Rütten & Loening

[838] Rütten. Am 1. Juli 1844 errichtete Joseph Rütten unter Mitwirkung von Dr. Loewenthal eine Verlagsbuchhandlung. Eines seiner ersten Verlagswerke war der »Struwwelpeter« von Dr. med. Heinr. Hoffmann-Donner. Seine Geschichte ist die Geschichte des Verlages. Das Entstehen des berühmten Kinderbuches schildert Hoffmann selbst in einer Zuschrift an die Redaktion der Gartenlaube. Das Originalexemplar machte seinen Kindern Weihnachten 1844 die erste Freude. Im Druck erschien das Buch in einer Auflage von 1500 Exemplaren erst im nächsten Jahre, an Honorar hatte der Verleger 80 Gulden bezahlt. Innerhalb 4 Wochen war die erste Auflage vergriffen, der Ruhm des Buches war begründet. 1846 erschien die 2., 1876 die 100ste, 1895 die 200ste Auflage.[838] Nachdem 1875 Dr. Loewenthal, der seinen Namen in Loening umänderte, Prokurist geworden, nahm ihn Rütten 1859 als Teilhaber in das Geschäft auf, das von da ab Literarische Anstalt Rütten u. Loening firmierte. Nachdem am 19. Juni 1878 Jos. Rütten gestorben, trat im Dezember des gleichen Jahres auch Loening aus und die Handlung ging an Heinrich Oswalt und Gottfried Loening über. Letzterer starb am 4. Juni 1887 und das Geschäft kam in den alleinigen Besitz Heinrich Oswalts. Dieser war geboren am 5. August 1830 zu Frankfurt a. M. als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Nach Besuch der Schule ergriff er den gleichen Lebenslauf und war bis zur Auflösung des väterlichen Geschäftes Ende der sechziger Jahre in demselben tätig. Nachdem er sich nach seiner Verheiratung mit Brandine Deichler, Tochter des Frankfurter Pfarrers Deichler, einige Jahre ins Privatleben zurückgezogen, ergriff er mit Freuden das Anerbieten seines Oheims Rütten, ihm in seinen Arbeiten zur Seite zu stehen. Als Alleinbesitzer hat er neben dem Bilderbuchverlag der Firma auch dem Buchverlag einen großen Aufschwung gegeben; er führte demselben das bekannte Künstler-Lexikon, die G. Brandesschen Essays-Sammlungen, Windscheids Pandektenwerk und das Goethe-Jahrbuch, herausgegeben von Prof. L. Geiger, das sich als sein Haupterfolg erwies, u. v. a. zu.

Im Mitteldeutschen Buchhändler-Verband sowohl als im Frankfurter Buchhändler-Verein war er lange Jahre im Vorstand tätig, wo er ein reiches wirken entfaltete. Er starb am 30. November 1891 und seitdem ist seine Witwe Brandine Oswalt Besitzerin, welcher der einzige Sohn Wilhelm Ernst Oswalt als Prokurist zur Seite steht.

Quellen: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 1887, 1891; Gartenlaube 1893; Berliner Tageblatt 1894.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 838-839.
Lizenz:
Faksimiles:
838 | 839
Ähnliche Einträge in anderen Lexika