Pichler, Anton

[771] Pichler, A. 1794 errichtete Anton Pichler, geboren am 13.6.1770, zu Wien ein Verlagsgeschäft mit dem er gleichzeitig eine Druckerei verband. Das Geschäft kam nach seinem am 24.7.1823 erfolgten Tode an seine Witwe, welche 1851 ihren Sohn Franz Pichler, geb. 20.8.1808, als Teilhaber aufnahm. 1865 ging die Handlung in den Besitz des Letzteren über und wurde die Druckerei an W. Köhler abgetreten. 1874 übergab Pichler die Handlung seinem gleichnamigen Sohne, Franz Pichler jr., geb. 31.7.1845. Dieser erweiterte das Geschäft, das unter der Firma A. Pichlers Witwe & Sohn geführt wurde, durch Errichtung eines mit einer Lehrmittelanstalt verbundenen Sortiments. Die Haupttätigkeit der Firma richtete sich nunmehr auf die Pflege der pädagogischen und Unterrichtsliteratur. Die aus den unscheinbarsten Anfängen hervorgewachsene namhafte Lehrmittelanstalt umfaßt Unterrichtsbehelfe für alle Fächer der Volks- und Bürgerschule, das Gymnasium und Realschulen. Neben den Beschäftigungsmitteln und Spielgaben für Kindergärten liefert sie alle für Schulen nötigen Apparate für den Unterricht in Chemie und Physik und ebenso alle in das Gebiet der Naturgeschichte einschlägigen Artikel.

Das uns vorliegende erste Verlagsverzeichnis, welches den Titel führt »Verzeichnis derjenigen Bücher, welche Anton Pichler, Buchdrucker in Wien, selbst verlegt oder käuflich an sich gebracht hat« stammt aus dem Jahre 1808 und enthält einige Artikel aus dem Jahre 1799, die Mehrzahl aber aus den Jahren 1802 bis 1808, darunter Ausgaben lateinischer Classiker wie Cornelius Nepos, Vellejus Paterculus, Pomponius Mela u.a., ferner eine größere Anzahl Theaterstücke. Lessings Werke in 36 Bänden, Schillers Werke in 28 Bänden, Ifflands Theater in 16 Bänden, Shakespeares Werke in 18 Bänden erschienen um jene Zeit in Pichlers Verlag. Als Haupt-Verlagsartikel[771] der späteren Periode darf außer den gesammelten Werken der Caroline Pichler (Gesamtausgabe 53 Bände, Taschenausgabe 60 Bände) das groß angelegte Werk: Wilhelm, Unterhaltungen aus der Naturgeschichte (27 Bände, 963 Bogen mit 1560 kolorierten Kupfertafeln), gelten. 1830 erscheinen die Verlagsartikel »bey Anton Pichlers sel. Wittwe«. Hinzugefunden haben sich die Werke der bekannten Jugendschriftsteller Castelli und L. Chimani. 1850 umfaßt der Verlag bereits über 150 Werke kleinerer und größerer Art.

Im Jahre 1875 wird das oben genannte Spezial-Gebiet bereits kräftig bebaut, Schul- und Erziehungswesen spielen die ausschlaggebende Rolle. Fast alle hervorragenden Schulmänner der österreichisch-ungarischen Monarchie zählen zu den Autoren des Verlags, von denen hier Schulrat Dr. Lindner, der Herausgeber der Pädagogischen Klassiker, Schulrat Rob. Niedergesäß, Professor Dr. Eug. Netoliczka etc. genannt seien. Dazu kommen eine Anzahl Zeitschriften wie: Freie pädagogische Blätter, Wegweiser für die pädagogische Literatur, Gesetzblatt für Volks- und Bürgerschulen, Österreichischer Schulbote, Kindergarten etc. In Verbindung mit der Lehrmittelanstalt stellt die Handlung eine für alle pädagogischen Hilfsmittel nie versagende Hilfsquelle dar.

Seit 1874 ist Franz Pichler alleiniger Inhaber der Firma.

Quellen: Österreichisch-Ungarische Buchhändler-Korrespondenz 1891; Verlagskataloge 1803/04, 1830, 1840/45, 1850, 1857, 1875.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 771-772.
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