Morgenstern, Ernst

[703] Morgenstern, E. Ernst Morgenstern wurde am 11. Februar 1851 in Ronneburg (S.-A.) als Sohn eines Posamentenfabrikanten geboren. In der Buchdruckerei seiner Vaterstadt, die noch mit einer später durch eine Schnellpresse ersetzten hölzernen Handpresse druckte, machte er eine vierjährige Lehrzeit durch. In seinen Abendstunden gelang es ihm, sich auf die einjährig-freiwillige Prüfung vorzubereiten und Kenntnisse in der französischen und der[703] englischen Sprache zu erwerben. Als er nach vollendeter Lehrzeit sein Militärdienstjahr leistete, brach der Krieg von 1870/71 aus. Morgenstern machte im vierten Korps bei der Maaß-Armee den ganzen Feldzug mit, kämpfte bei Beaumont, Sedan, St. Quentin und lag vier Monate vor Paris. Gesund heimgekehrt, konditionierte er zunächst in Leipzig, dann in der Kgl. Geh. Oberhofbuchdruckerei (R. v. Decker) in Berlin, der späteren Reichsdruckerei. Abgesehen von einer Unterbrechung zum Zweck einer längeren Wanderfahrt durch Westdeutschland, Frankreich und Italien, blieb er hier bis 1874, verließ aber dann trotz der ihm gemachten aussichtsreichen Anerbieten diese Druckstätte, um, mächtig angezogen von den vorgeschrittenen gewerblichen Zuständen Englands, für mehrere Jahre nach London zu gehen. In dieser wichtigen Zeit nahm er die entscheidenden Eindrücke auf, erwarb er die technischen und geschäftlichen Kenntnisse, die ihm die Möglichkeit gaben, in Berlin 1879 ein Fachgeschäft für Buch- und Steindruckereien zu errichten und die Vertretung englischer Farbenfabriken zu übernehmen. Die junge Firma entwickelte sich Dank seiner energischen allmählich zu großer Bedeutung und dehnte ihre Geschäftsverbindungen über ganz Deutschland aus.

Auf die Dauer genügte jedoch die hier gegebene Tätigkeit Morgensterns Tatendrang nicht. In England hatte er Gelegenheit gehabt, die hochentwickelte buchgewerbliche Fachpresse dieses Landes kennen zu lernen, der damals in Deutschland nichts ähnliches gegenübergestellt werden konnte. Es reiste in ihm der Entschluß, diesem Mangel abzuhelfen und im »Deutschen Buch- und Steindrucker« eine Monatsschrift ins Leben zu rufen, die, erfüllt von dem fortschrittlichen Geiste moderner Technik und Geschäftspraxis, auf Grund sorgfältiger Berichterstattung über alle Vorgänge und Fortschritte in den Druckgewerben ein universales Fachblatt im wahren Sinne des Wortes für die graphischen Berufe sein sollte, ein Fachblatt, welches durch Mitteilung praktischer Kenntnisse und anregender Ideen ein gediegenes Bildungsmittel für die Fachwelt werden sollte. Im Oktober 1894 erschien das erste Heft, welches, obwohl bescheidenen Umfanges, großen Beifall fand. Man erkannte, daß hier neue Bahnen unter tatkräftiger Leitung beschritten wurden. Als das Programm sich mit jeder Nummer deutlicher ausgestaltete, zeigte der ganz außerordentlich rasche Eingang, den die Zeitschrift in allen Fachkreisen, selbst in denen fremdsprachlicher Länder fand, wie gut sie einem dringenden Bedürfnis nachkam; der gleichzeitige wirtschaftliche Aufschwung, die einsetzende Erfindungsepoche der Setzmaschinen und anderer Maschinen, die neue Aera der photomechanischen Reproduktionsverfahren, die Bestrebungen auf Schaffung einer neuen Buch- und[704] Satzkunst, die neuen Schriftschöpfungen, die übrigen Umwälzungen in den Druckgewerben, alles forderte gebieterisch ein unabhängiges graphisches Zentralorgan. Morgensterns Verdienst ist es, dieses Organ mit überlegenem Geschick geschaffen und mit seiner Tatkraft die Schwierigkeiten überwunden zu haben. Die maßlosen Anfeindungen, denen Morgenstern in den ersten Jahren seiner Zeitungspraxis unbegreiflicherweise ausgesetzt war, sind mit dem glänzenden Aufschwung seiner Zeitschrift von selbst verstummt. Seit dreizehn Jahren ist der »Deutsche Buch- und Steindrucker« wohl das bestgeleitete und umfangreichste Blatt der kontinentalen Fachpresse.

Einem weiteren Gedanken Morgensterns, die hochentwickelten und exportkräftigen graphischen Hilfsgewerbe in geeigneter und wirkungsvoller Weise im Auslande zu vertreten und ihnen in weniger industriell entwickelten Ländern neue Märkte und Absatzmöglichkeiten zu gewinnen, dienen die fremdsprachlichen Export- und Ueberseenummern des »Deutschen Buch- und Steindruckers«. Die Aufgabe, in solchen Ländern, deren Druckwesen in starkem Maße auf die Einfuhr aller Maschinen und Materialien angewiesen ist, Angebot und Nachfrage in Beziehung zu setzen, wird von den in der betreffenden Verkehrssprache abgefaßten Exportnummern in ganz vorzüglicher Weise erreicht, wie die starke Beteiligung aller interessierten Firmen beweist. Sie sind ein ungemein wichtiges Hilfsmittel in dem schwierigen Kampfe geworden, den die deutschen Exportindustrieen in allen Teilen des Erdballs um den Absatz siegreich führen.

Seit 1900 gibt Morgenstern die Wochenschrift »Presse, Buch, Papier, Berliner graphischer Anzeiger« heraus. Diese Wochenschrift dient den buchgewerblichen Interessen der Reichshauptstadt und hat hier weite Verbreitung gefunden. In ihr ist der Fachwelt das Organ geschaffen, das mehr und mehr die vereinzelten Kräfte sammelt und den Zusammenhang der verschiedenen Gewerbezweige vermittelt. Vor allem ist »Presse, Buch, Papier« mit seinen guten Leitartikeln, seinen Aufsätzen kommerziellen, juristischen, technischen, ästhetischen Inhalts ein praktischer und nützlicher Ratgeber und ein vielseitiges Hilfsmittel im Geschäftsleben. Daß auf den lokalen Nachrichtendienst Wert gelegt wird, trägt zur Erhöhung der Publizität von »Presse, Buch, Papier« wesentlich bei.

Von weiteren Verlagserscheinungen ist zu erwähnen die Abhandlung von Dr. E. Morgenstern, Tarif und Lohn im deutschen Buchdruckgewerbe, sowie viele Hefte von Satz- und Druckvorlagen und Meisterhefte für Lithographen.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 703-705.
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