Er entstammte einer Chemnitzer Buchdruckerfamilie. 1692 daselbst geboren, lernte er im väterlichen Geschäft als Buchdrucker und Buchhändler. Nach seinem Tode, 1733, führte seine Witwe die Hofbuchdruckerei weiter. Um die Mitte des 18.[668] Jahrhunderts wurde die Hofbuchdruckerei als ein erstrebenswertes Objekt seitens der anderen Dresdener Drucker angesehen, und zwar war es der Buchdrucker Georg Conrad Walther, der sich um die Hofbuchdruckerei für seinen in Altenburg in der Lehre befindlichen Sohn Conrad Salomon Walther bewarb. Die Witwe Stößel betonte in einer Eingabe an die Regierung, daß sie sehr wohl in der Lage sei, die Hofbuchdruckerei zu führen, umsomehr, als ihr ein tüchtiger Faktor zur Seite stehe. Sie erbat die Anwartschaft auf die Hofbuchdruckerei ihrem Vetter Johann Carl Krause, einem Sohn des Dresdner Buchdruckers Johann Christoph Krause. Am 21. 11. 1768 erhielt denn auch Johann Carl Krause die Hofbuchdruckerei. Johann Carl Krause starb 1772. Die Hofbuchdruckerei und die im selben Gebäude befindliche Krause'sche Offizin übernahm 1777 Carl Christian Meinhold, der 1784, nach dem Tode der Witwe Krause das Prädikat eines Hofbuchdruckers erhielt.
C. Ch. Meinhold ist der Ahnherr der heute noch im Besitz der Offizin sich befindenden Hofbuchdruckerfamilie gleichen Namens. Er wurde 1740 in Marienberg in Sachsen geboren, lernte von 1755 bis 1759 bei N. Ch. Saalbach in Leipzig, ging sodann nach Dresden, wo er bis 1768 in der Harpeter'schen Druckerei konditionierte. Am 26. 1. 1768 trat er als Faktor in die Hofbuchdruckerei ein und 1784 wurde er zum Hofbuchdrucker ernannt. Er starb 1827. Elf Jahre vorher hatte er die Leitung der Hofbuchdruckerei seinen drei Söhnen Christian Immanuel, Carl Traugott und August Ferdinand Meinhold übergeben, welche bereits 1810 zu Hofbuchdruckern ernannt wurden. Der älteste Sohn Immanuel, 1784 geboren, lernte im väterlichen Geschäft und konditionierte sodann in der Tauchnitzschen Druckerei in Leipzig. Nach Dresden zurückgekehrt, erwarb er 1806 die Ratsbuchdruckerei der Witwe Harpeter, neben welcher Offizin er 1826 eine Schriftgießerei und 1835 eine Stereotypengießerei einrichtete. Die Hofbuchdruckerei übernahm er nach dem Ableben seines Vaters und seiner Brüder anfangs der dreißiger Jahre in alleinigen Besitz. Er starb 1861. Sein Bruder Carl Traugott, 1788 geboren, war der erste Dresdener Steindrucker. Er errichtete 1819 in der Breitegasse eine solche Anstalt, die zwei Jahre später mit der Hofbuchdruckerei vereinigt wurde. Er starb am 9. 11. 1827. Der jüngste der drei Brüder, August Ferdinand, wurde 1790 geboren und war in der Hauptsache bis zu seinem 1830 erfolgten Tode im väterlichen Geschäft tätig. Die zwei ältesten Söhne des Christian Immanuel Theodor und Julius Meinhold, ersterer 1820, letzterer 1821 geboren, traten 1855 als Mitinhaber in die Hofbuchdruckereien ein. Wegen Krankheit schied Theodor Meinhold aus und von 1875 an führte Julius Meinhold das Geschäft allein. Er starb 1880.[669] Gelegentlich der Feier des 100jährigen Jubiläums der Firma wurde sein ältester Sohn Julius Walter Meinhold Mitinhaber. 13 Jahre nach des Vaters Tode traten noch die beiden jüngsten Söhne Fritz Immanuel und Johannes William in die Hofbuchdruckerei ein. Ersterer hatte in München die Zinkographie erlernt und fügte eine solche Anstalt nach seinem Eintritt in die Hofbuchdruckerei ein. Im Jahre 1893 wurden die Geschäftsräume von der Moritzstraße nach dem Neubau in der Zinzendorfstraße verlegt und 1902 feierten die letztgenannten drei Inhaber der heute zu den hervorragendsten Firmen der graphischen Branche zählenden Hofbuchdruckerei das Fest der 125jährigen Wiederkehr des Tages, an dem ihr Ahnherr Carl Christian Meinhold die Offizin in seinen Besitz übernommen hatte.
Der Verlag der Firma C. C. Meinhold & Söhne ist ein sehr ausgedehnter, Jurisprudenz, Lehr- und Lernmittel, sowie Jugendschriften bilden den Hauptteil desselben. Bei der ersten Kategorie finden wir fast alle sächsischen Gesetze vertreten; die seit Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts erschienene umfangreiche »Juristische Handbibliothek« ist inzwischen in den Besitz der ⇒ Roßbergschen Hofbuchhandlung in Leipzig übergegangen. Von 1818 ab erschien das »Gesetz- und Verordnungsblatt für Sachsen«. Ihm schlossen sich noch mehrere Zeitschriften an, wie die »Blätter für Geflügelzucht (1889 in den Verlag von Albert Voelckerling in Wien übergegangen), Verordnungsblätter etc. Die Jugendschriften wurden in Sammlungen zusammengefaßt wie »Meinholds Märchenbücher«, sowie »Volks- und Jugendbibliothek«. Pauline Schanz schrieb eine Reihe Kinderschriften und Gustav Süs schuf prächtige Bilderbücher. Sehr umfangreich ist auch der Lehrmittelverlag der Firma.
Quellen: Arnold, Dresden als Druckerstadt, Dresden 1900; Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1877; Verlagskataloge von 1853, 1855, 1862, 1866, 1872, 1877 und 1889.
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